Ist es Ansichtssache oder eine Streitfrage? So kurz vor der Stadtratsentscheidung am 16. April wird langsam deutlicher, wer für welche Position steht bei der Einführung eines Doppelhaushalts 2015/2016. Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) möchte einen solchen Doppelhaushalt gern einführen, braucht dazu aber die Zustimmung des Stadtrates. Bauchschmerzen haben schon die Fraktionen von Linken, Grünen und FDP geäußert.
Zum Teil aus unterschiedlichen Gründen. Aber in manchen Punkten sind sie durchaus auf gleicher Wellenlänge. Selbst der Vorsitzende der Linksfraktion nennt dabei ein Wort aus dem Sprachschatz der Wirtschaft: Controlling.
Denn eigentlich sind die 70 gewählten Stadträte auch vom Bürger beauftragt, zu kontrollieren, was die Verwaltung mit ihrem Geld macht. Das war in der Vergangenheit schon nicht immer einfach. Und es wird sich mit einem Doppelhaushalt nicht erübrigen.
In der SPD-Fraktion ist man noch am Grübeln. Mancher tendiert dort auch zum Doppelhaushalt, weil es möglicherweise ein wenig weniger Arbeit ist.
Die CDU-Fraktion hat sich in der vergangenen Woche schon einmal zu Wort gemeldet und betont noch einmal, dass sie den Vorschlag des Finanzbürgermeisters begrüßt, ab 2015 mit einem Doppelhaushalt zu arbeiten.
Fraktionsvorsitzende Ursula Grimm: “Die CDU tritt schon lange dafür ein, den Stadthaushalt zeitlich an den des Freistaates anzupassen. Auf Landesebene hat sich der Doppelhaushalt bewährt. Ich sehe keinen Grund, warum wir das Erfolgsmodell in Leipzig nicht übernehmen sollten.”
Zur Kritik aus den Reihen der Linken und der FDP meint Grimm: “Ich hoffe sehr, dass die Kollegen den Wahlkampfmodus noch einmal abschalten und dafür sorgen, dass der Vorschlag im Stadtrat eine Mehrheit findet. Von einer Entmachtung des Stadtrates kann bei einem Doppelhaushalt keine Rede sein. Auch in einem Doppelhaushalt werden die Aufwendungen und Erträge für die beiden Haushaltsjahre getrennt veranschlagt und abgerechnet.”
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Als Gewinner eines Doppelhaushaltes sieht Grimm die Vereine der Stadt: “Ein zweijähriger Haushalt bietet natürlich auch Sicherheit über einen Zweijahreszeitraum. Und im übrigen gibt es auch nur noch aller zwei Jahre eine vorläufige Haushaltsführung und nicht mehr jährlich. Insofern wird eigentlich der Kämmerer entmachtet”, meint so Grimm.
Aber Sören Pellmann, Vorsitzender der Linksfraktion, hält eine Zustimmung zu einem Doppelhaushalt für verantwortungslos. Er erinnert daran, dass sich die Kontrollmöglichkeiten des Stadtrates schon durch die Einführung der doppischen Haushaltsführung drastisch verschlechtert hätten. Das ganze, mehrere tausend Seiten starke Papier, könne sowieso kein Stadtrat mehr durchstudieren, der ehrenamtlich tätig sein. “Wer sehen will, wie Beschlussstand und Kostenentwicklung bei einem Projekt sind, findet sie nicht mehr übersichtlich auf einer Seite, sondern muss sich die Informationen mühsam zusammensuchen.” Das ist zuallererst eine Zeitfrage.
Doch was passiert, wenn der Haushalt gleich für zwei Jahre beschlossen würde? – “Dann würden wir unterjährig gar keine Kontrolle mehr haben. Die Verwaltung könnte Projekte, die sie nicht zu Ende gebracht hat, einfach ins Folgejahr verschieben. Ausstehende Zahlungen und Ausgabereste desgleichen. Und wir bekämen nicht einmal eine Information”, sagt Pellman. Gerade weil die Kontrollmöglichkeiten der Stadträte jetzt schon sehr begrenzt sind, hält er einen Doppelhaushalt aus Stadtratssicht nicht mehr für händelbar.
“Und dazu kommt, das im Mai ein neuer Stadtrat gewählt wird. Wer dann neu dazukommt, wird sofort mit dem Doppelhaushalt konfrontiert. Ein Unding, findet er. “Das ist nicht mehr transparent und auch nicht mehr stadtratsfreundlich”, sagt Pellmann. Und sieht es ganz anders als Ursula Grimm: Der Verwaltung und dem Finanzbürgermeister wüchse durch die Umstellung noch mehr Macht zu, der Stadtrat verliere weiter. Deswegen werde die Linksfraktion am 16. April auf jeden Fall gegen die Einführung eines Doppelhaushalts stimmen.
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