Seit dem 16. April ist ein Antrag im Verfahren, der in der Stadt Leipzig durchaus einen kleinen Paradigmenwechsel auslösen könnte. Die Ortschaftsräte von Lindenthal, Böhlitz-Ehrenberg und Lützschena-Stahmeln hatten schon am 17. März einen Antrag ins Verfahren gegeben, der einen Beitritt der Stadt Leipzig in den Rechtsstreit um die "Kurze Südabkurvung" vorsieht.

Bislang hat sich die Stadt Leipzig bei allem, was irgendwelche Auflagen für den Flughafen Leipzig / Halle betrifft, generös zurückgehalten und sich auf die Position zurückgezogen, die OBM Burkhard Jung einnimmt, dass alles, was auch nur im Entferntesten Arbeitsplätze am Flughafen gefährden könnte, unterlassen wird. Entsprechend zurückhaltend agiert die Stadt sowohl in der Fluglärmkommission des Flughafens als auch in der Gesellschafterversammlung der Mitteldeutschen Flughafen AG. Was im Ergebnis natürlich heißt, dass sie als Mitspieler zur Regelfindung rund um den Flughafen schlicht nicht existent ist.

Für die Bürgerinitiativen und die Umweltschutzverbände heißt das zwangsläufig, dass sie allein auf weiter Flur kämpfen. Auch wenn es um einen derart eklatanten Verstoß gegen alle Versprechen im Vorfeld des Baus der Start- und Landebahn Süd geht wie die so genannte “kurze Südabkurvung”. Diese führt direkt über den Leipziger Nordwesten und Böhlitz-Ehrenberg. Und es war der Leipziger Ökolöwe, der dann den langen Weg über die Gerichtsinstanzen auf sich nahm. Vier Jahre dauerte es von der Klageeinreichung 2008 bis zum Entscheid des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts 2012, der abschlägig war. Die Richter befanden, ein Umweltverein könne nicht nachträglich gegen eine veränderte Flugroute klagen.

Aber genau das ist das Problem, denn im Planfeststellungsverfahren zur Start- und Landebahn Süd gab es keine Flugrouten, die über Leipziger Stadtgebiet geführt hätten. Die Einspruchsrechte der Bürger werden komplett ausgehebelt, wenn aus den öffentlich einsehbaren Planunterlagen nicht ersichtlich ist, wo künftig Flugrouten zu erwarten sind.

Der Ökolöwe klagte aufbauend auf der Tatsache, dass die “kurze Südabkurvung” direkt über ein gesetzliches Vogelschutzgebiet führt. Und das sei adäquat einer Autobahn, die durch ein Naturschutzgebiet gebaut würde. Auch da könnten die Bauherren nicht einfach bauen, wie sie wollen. 2013 gab das Bundesverwaltungsgericht dem Revisionsantrag des Ökolöwen resp. der Grünen Liga recht: Natürlich darf ein anerkannter Naturschutzverband in so einem Fall klagen. Der Fall muss erneut behandelt werden.Am Dienstag, 22. April, hat nun der Fachausschuss Umwelt und Ordnung den gemeinsamen Antrag der drei Ortschaftsräte auf dem Tisch, der fordert: “Die Stadt Leipzig unterstützt die Bürgerinitiativen und Verbände im Rechtsstreit zur Abschaffung der kurzen Südabkurvung, indem sie dem Rechtsstreit beitritt.”

Natürlich würde das der Klage deutlich mehr Gewicht geben. Und es würde vor allem zeigen, dass der Stadtverwaltung die Nachtruhe und Gesundheit der Leipziger nicht wirklich schnurzegal sind. Auch wenn es “nur” 20.000 bis 30.000 Leipziger sind, die die Fluglärmbelastung als gesundheitlich belastend empfinden. Das Aufrechnen gegen andere schwerere Belastungen – etwa durch den Kfz-, Bahn-und Straßenbahnlärm – sind dabei keine Argumente. Politik verliert ihre Vertrauenswürdigkeit auch dann, wenn sie die Bürger mit den Lärmfolgen eines Flughafens einfach allein lässt und so tut, als seien Arbeitsplätze gegen Gesundheit aufrechenbar. Vertrauenswürdig wird sie erst dann, wenn sie sich bemüht, beides in Einklang zu bringen. Davon ist aber in Leipzig nichts zu merken.

Und so begründen denn die drei Ortschaftsräte ihren Antrag: “Das Bundesverwaltungsgericht hat am 19.12.2013 festgestellt, dass bei der Flugroutenfestlegung der FLK-Sitzung vom 08.11.2006 in Verbindung mit dem Planfeststellungsbeschluss von 2004 gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Die kurze Südabkurvung wurde und wird also derzeit ohne abschließende rechtliche Klärung beflogen. – Gemäß nunmehr erlangter Rechtsprechung ‘müssen Flugrouten vor ihrer Festlegung daraufhin geprüft werden, ob ihre Benutzung geeignet ist, Gebiete zum Schutz von Natur und Landschaft erheblich zu beeinträchtigen’. Im konkreten Fall ist die Grüne Liga Sachsen e.V. mit Unterstützung der Bürgerinitiative ‘Gegen die neue Flugroute’ für die Stadt Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht in Vorlage gegangen. Es bedarf seitens der Stadt Leipzig nun nur noch, dem Rechtsstreit beizutreten und eine einstweilige Verfügung zur Aussetzung der strittigen kurzen Südabkurvung einzufordern.”

Und dann schreiben die drei Ortschaftsräte der Verwaltung etwa ins Stammbuch, was dort leider keine selbstverständliche Einsicht ist: “Die Klägerin Stadt Leipzig ist in ihren eigenen Rechten verletzt. Der Auenwald ist Stadtforst und somit ist die Stadt Leipzig direkt betroffen.”

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