Im Sommer sorgte der Wettbewerb um das Leipziger Einheits- und Freiheitsdenkmal einmal mehr für Furore: Die drei Wettbewerbssieger durften ihre überarbeiteten Entwürfe vorstellen und eine seltsame Jury, "Bewertungsgremium" genannt, durfte nicht nur erneut abstimmen, sondern auch gänzlich ohne Transparenz die Punkte so vergeben, dass das Ergebnis des Wettbewerbs völlig auf den Kopf gestellt wurde. Eine künstlerisch gelungene Lösung liegt trotzdem noch nicht vor.
Das thematisierte am Mittwoch, 11. September, der Landesverband Bildende Kunst Sachsen mit einem Offenen Brief an die Verantwortlichen der Stadt und an den Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, der in diesem Herbst einen der drei Entwürfe dem Stadtrat zur Umsetzung vorschlagen will. Insbesondere spricht der Brief das willkürlich geänderte Auswahlverfahren an, das mit Transparenz nichts mehr zu tun hat und das gesamte Leipziger Wettbewerbsgeschehen diskreditiert.Der Offene Brief in Gänze:
“Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Verantwortliche der Stadt Leipzig,
mit großem Bedauern nehmen wir den Fortgang und die Entwicklungen im Wettbewerbsverfahren zum Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig wahr. Bis zu den neu gesetzten Anforderungen an die Weiterentwicklung verlief der Wettbewerb gut und transparent mit bestmöglichen und beteiligungsorientierten Diskussions-, aber auch fachlich zu Grunde gelegten Auslobungs- und Auswahlbedingungen, in die wir z.T. selbst beratend bzw. beobachtend einbezogen wurden.
In Anbetracht der öffentlichen Diskussion, Infragestellungen und kritischer Stimmen möchten wir Sie bitten, zum Verfahren in diesem ursprünglich erarbeiteten Sinne zu stehen, daran fest zu halten und es offen und sauber zu Ende zu bringen. Die Voraussetzungen bei dem unter Einbezug einer Breite öffentlicher Gremien und zahlreicher Sachverständiger vorbereiteten Wettbewerb können besser nicht sein. Es gibt keinen Grund, sich von diesem in bestem Wissen und Gewissen zu Grunde gelegten Rahmenbedingungen zu entfernen, ohne Schaden für die Stadt und für die Sache selbst, aber auch für Kunst und Künstler hervorzurufen.
Dass es berechtigte Kritik gibt, zeigt sich sowohl am Rücktritt des ehemaligen Mitglieds der Jury und des jetzigen Bewertungsgremiums Herrn Stadtrat Quester als auch an den erteilten “Rügen” der beiden ursprünglich erst- und zweitplazierten Künstlerkollektive nach dem zweiten Verfahrensschritt der Bewertung der Weiterentwicklung der Entwürfe. Man muss in der Tat kritisieren, dass die grundsätzlich von der Sache her rein sachlich/technische Prüfung der Weiterentwicklung der Entwürfe durch eine unklare Gremienbildung, die sich weder auf die ursprüngliche Jury noch auf ein rein zur Bewertung der Ausführbarkeit berufenes technisches Gremium konzentrierte, sondern durch eine Mischform von Fachpreisrichtern und Vertretern der Stadt eine erneute Debatte über die Fachentscheidung provozierte, die jedoch nicht mehr im Rahmen des Fachgremiums selbst stattfand. Weiterhin ist nicht verständlich, warum die Inhalte der bisherigen Auslobung mit einer nachträglich eingeführten Punktevergabe zu ändern waren, indem das die Entscheidung der Fachjury auf den Kopf stellte. Mit einem so getroffenen, dieser Abstimmungsaufgabe entgegen stehenden emotionalen Votum können sich im Sinne eines qualitativen Prozesses weder die beteiligten Künstler, noch wir als Vertreter von Kunst und Künstlern, aber sollten auch Sie sich nicht zufrieden geben. Hier ist das Verfahren leider nicht mehr professionell gelaufen und man könnte Tendenziösität und Untergrabung der Juryentscheidung unterstellen.
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Bitte stehen Sie zu ihrer bewussten Entscheidung, dass im Verfahren wie in der Außendarstellung nie von einer formalen Bürgerabstimmung über die Denkmalentwürfe die Rede war. Bitte stellen Sie sich hinter Ihren Wettbewerb, den Sie von Anfang an verantwortet haben. Seien Sie sich im Klaren darüber, dass er sich erst dann in Frage stellt, wenn Sie ihn selbst nachträglich in Frage stellen. Bitte führen Sie das Verfahren transparent und fair zu Ende und vermitteln Sie es in diesem Sinne offen und bestimmt nach außen. Der Gewinn, den Sie haben können, ist auch der für die Diskussionskultur in Ihrer Stadt, deren Grundlagen wir selbst schaffen.
Mit den besten Wünschen,
Lydia Hempel
Kunsthistorikerin, Dresden
Geschäftsführerin
Landesverband Bildende Kunst Sachsen e.V.”
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