Marode Schulgebäude, gesperrte Brücken, desolate Straßen ... die Liste dessen, was in Leipzig alles saniert werden müsste, ist lang. Doch auch um nur die notwendigsten Projekte auf die Reihe zu bekommen, fehlt es an Geld. Und man spürt selbst den verhaltenen Grimm in der Anfrage der Linksfraktion vom 10. Oktober: Wieviel Geld ging Leipzig eigentlich allein durch das Desaster der Sachsen LB verloren?

Kurz zuvor hatte Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) verkündet, einen Großteil der 2012 vom Freistaat “erwirtschafteten” Überschüsse in den Garantiefonds für die Sachsen LB zu schieben. Für 2,75 Milliarden Euro aus dem Ausfallportfolio der Sächsischen Landesbank hatte Sachsen 2007 gebürgt. Im Juli war die erste Milliarde an ausgezahlten Geldern voll. Das ist Geld, das direkt den Haushalten des Freistaates entzogen wird und nicht für Investitionen oder Förderbeihilfen zur Verfügung steht. Es ist nur logisch zu vermuten, dass unter diesem Geldentzug auch die Kommunen leiden.

Und die Leipziger Linken hätten nur zu gern gewusst, was das nun für den Leipziger Haushalt bedeutet, über dem seit dem Frühsommer das Damoklesschwert eines 90-Millionen-Euro-Defizits schwebte. Im Frühherbst waren es dann noch 40 Millionen Euro – aber auch die waren nur zusammengekommen, weil die Stadt wichtige Investitionen strich oder verschob und auch an anderer Stelle stoppte, strich und sparte. Diese Sparaktionen gehen längst an die Substanz. Jetzt im Dezember meldet die Verwaltung noch ein Minus von 15 Millionen.

Und das, obwohl die Stadt seit mehr als zehn Jahren ein stringentes Spar- und Konsolidierungsprogramm gefahren hat. Wie auch viele andere Kommunen in Sachsen. Doch irgendwann ist der Anteil der so genannten Pflichtaufgaben am jährlichen Haushalt so groß, dass es keine wirklichen Einsparpotentiale mehr gibt. Außer die Kommunen verkaufen ihr Eigentum, was ja den berühmten Einmaleffekt hat und langfristig gar nichts hilft. Oder sie nehmen den gewählten Kreistagen und Stadträten endgültig jeden Entscheidungsspielraum, indem die freiwilligen Aufgaben und die Investitionen eingedampft werden. Womit die Kommunalen Infrastrukturen endgültig auf Verschleiß gefahren werden. Die Warnung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages im November war deutlich genug. Überall geraten die Kommunen im Land ans Limit. Und mit dem vom Landtag gut geheißenen Neuverschuldungsverbot in der Sächsischen Verfassung ist den Kommunen auch die Flucht in neue Kreditaufnahmen verbaut.

Wie nennt man das? – Ein in die Enge getriebenes Wild?Etwas, was sich auch in Leipzig andeutet. Irgendwann ist dann den Bürgern nicht wirklich mehr vermittelbar, warum die Kommunen für ein Desaster bluten sollen, für das ganz allein die Landespolitik verantwortlich ist. Zu erinnern ist nur an den legendären Volksentscheid von 2001 für den “Entwurf eines Gesetzes zur Erhaltung kommunaler Sparkassen”, der gegen den Vorstoß der Landesregierung gedacht war, genau jenen Sparkassenverbund zu verhindern, der die globalen Finanzspiele der Sächsischen Landesbank erst ermöglichte. Die Landesregierung konterkarierte den Volksentscheid ja bekanntlich einfach mit einem neuen Gesetz – und das Abenteuer Sachsen LB fuhr sechs Jahre später gründlich vor die Wand.

Am 10. Oktober fragte die Linksfraktion deshalb: “In den vergangenen Wochen konnte man aus den Medien erfahren, dass die Sächsische Staatsregierung die letzten 375 Mio. Euro für die ‘Rettung’ der Sachsen LB zu Gunsten der Landesbank Baden-Württemberg über insgesamt 2,75 Mrd. Euro ‘angespart’ hat. Nachdem Zahlungen von über 1,05 Mrd. Euro an die LBBW geleistet wurden, bitten wir um Beantwortung der folgenden Frage: In welcher Höhe lassen sich die Mindereinnahmen durch die ‘Ansparpolitik’ des Freistaates Sachsen zur “Rettung” der ehemaligen Sachsen LB für die Haushalte der Stadt Leipzig insgesamt beziffern?”

Am 2. Dezember antwortete das Dezernat Finanzen darauf sehr knapp: “Eine Aussage zur Höhe der Mindereinnahmen für den Haushalt der Stadt Leipzig infolge der ‘Ansparpolitik’ des Freistaates Sachsen zur Rettung der ehemaligen Sachsen LB ist nicht möglich.”

Aus fachlicher Perspektive wohl die einzig mögliche Antwort. Die Kommunen bekommen ja keine Abrechnungen über die Summen, die ihnen durch die Garantiezahlungen für die Sachsen LB oder die noch viel üppigeren Rücklagen in den diversen Fonds des Finanzministers entzogen werden.

Aber wenn man davon ausgeht, dass die Gelder, die der Finanzminister so selbstverständlich als Garantiezahlung ausgibt, umrechnet, dann bekommt man zumindest eine Vorstellung von dem, was auch Leipzig dabei als mögliche Investitions- oder Förderbeihilfe verloren ging. Denn 1 Milliarde Euro binnen fünf Jahren sind schon eine Summe, die sich bemerkbar macht. Wenn man davon ausgeht, dass Leipzig grob gerechnet ein Achtel davon zugestanden hätte (4 Millionen Sachsen durch 500.000 Leipziger), dann kommt man auf den netten Betrag von 125 Millionen Euro, pro Jahr also 25 Millionen Euro.

Wenn man die jüngst von der SPD aufgedeckte massive Benachteiligung bei den Kosten der Unterkunft dazu rechnet, die sich seit 2005 auf ein Minus von 281 Millionen Euro für Leipzig beläuft, ist man schon bei 406 Millionen Euro, die Leipzig allein durch diese beiden Posten fehlen. Man bekommt eine Vorstellung davon, wie sich die sächsische Staatsregierung ihre finanziellen Spielräume auf Kosten der Städte und Gemeinden geschaffen hat. Dass es am Ende auch auf eine völlige Entmachtung der Kreistage und Stadträte hinausläuft, ist ein weiteres Problem, das der Demokratie im Land überhaupt nicht gut tut.

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