Die massenhafte Flucht aus Afrika nach den zum Teil desaströs gescheiterten Revolutionen bringt Europa massiv unter Druck. Jahrelang hat man auf eine restriktive, abschottende Flüchtlingspolitik gesetzt, ohne dem auch nur im geringsten die nötige Friedens- und Stabilitätsarbeit auf politischer Ebene entgegenzusetzen. Die Destabilisierung einer ganzen Region bekommen jetzt auch Sachsen und Leipzig zu spüren. Auch sie haben nicht vorgesorgt.
Im Gegenteil. Der verstärkte Ansturm von Asylsuchenden überfordert auch das gerade verabschiedete Leipziger Konzept “Dezentrales Wohnen für Asylsuchende”. Die Stadtverwaltung greift deshalb kurzerhand zum Hilfsmittel einer eilbedürftigen Vorlage. Am 21. November soll sie im Stadtrat votiert werden.
Damit begrabe der Oberbürgermeister eines der bundesweit ambitioniertesten Konzepte in der Unterbringung von Asylsuchenden, kommentiert die Fraktionsvorsitzende der Leipziger Grünen, Katharina Krefft, diesen Vorstoß, mit dem kurzfristig mehrere hundert Plätze für Asylsuchende in Leipzig aus dem Boden gestampft werden sollen. Auf Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte der Stadtrat die weitgehend dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen beschlossen. Mit dem 2010 vorgelegten Konzept wurden Gemeinschaftsunterbringungen bis 50 Bewohnende vorgesehen. Die beschlossenen Standorte wurden und werden derzeit eingerichtet. Um die erheblich gestiegenen zugewiesenen Asylsuchenden unterzubringen, ist die Verwaltung derzeit fieberhaft auf der Suche nach Möglichkeiten – wie bundesweit alle Kommunen und Landkreise.
“Für die kurzfristige Unterbringung der Menschen muss die Stadt natürlich freie Hand haben – hier gilt die Obergrenze nicht”, sagt Krefft. Stellt aber zugleich fest: “Völlig inakzeptabel ist, dazu das gesamte Konzept über Bord zu werfen und wieder Großeinrichtungen zu planen. Bis zu 200 Bewohnende werden dafür vorgesehen – eine solche Massenunterbringung werden wir nicht unterstützen. Solche Bauten werden nicht mal einfach so ‘hochgefahren’ und dann wieder einfach zurück gebaut, sie bestimmen die Asylunterbringung für Jahrzehnte.”Drei Millionen Euro sollen jeweils für die Einrichtung solcher Quartiere investiert werden. Für die Ertüchtigung des Hauses 1 in der Torgauer Straße, wie sie im Sommer diskutiert wurde, war eine Million Euro vorgesehen.
“Prinzipiell halten wir an der Schließung der Torgauer Straße fest. Dazu dient auch die zügige dezentrale Unterbringung”, bekräftigt Krefft. Um ihrer Pflicht zur Unterbringung nachzukommen, braucht die Stadtverwaltung jetzt aber dringlich Räumlichkeiten. Von vorausschauender Arbeit sieht Krefft da keine Spur: “Es war nicht von Weitsicht geprägt, die Weißdornstraße (100 Plätze) 2012 nicht zu sichern (inzwischen ist das Haus durch Diebstahl an Kupferrohren unbrauchbar). Und es war fahrlässig, die Torgauer Straße nicht beginnend mit August 2013 soweit herzurichten, dass die Menschen erst mal unterkommen könnten.”
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Beide Initiativen habe der Oberbürgermeister verhindert, stellt die Grünen-Stadträtin fest. Die Weißdornstraße wurde gleich nach diversen Bürgerprotesten abgesagt, die Ertüchtigung der zweiten Hälfte des Hauses 1 in der Torgauer Straße kam nicht durch die Dienstberatung des OBM.
Ab dieser Woche werden wöchentlich 50 Personen zugewiesen. Für die Unterbringung sind überplanmäßige Aufwendungen erforderlich, die mit der Vorlage ebenfalls bestätigt werden sollen und unstrittig sind. Insgesamt werden 2013 – der letzten Prognose folgend – 689 Asylsuchende zugewiesen. Dieses entspricht einer neuerlichen Steigerung um 71 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Neben den Schwierigkeiten bei der Einrichtung der dezentralen Gemeinschaftsunterkünfte bis 50 Personen, gelinge die Unterbringung in einzelnen Wohnungen im Stadtgebiet auch nicht zufriedenstellend, schätzt die Stadträtin ein. Neben der Lage am Wohnungsmarkt mit wenig verfügbaren, kostengünstigen kleinen Wohnungen liege dies auch an der unzureichenden Bereitschaft der Vermieter.
“Offenbar aber verfolgt die Stadtverwaltung dabei nicht die Möglichkeit vom gemeinschaftlichen Wohnen (Asyl-WG), wie seinerzeit vorgeschlagen”, benennt die Grünen-Fraktionsvorsitzende einen blinden Fleck in der Arbeit der Stadtverwaltung. “Nach einer Orientierungsphase in der Gemeinschaftsunterbringung, halten wir die weitgehend dezentrale Unterbringung weiterhin am besten geeignet, um Asylsuchende so ‘normal’ als möglich unterzubringen – für sie und für ihr Umfeld. Dazu braucht das Sozialamt die Unterstützung aller berührten Verwaltungsbereiche und der Verwaltungsspitze.”
Die Vorlage des Sozialdezernats “Überplanmäßige Aufwendungen 2013 gem. § 79 (1) SächsGemO und Eckwertbereinigung 2014 in der Budgeteinheit 50_313_ZW – Hilfen für Asylbewerber” (V/3368): http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/3F6738F76E3BAA05C1257C01002154DB/$FILE/V-ds-3368-text.pdf
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