"Was sind Stadtratsentscheidungen und -beschlüsse wert?", fragt der Verein der Freunde und Förderer des Naturkundemuseums Leipzig e.V. Denn wieder einmal ist der Prozess zur Sanierung des Naturkundemuseums ins Stocken geraten. Von einem Schockzustand spricht der Verein und erinnert an den 24. August 2011. Da fällte die Ratsversammlung den Beschluss Nr. RBV-898/11, in dem es unter anderem hieß, "bis zum 30.09.2012 wird ein Masterplan für das Naturkundemuseum erarbeitet".

Da stand auch zu lesen: “”Der Masterplan … wird dem Stadtrat nach Erarbeitung … spätestens bis zum 4. Quartal 2012 zur Beschlussfassung vorgelegt.” – Auf dieser Basis wurde von der Stadtverwaltung in den Haushaltsplanentwurf 2012 eine Verpflichtungsermächtigung für 2015 in Höhe von 1.426.000 Euro eingestellt.

Das erschien den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen als viel zu spät. Sie stellten den gemeinsamen Haushaltsantrag A 057/12-Neufassung “Baumaßnahme Naturkundemuseum vorziehen”.

Der Beschlussvorschlag: “Die für die Sanierung bzw. den Neubau des Naturkundemuseums eingestellte Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 1.426.000 Euro wird vorgezogen.” 2013 seien 100.000 Euro Planungsmittel einzustellen, 2014 1.326.000 Euro. “Für 2015 werden entsprechende Mittel eingestellt, um die pünktliche Eröffnung des neuen Naturkundemuseums 2016 zu ermöglichen”.

Entgegen der Verwaltungsmeinung, die alles auf die lange Bank schieben wollte, stimmte der Stadtrat diesem Antrag zu und die entsprechende Verpflichtungsermächtigung wurde in den Haushaltsplan 2012 eingestellt.

“Wir dachten: ‘Endlich werden Nägel mit Köpfen gemacht'”, kommentiert das jetzt der Förderverein.

Im Haushaltsplan 2013 wurde diese Verpflichtungsermächtigung noch um 1.466.000 Euro für 2016 erhöht. Doch im Haushaltsplan 2014 wird die Sache wieder auf Null gedreht. Die Stadt muss sparen. Das Haushaltsdefizit beträgt für 2014 noch immer 15 Millionen Euro. Und da wurden auch etliche Projekte gestrichen, um die der Stadtrat seit Jahren gerungen hatte. Für 2014 ist jetzt fürs Naturkundemuseum nichts mehr vorgesehen, für 2015 und 2016 nur noch jeweils 100.000 Euro.

Sowohl die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als auch die Linksfraktion haben deshalb wieder Änderungsanträge gestellt.

“Investitionsmittel für das Naturkundemuseum” heißt der Antrag der Grünen mit dem Beschlussvorschlag: “Für die Sanierung oder den Neubau des Naturkundemuseums werden: 2015 vorbereitende inhaltliche Planungs- und Beratungsleistungen in Höhe von 150.000 Euro, 2016 Baukosten in Höhe von mind. 6 Mio. Euro, 2017 Baukosten in Höhe von mind. 6,3 Mio. Euro in den Haushalt eingestellt.”

Der Linke-Antrag A 024/14-ÄA1 “Investitionsmittel für das Naturkundemuseum” beinhaltet den Beschlussvorschlag: “Der Masterplan Naturkundemuseum wird bis zum 31. Januar 2014 von der Verwaltung vorgelegt. Im Finanzhaushalt 2014 werden 150.000 Euro Planungsmittel für die Vorbereitung der Baumaßnahme Naturkundemuseum eingestellt.”
Was aber wird am Donnerstag, 19. Dezember, in der Abstimmung zum Haushaltsplan 2014 passieren?”, fragt nun der Förderverein. “Die Anträge der beiden Fraktionen, auch die zur notwendigen Personalaufstockung im Naturkundemuseum, werden von der Mehrheit der Stadträte abgelehnt werden, denn so haben es die vorbereitenden Ausschüsse, Ausschuss für Kultur und der Haushaltsausschuss Finanzen beschlossen. Die Stadtverwaltung hat dieses unselige Spiel mit dem Naturkundemuseum vermutlich wieder einmal geschafft!”

