Zwar hat die Leipziger Stadtverwaltung sich vom Sächsischen Innenministerium irgendwie beraten lassen, ob das Bürgerbegehren "Privatisierungsbremse" in Leipzig zulässig ist. Aber es steht keineswegs fest, dass die Stadtratsmehrheit der Verwaltungsmehrheit folgen wird, wenn die Entscheidung ansteht. Die Grünen legen jetzt einen Änderungsvorschlag vor, der Stadtrat und Verwaltung im Fall möglicher Verkäufe erst recht zum Nachdenken zwingt.

Denn alle in der jüngeren Vergangenheit erfolgten Verkäufe oder Verkaufsversuche hatten stets das Problem, dass sich viele Stadträte nicht ernsthaft mit dem Thema beschäftigt haben – auch nicht mit der Frage, welche langfristigen (finanziellen) Folgen der Verkauf städtischen Eigentums für die Kommune und ihre Finanzlage hat.

Und so hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Änderungsantrag zum “Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids nach § 25 SächsGemO” formuliert, der durchaus von dem Fall ausgeht, dass der Oberbürgermeister doch wieder Handlungszwänge sieht, kommunales Eigentum zu Markte zu tragen.

Deswegen wollen sie einen zusätzlichen Beschlusspunkt 3 eingeführt sehen: “Für den zukünftigen Fall, dass der Oberbürgermeister den Verkauf städtischen Eigentums, das dem Gemeinwohl und der öffentlichen Daseinsvorsorge dient, vorschlagen sollte, tritt folgendes Verfahren in Kraft:

Es erfolgt zunächst eine Prüfung, ob im konkreten Fall ein zu bejahendes überwiegend öffentliches Interesse und die rechtliche Zulässigkeit nach § 24 Abs. 2 SächsGemO für einen Bürgerentscheid vorliegt. Ist dies der Fall, entscheidet die Ratsversammlung über die Einleitung eines sog. Ratsbegehrens und damit über die Durchführung eines Bürgerentscheids gemäß § 24 Abs. 1 2. HS SächsGemO.”Die Grünen folgen dabei der Verwaltungsargumentation, dass der vorgelegte Antrag unzulässig ist. Versuchen aber eine Kompromissformel, die trotzdem verhindert, dass solche Entscheidungen einfach im Stadtrat “durchgewinkt” werden.

“Direkte Demokratie ist für die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen eine wichtige Ergänzung zur parlamentarischen Demokratie. Deshalb wollen wir mehr direkte Demokratie in Leipzig ermöglichen. Wir sind der Auffassung, dass in wesentlichen kommunalpolitischen Angelegenheiten Bürgerentscheide Transparenz und Vertrauen schaffen. Gleichwohl halten wir den vorliegenden Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids für unzulässig”, betonen sie in ihrer Begründung. Erklären aber auch: “Gemäß § 24 Abs. 1 2. HS SächsGemO kann der Stadtrat mit 2/3-Mehrheit im konkreten Fall die Durchführung eines Bürgerentscheids beschließen. Ein durch Ratsbegehren eingeleiteter Bürgerentscheid ist, indem er nicht einzelnen Interessengruppen zugeordnet werden kann, besonders gut geeignet, einen sachlichen Diskurs zu befördern.”

Ihr Verfahrensvorschlag sieht dann so aus: “Für die Zukunft soll gelten, dass wenn der Oberbürgermeister dem Stadtrat den Verkauf städtischen Eigentums vorschlägt, das dem Gemeinwohl und der öffentlichen Daseinsvorsorge dient, es angeraten ist, die Einleitung eines sogenannten Ratsbegehrens im konkreten Einzelfall zu prüfen. Bei Zulässigkeit und einem zu bejahenden überwiegend öffentlichen Interesse soll dann im Zuge dessen die Ratsversammlung über die Durchführung eines Bürgerentscheids gemäß § 24 Abs. 1 2. HS SächsGemO beschließen.”

Und das auch nicht einfach aus dem Bauchgefühl heraus. “Im Vorfeld sollen dann in einem verbindlichen Beteiligungsverfahren alle Vor- und Nachteile eines vom Oberbürgermeister beabsichtigten Verkaufs von städtischem Eigentum, das dem Gemeinwohl und der Daseinsvorsorge dient, frühzeitig, transparent und ergebnisoffen diskutiert und abgewogen werden, indem Grundsatzanhörungen und Bürgerbefragungen für den konkreten Einzelfall durchgeführt werden. Außerdem ist in diesem Zusammenhang ein Bürgergutachten von der Stadt Leipzig in Auftrag zu geben”, betonen die Grünen. Und gehen damit auf das Manko aller bisherigen Aktionen dieser Art ein: die fehlende Akzeptanz bei den Bürgern. Stadtrat und Verwaltung schweben zuweilen wie in einem UFO über der Gemeinde und vergewissern sich in solchen wichtigen Entscheidungen viel zu selten bei der Bürgerschaft, wie groß das Verständnis für die Verkaufspläne tatsächlich ist.

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