Die Kritik kam prompt. Kaum hatte die Ratsversammlung am Donnerstag, 19. Dezember, den Stadthaushalt für das kommende Jahr verabschiedet, traten die Kritiker ans Mikrofon und machten ihrem Unmut Luft. Und auch am Tag danach bemängeln die Fraktionen den Haushaltsbeschluss. Der Stadtrat hatte mit knapper Mehrheit einen Haushalt verabschiedet, der ein Minus von rund 16 Millionen Euro aufweist, aber noch genehmigungsfähig ist.
Dies war der Dreh- und Angelpunkt der Debatte. Leipzig ist zwar seit Jahren wieder in die roten Zahlen gerutscht, doch das Minus hätte höher ausfallen können. Und dann hätte eine vorläufige Haushaltsführung gedroht.
Dies beteuert erneut die Linke-Fraktion: “Wir wollen nicht, dass Verwaltung und Landesdirektion nach eigenem Ermessen die Ausgaben der Stadt in wesentlichen Teilen definieren”, so die Fraktion. Sonst hätten schmerzvolle Unwägbarkeiten, besonders im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit gedroht. Zudem verteidigt die Linke ihren Handel mit Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). “Verhandlungen bis unmittelbar vor der Abstimmung zum Haushalt – vor allem auch im Bereich der Stadtentwicklung – waren notwendig, lohnenswert und legitim. Davon profitieren benachteiligte Gebiete wie Georg-Schumann- und Georg-Schwarz-Straße, Grünau, der Leipziger Westen und Osten”, heißt es.
Der Oberbürgermeister hatte einen von seiner Verwaltung abgelehnten und danach vom Stadtrat ebenfalls nicht beschlossenen Antrag nach zwanzigminütiger Unterbrechung und Verhandlungen mit der Linke hinter verschlossenen Türen in den Haushaltsplan aufgenommen. Grüne und FDP werfen ihm vor, die Zustimmung der Linke zum Gesamthaushalt erkauft zu haben. Und der Linken, sich kaufen haben zu lassen: “Für eine handvoll Euro hat sich die Linke vom Oberbürgermeister kaufen lassen”, sagt Jürgen Kasek, Vorstandssprecher des Kreisverbandes erschüttert. “Die Hintergründe, die letztlich zur Zustimmung über den desaströsen Haushalt der Stadt führten, dürften dabei ein einmaliger Vorgang in der Geschichte sein und den Stadtrat in seinem Außenbild als demokratische Instanz merklich beschädigt haben”, so Kasek.
FDP-Fraktionschef Reik Hesselbarth kritisiert, dass die Haushaltssteuerung faktisch am Stadtrat vorbei geschehe. “So deutlich wie nie zuvor wurde es, als der OBM der Linke-Fraktion zusagte, einen abgelehnten Antrag durch eine Verwaltungsvorlage im Januar dennoch umsetzen zu wollen. […] Angesichts von immer wieder dem Stadtrat vorgelegten Mehrausgaben, die auf die Haushaltsstelle ohne Deckung gebucht werden, fehlt mir dazu der Glaube. Wenn es doch stimmen sollte, ist der ganze Stadtrat nur noch ein großes Schauspiel. SPD-Oberbürgermeister und CDU-Finanzbürgermeister würden dem Stadtrat dann nur noch etwas vorspielen”, so Hesselbarth.
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Die SPD brachte ihrerseits Kritik an. Zielscheiben hier sind die Grünen und die CDU: “Die CDU-Fraktion hat sich an der Haushaltsdiskussion über den gesamten Zeitraum nicht konstruktiv beteiligt”, sagt SPD-Fraktionschef Axel Dyck. Auch habe sie keinerlei Vorschläge zur Senkung des Defizits unterbreitet. “Jenes Defizit dann als Grund für eine Ablehnung des Haushalts anzuführen, ist scheinheilig”, so Dyck. Damit ließen die Stadträte der CDU ihren Finanzbürgermeister Torsten Bonew im Stich.
“Die Grünen hingegen haben während der Debatte Haushaltsanträge eingebracht, die das Defizit noch zusätzlich um mehrere Millionen erhöht hätten”, sagt der Fraktionsvorsitzende. Sie hätten den Haushalt abgelehnt, weil sie sich mit ihren Maximalforderungen nicht durchsetzen konnten. Damit hätten die Grünen riskiert, dass die Stadt im neuen Jahr in die vorläufige Haushaltsführung gerutscht wäre und der Stadtrat seine Gestaltungsmöglichkeiten verloren hätte. “Das ist absurd und kann eigentlich nur als verbitterter, hilfloser Wahlkampfauftakt gewertet werden”, so Dyck, der Burkhard Jungs Vorgehen verteidigt: “Der Oberbürgermeister war verpflichtet, schnell und umsichtig einen Kompromiss zu suchen, um Schaden von unserer Stadt abzuwenden. Burkhard Jung hat hier konsequent und richtig gehandelt.”
Die Linke streicht unterdessen die Erfolge heraus, die sie bei den Haushaltsverhandlungen errungen hat und nennt, dass die Kürzungen in der Kinder- und Jugendarbeit gekippt sind, mehr Mittel für den Bau und Unterhalt von Schulen bereitgestellt wurden und dass Investitionshilfen für den Ersatz der alten Tatra-Straßenbahnen gegeben werden. “Davon profitiert die Stadt”, so die Fraktion. Reik Hesselbarth von der FDP hingegen kommentiert: “Die in unserer Stadt praktizierte Praxis der wechselnden Mehrheiten hilft nur der Stadtverwaltung. Sie sucht sich ihre Mehrheiten, wie sie sie braucht. Eine politische Linie hingegen sucht man vergebens.”
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