Die Verwaltungsmeinung zu den genannten Anträgen von Grünen und Linken: “Im Auftrag des Kulturamtes werden gegenwärtig durch das Amt für Gebäudemanagement die Kosten für die bauliche Ertüchtigung der beiden favorisierten Standorte Lortzingstraße und Bowlingtreff für ein zukünftiges Naturkundemuseum ermittelt. Es wurde ein Gutachterauftrag vergeben. Die Ergebnisse sollen voraussichtlich Ende Dezember 2013 vorliegen. Mit diesem Ergebnis wird die Vorlage ‘Masterplan Naturkundemuseum – Entscheidung zum weiteren Verfahren’ überarbeitet und nach einer zweiten Lesung in der Dienstberatung OBM dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.”

Die Vorlage kann demnach erst im Januar 2014 aktualisiert werden. Mit dem vorgegebenen verwaltungsinternen Mitzeichnungsverfahren mit einer Frist von drei Wochen und Frist zur Anmeldung in der Dienstberatung des OBM kann sie nicht bis zum 31. Januar 2014 dem Stadtrat zugeleitet werden. “Aufgrund der terminlichen Abfolge ist eine Haushaltseinstellung für vorbereitende Planungsleistungen erst für das Jahr 2015 sinnvoll. Über die Höhe der tatsächlich erforderlichen Mittel kann erst nach der Standortentscheidung eine Aussage getroffen werden. Die Bereitstellung von Mitteln kann in der derzeitigen Situation nicht erfolgen”, so die Verwaltungshaltung.

Und der Förderverein des Naturkundemuseums fragt zu recht: “Wie war das mit dem Ratsbeschluss vom 24.08.2011? Sollte nicht im 4. Quartal 2012 die Beschlussfassung dem Stadtrat vorgelegt werden? Gab es nicht das Versprechen des OBM 2012 ein neues Naturkundemuseum zu eröffnen? Ist in den vorgenannten Anträgen nicht die Rede von einer Eröffnung 2016? Seit über 20 Jahren Verschleppung und immer wieder Hinhaltetaktik mit irgendwelchen Versprechungen, Untersuchungen, Standortalternativen und Konzepten, die negiert werden! Wann werden endlich Nägel mit Köpfen gemacht?”

Die Fraktionen von Grünen und Linken hatten auch Personaleinstellungen beantragt, damit die Arbeit im Naturkundemuseum überhaupt weitergehen kann.

Auch die wurden von der Verwaltungsspitze abgelehnt: “Im Stellenplan des Naturkundemuseums befinden sich 8,750 Stellen. Die Stelle eines Geologen ist nicht vorhanden. Die Aufgabe wird nicht vom Direktor des Museums ausgeübt. Die Umsetzung der im Masterplan Naturkundemuseum vorgeschlagenen Entwicklung der Museumsstruktur inkl. Stellenzuwachs soll in Verantwortung und Entscheidung des/der neuen Museumsdirektor/in erfolgen. Es wird davon ausgegangen, dass die Stelle im I. Quartal 2014 nachbesetzt wird. Die neue Leitung soll im Jahr 2014 anstehende Veränderungen priorisieren und für die Umsetzung ab Haushaltsjahr 2015 vorbereiten.”

Wirklich stimmen könne das so nicht, kritisiert der Förderverein: “Wie war das 1990? Da gab es im Naturkundemuseum Leipzig 22 Stellen. Und sollte nicht der zukünftige Direktor schon seit 2 Jahren von dem derzeitigen Direktor eingearbeitet werden? Bis jetzt ist immer noch kein neuer Direktor ausgewählt, obwohl Dr. Schlatter im Januar in den Ruhestand geht. – Und sind im Masterplan nicht schon Stellenzuwächse priorisiert? Und natürlich nimmt Dr. Schlatter die Aufgaben des Geologen seit der Stellenstreichung mit wahr! Wer sonst? Auch die Stelle des Archäologen wurde gestrichen, wie viele andere Stellen ebenfalls.”

Jetzt appelliert der Förderverein des Naturkundemuseums an die Fraktionen im Leipziger Stadtrat, der am 19. Dezember nun weben nicht nur über den Haushalt 2014 debattiert, sondern auch über die nächste Zukunft des Naturkundemuseums:

“Liebe Stadträte, nächstes Jahr sind Kommunalwahlen, der Stadtrat wird neu gewählt. Wundern Sie sich nicht über Wahlmüdigkeit und Politikverdrossenheit der Leipziger. Noch können Sie über die vorgenannten Sachverhalte nachdenken und am Donnerstag Entscheidungen für die Zukunft des Naturkundemuseums treffen, indem Sie den Anträgen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zustimmen. Für alle möglichen Events, die kommen und nach kürzester Zeit wieder gehen, ist in der Stadt Leipzig Geld da, nur für das über sehr lange Zeit nachhaltig wissenschaftlich und bildungsmäßig wirkende Naturkundemuseum nicht!!”

www.förderverein-naturkundemuseum-leipzig.de

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