Seit Montag, 29. Juli, erfreut - und erschreckt - Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wieder einmal seine Fan-Gemeinde. Er hat eine neue Videobotschaft produzieren lassen, in der er das jüngste Produkt aus dem Leipziger BMW-Werk begrüßt: den BMW i3. Durchaus ein Zuckerstückchen der Autobauer aus dem Leipziger Norden. Für ihn ist klar: "In Leipzig wird Automobil-Geschichte geschrieben."

Dass die Ingenieurleistung bewundernswert ist, keine Frage. Es ist höchste Zeit, dass die Verbrennung fossiler Kraftstoffe auf den Straßen der Welt aufhört. Die Veränderung hin zu Elektro-Antrieben könnte ein Teil des Weges sein. “Autos und Stahl – das gehörte seit Erfindung des Automobils vor 128 Jahren untrennbar zusammen. Gleiches galt für den Antrieb: Ein Auto fuhr mit Benzin oder Diesel. Eine unverrückbare Wahrheit?”, fragt Burkhard Jung in seinem Video. Und antwortet gleich selbst: “BMW wird in Leipzig jetzt mit diesen beiden vermeintlichen Gewissheiten der Automobilindustrie brechen. Erstmals produziert ein Hersteller einen Wagen in Großserie, der komplett und in allen Details auf Elektro-Antrieb ausgerichtet ist. Kein Umbau, keine Variation, keine ‘zweitbeste Lösung’. BMW schafft mit dem i3, der am 29. Juli weltweit präsentiert wird, ein von seinem Selbstverständnis her neues Auto. Ein Wagen aus ultraleichtem Carbon, angetrieben durch einen Elektromotor, der seine Kraft aus einer modernen Lithium-Ionen-Batterie zieht. Ein Auto für die Stadt der Zukunft, ein Auto ohne Emissionen, ein Auto für die Welt von morgen.”

Er kann aus Erfahrung sprechen. Als Oberbürgermeister von Leipzig durfte er im Dezember 2011 den ersten E-BMW aus Leipzig testen, bevor die schnurrenden Autos zur Olympiade in London erstmals zum Einsatz kamen. “Der BMW i3 ist eine Revolution. Und als solche wird er von Unsicherheiten begleitet”, meint Jung. “Es gibt keine Erfahrungen damit, wie die Kunden auf dieses Auto reagieren werden. Eine solche Revolution braucht einen langen Atem – und sie braucht Mut und Visionen.”Und er zitiert den Spruch, der ihm in diesem Zusammenhang so besonders gut gefällt. Er stammt wohl von Kaiser Wilhelms II.: “Ich glaube an das Pferd. Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung.”

“Selten lag jemand so falsch”, sagt Jung. “Ich glaube an die Professionalität, die BMW auszeichnet und mit der das Unternehmen in der Vergangenheit bewiesen hat, dass es Märkte verändern kann. – Die Veränderungen in der Automobilindustrie sind in Leipzig schon jetzt, von außen, sichtbar. Von der Autobahn nicht zu übersehen, drehen sich vier riesige Windräder im Himmel über dem Werk. Sie erzeugen den Strom, den die Produktion des i3 benötigt. Nachhaltigkeit wird hier sichtbar, sie wird gelebt – und sie funktioniert. Leipzig und BMW werden sich gemeinsam weltweit einen Namen machen als eine Symbiose, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt.”

Nur irgendwie kommt das mit der Nachhaltigkeit bei seinen Anhängern nicht so gut an. Das Video ist ja nicht nur auf leipzig.de zu sehen. Es ist auch auf Facebook eingestellt. Und da darf ja kommentiert werden, was einer so sagt. “Dass dieses Auto in Leipzig gebaut wird, macht uns stolz. Jedes einzelne dieser Autos wird den Namen Leipzigs in die Welt tragen und wird den Gedanken der Nachhaltigkeit mit Leipzig verbinden”, sagte Jung ja auch noch. “BMW und der i3 werden zugleich Ansporn für uns sein, den Gedanken der Nachhaltigkeit in der Stadt weiter mit großem Ernst zu verfolgen.”

Und das sechs Jahre nach Unterzeichnung der “Leipzig Charta”? – Da lachen die Leipziger nur noch. Und haben so ihre eigenen Fragen: “Da fragt man sich doch, ob und was BMW für die Produktion und die Verbreitung dieses Greenwashing-Werbespots angeboten hat”, schreibt Juliane Klengel. Und selbst CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski hat seinen Sommerspaß: ” … und wenn die liebe Sonne lacht, hat das der Burkhard Jung gemacht. Meine Güte, wie eitel muss man sein, um sich derart mit fremden Federn zu schmücken?”

Aber mehrere Kommentatoren weisen auch darauf hin, dass ein E-Auto eben noch keine nachhaltige Verkehrspolitik macht. Und da klemmt es in Leipzig an allen Ecken und Enden – beim Radverkehr, beim ÖPNV, von einer einst mal als autoarm (oder gar autofrei) gedachten Innenstadt ganz zu schweigen. Im Gegenteil: Spielt ein Investor auch nur mit dem Gedanken, neue Parkhäuser bauen zu wollen, bekommt er vom Rathaus auch noch Unterstützung in allen Gremien. Es wird an immer neuen “integrierten” Konzepten gewerkelt. Aber eine Linie hin zu einer nachhaltigen Stadt ist in Burkhard Jungs Politik nicht zu erkennen. Selbst gut gemeinte Initiativen wie “Leipzig weiter denken” enden damit, dass die Verwaltung sich das heraussiebt aus den Bürgervorschlägen, was in die bestehenden Verwaltungskonzepte passt. Nur nicht voranpreschen, wenn es um die Schaffung einer wirklich nachhaltig funktionierenden Stadt geht.

Aber das ist ja Alltagskram. In Leipzig wird doch Automobil-Geschichte geschrieben.

Wer’s sehen will, findet es hier: www.leipzig.de/de/buerger/newsarchiv/2013/BMW-i3-In-Leipzig-wird-Automobil-Geschichte-geschrieben-25936.shtml

Das Video und die Kommentare auf Facebook: https://www.facebook.com/photo.php?v=511423165592861&set=vb.320216868059368&type=2&theater

Die neuen Elektroautos von BMW: www.bmw.de/de

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