Eins muss man der LVZ lassen: Sie sorgt mit ihren Beiträgen zum Leipziger Tagesgeschehen für Diskussionsstoff. Und Protest. Berechtigten Protest zumeist, weil sie gern mal ein bisschen übertreibt - und dafür die Zusammenhänge weglässt. Wie beim Thema Schulsanierungen in Leipzig. Seit dem 6. Februar sorgt ein Bericht zur 100. Schule in Grünau für Aufregung. Jetzt gibt es auch deutliche Kritik durch den Stadtelternrat.
Der Stadtelternrat (SER) Leipzig hatte auf seiner letzten Vollversammlung auch zur 100. Grundschule debattiert. Doch es ging dabei nicht darum, die aktuellen Zustände in diesem Plattenbau von 1985 schönzureden oder die Leipziger Stadtverwaltung an den Pranger zu stellen, die nur mit dem Geld arbeiten kann, das ihr Stadtrat und Freistaat für Schulsanierung und Reparatur zur Verfügung stellen. Erst vor Kurzem bezifferte der für Leipzigs Schulen zuständige Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) den Sanierungsbedarf an Leipzigs Schulgebäuden auf 570 Millionen Euro.
Ein Sanierungsstau, der ohne wirklich belastbare Unterstützung des Freistaats nicht abzubauen ist. In den vergangenen 20 Jahren, so Fabian, hat die Stadt Leipzig gerade einmal 300 Millionen Euro “geschafft”. Mit dem seit 2013 forcierten Schulbauprogramm hofft Fabian, die “Restzeit” auf maximal 20 Jahre begrenzen zu können.
Das bedeutet aber nach wie vor für viele Schulen, dass aktuell nicht das nötige Geld zur Verfügung steht. Deswegen diskutierte auch der SER.
“Vollversammlungen des SER dienen auch dazu, klare Fragen zu stellen, Antworten zu sammeln und auf Probleme aufmerksam zu machen. Deshalb laden wir uns immer Verantwortliche unseres Schulträgers der Stadt Leipzig ein für unsere Fragen. Der OBM hat sich die Zeit genommen und hat das Gespräch mit uns gesucht und das bewerten wir positiv”, stellt nun Andreas Geisler, Vorsitzender des Stadtelternrats Leipzig, fest, nachdem in der LVZ das CDU-Statement mit dem Wort “Schande” einen stilistischen Höhepunkt erbrachte.
“Negativ ist, wie es in Leipzig in vielen Schulen noch aussieht, wie langsam wir in Leipzig beim Schulhausbau sind und dass wir bei der Instandhaltung und den Brandschutzmaßnahmen als Bestandserhaltung mehr als hinterherhinken. Das hat aus unserer Sicht viele Gründe und einige davon möchten wir mal klar ansprechen”, erklärt Geisler. Und er listet auf: “1. wenn man Schulen in einem Wertumfang zwischen 800 und 1.000 Millionen Euro in Leipzig besitzt, braucht es davon 1,5 bis 2 Prozent als jährliche Unterhaltungsmaßnahme. Von diesen Summen waren wir in Leipzig jahrelang weiter entfernt als bis zum Mond. Und auch heute stehen diese Summen nicht in den Haushaltsplanungen der Stadt, welchen die Stadträte in Mehrheit zugestimmt haben. Dazu kommt, dass modernere Schulen mehr Unterhaltungs- und Wartungskosten benötigen, weil sie immer mehr Technik in Heizung und Lüftung enthalten. Also es braucht ehrliche mindestens 20 bis 30 Millionen Euro jährlich in den Verwaltungshaushalt für Instandhaltung und Wartung an Schulen. Dazu müssten Verwaltung und Stadtrat sich endlich bekennen, diesen wahnsinnigen Sanierungsstau anpacken und abarbeiten.”
Bislang haben sie mühsam darum gerungen, den Instandhaltungsetat wenigstens auf 10 Millionen Euro hochzusetzen.
Zweitens habe sich die Schulnetzplanung in den letzten Jahren um einige Entscheidungen, Schulen zu schließen, gedrückt, stellt Geisler fest. “Und rückwirkend muss man sagen, das war gut so, sonst würden die Schulen schon heute nicht mehr reichen und wir hätten bei den vielen Baumaßnahmen keine Ausweichquartiere. Aber jetzt muss Rechtssicherheit her und gerade die Schulen in Grünau sind dafür ein Beispiel, wo sofort was passieren muss, aber eben nicht nur in Grünau sondern in der ganzen Stadt.”
Und dann ist da das offensichtliche Problem, dass die benötigten Fördermittel in Sachsen höchst ungleich verteilt werden. Eine SPD-Anfrage im Sächsischen Landtag hatte es schon 2012 ans Tageslicht gebracht, dass augenscheinlich Kreise im Osten Sachsens deutlich mehr Geld pro Einwohner für Schulsanierungen bekommen als Leipzig. Von einer Herstellung gleicher Förderbedingungen im Freistaat ist die sächsische Landesregierung weit, weit entfernt.
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Andreas Geisler: “Drittens: Wenn man vergleicht, welche Zuweisungen andere Schulträger wie Dresden und einige Kreise pro Schüler aus dem Landeshaushalt bekommen haben, und wir Stadt- und Kreiselternräte vergleichen natürlich, merkt man schnell, dass Leipzig da einen dreistelligen Millionen-Betrag im Verhältnis weniger bekommen hat. Unserer Meinung braucht es für gleiche Lernverhältnisse im ganzen Freistaat gerade jetzt eine Korrektur dieser Politik und eine Art Schulbausonderprogramm für die so schnell wachsenden Städte wie Leipzig aber auch Zwickau oder Chemnitz.”
Wenn die Landesregierung nicht bereit ist, sich zu korrigieren, werde sich das Problem in Leipzig noch zuspitzen, stellt der SER-Vorsitzende fest. “In Leipzig werden in den nächsten Jahren genauso Schulen fehlen wie jetzt gerade Kitas fehlen, und wenn wir da nicht völlig zu spät kommen wollen, bedarf es des Handelns aller Beteiligten im Sinne und im Interesse der Leipziger Kinder und Eltern. Da ist Wahlkampfpolemik völlig fehl am Platz – egal von welcher Partei.”
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