Was wird Leipzig eigentlich bekommen, wenn das "Freiheits- und Einheitsdenkmal" beschlossen ist? - Das wird immer unklarer. Nachdem der Wettbewerb im Jahr 2012 lauter Ergebnisse zeitigte, die niemanden wirklich vom Hocker rissen, nutzte OBM Burkhard Jung die Möglichkeit, die drei Preisträger dazu aufzufordern, ihre Entwürfe zu überarbeiten. Am Freitag, 31. Mai, gab es den Startschuss für die Überarbeitungsphase.
Die Ergebnisse der weiterentwickelten Entwürfe für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal sollen im Juli 2013 einem Bewertungsgremium vorgestellt und danach öffentlich gemacht werden. Das Bewertungsgremium besteht aus Vertretern des Auslobers Stadt Leipzig, aus ehemaligen Preisrichtern des Wettbewerbsverfahrens, Vertretern des Bundes, des Freistaates Sachsen, des Stadtrates, des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, der Initiative “Tag der Friedlichen Revolution”, der Architektenkammer Sachsen, dem Bund bildender Künste Sachsen und des Sachverständigenforums Kunst am Bau und im öffentlichen Raum der Stadt Leipzig.
“Anlass für die Weiterentwicklung ist, dass nach der Präsentation der Preisträgerentwürfe im Anschluss an den Wettbewerb von Juli bis November 2012 eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hatte”, erklärt das Kulturamt in verkürzter Form. Die Wahrheit ist: Keiner der Preisträgerentwürfe fand in der Diskussion wirklich breite Zustimmung. Tatsächlich machte auch der Online-Dialog deutlich, wie unzufrieden die meisten Leipziger mit dem Verlauf des Wettbewerbs waren. Es waren rund 2.000 Kommentare, Anregungen und Hinweise bei der Stadt Leipzig eingegangen, die ausgewertet und thematisch gebündelt wurden.
Nachdem dann Ende Januar 2013 gegenüber der Stadt Leipzig sowohl vom Bund als auch vom Freistaat Sachsen die Zustimmung zum weiteren Verfahrensablauf erfolgte, wurden die Preisträger förmlich über die Aufgabe der Weiterentwicklung ihrer Entwürfe informiert.
“In Gesprächen der Preisträger bei mir versicherten sie, sich der Qualifizierungsaufgabe zu stellen und die Anregungen der öffentlichen Beteiligung und die Aufgaben der Jury aufzunehmen”, erklärte Oberbürgermeister Burkhard Jung dazu.
Die Teilnehmer des Begleitgremiums, das am 27. Mai über den aktuellen Sachstand informiert wurde, zeigten sich zufrieden darüber, dass die in der Öffentlichkeitsbeteiligung abgegebenen Hinweise, insbesondere auch die aus der Jugendwerkstatt, den Preisträgern mit der Aufgabenstellung ebenfalls zur Einbindung empfohlen wurden, teilt nun das federführende Kulturamt mit.Aber genau das lässt nichts Gutes ahnen. Denn weder die Auswertung des Online-Dialogs durch die beauftragte Agentur und die Verwaltung noch das Jugendforum und seine Ergebnisse deuten darauf hin, dass die deutliche Kritik an der Art der Wettbewerbsgestaltung überhaupt zur Kenntnis genommen wurde. Das Jugendforum vom 2. November 2012, das auf den drei Preisträgerentwürfen aufbaute, zeitigte so ungefähr genau das, was von so einem Forum zu erwarten war. Im Bericht dazu heißt es zum Beispiel: “Grundsätzlich sollte das Denkmal den Jugendlichen als Treffpunkt dienen können und entsprechende Aufenthaltsqualitäten bieten. Das Denkmal sollte beeindrucken, Anreiz zur Auseinandersetzung mit der Friedlichen Revolution sein und die Spannung des Herbstes 89 vermitteln. Es sollte eine spürbare Atmosphäre haben und dazu anregen, sich zu beteiligen und seine Meinung zu vertreten. Die Denkmalfläche sollte künftig für Demonstrationen und Kundgebungen nutzbar sein, um vor Ort eine aktive öffentliche Meinungsäußerung / Diskussion zu ermöglichen. Die Wegstrukturen bzw. Platzgestaltungen sollten aus Sicht der Jugendlichen eine multifunktionale Nutzung zulassen. Größere Treffen zu (Musik-)Veranstaltungen oder Kundgebungen müssten an einem solchen Ort möglich sein.”
Man hängt wie festgeklebt an der Vorstellung einer Platzgestaltung. Fast hat man das Gefühl, immer dann, wenn die öffentliche Diskussion zu deutlich wird, dann flüchtet sich die Verwaltung in diverse Workshops, wo das Ergebnis durch Moderation erreicht werden kann. Es sieht wie demokratische Beteiligung aus, ist aber keine.
Es sieht ganz danach aus, als würde Leipzig im Juli wieder Entwürfe zu sehen bekommen, die jede Menge Botschaft enthalten, nur keinen künstlerischen Biss. Wenn die drei Künstlerteams es schaffen sollten, mit neuen, wirklich verblüffenden Ideen zu überraschen, es wäre schön. Aber damit ist mit diesen neuen Vorgaben erst recht nicht zu rechnen.
Wenn dann die überarbeiteten Entwürfe – die all diese verwaschenen Vorstellungen eines Multifunktionsplatzes erfüllen – vorgestellt sind, muss im weiteren Verfahren der Stadtrat entscheiden, ob er die Verwaltung mit der Durchführung des Verhandlungsverfahrens, das mit allen drei Preisträgern zu führen wäre, beauftragt. Ziel des Verhandlungsverfahrens sei es dann, so das Kulturamt, “im Anschluss den Planungsauftrag dem Preisträger zu erteilen, der am ehesten die sachgerechte, qualitätsvolle Leistungserfüllung erwarten lässt.”
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Was schon erstaunt: Man erwartet gar kein zündendes Angebot mehr, nur noch eines, das “am ehesten die sachgerechte, qualitätsvolle Leistungserfüllung erwarten lässt.”
Wobei auch betont werden muss, dass der 3. Preisträger eigentlich keine Chance mehr hat, denn es fließen in die Vergabeentscheidung die Bewertung des Preisgerichtes und des Bewertungsgremiums zu 60 Prozent und die Kriterien Ablauf, Umsetzung und Honorar zu 40 Prozent ein. Dabei hat selbst der Zweiplatzierte nur sehr minimale Chancen gegen den ersten Preisträger.
Und die wirkliche Grundlage, die Definition des Platzes, ist bis heute nicht geklärt. Hier hat eine Verwaltung wirklich nach dem Erfolgsprinzip gearbeitet: Wenn die Öffentlichkeit kritisiert, schafft man sich ein eigenes Gremium zum Feintuning.
Der zitierte Jugendworkshop war eigentlich nur, wie die Stadt selbst erklärt, eine Gesprächsrunde: “Die Öffentlichkeitsarbeit ergänzend, fand am 02.11.2012 ein Gespräch mit Jugendlichen über das Wettbewerbsergebnis statt.” Die Öffentlichkeit ergänzend?
Des Staunens ist kein Ende. Soviel Öffentlichkeitsergänzung hat man in Leipzig wirklich lange nicht erlebt.
Die Auswertung des Jugendforums: www.leipzig.de/imperia/md/content/41_kulturamt/leipziger_freiheits-_und_einheitsdenkmal_jugendbericht_02.11.2012.pdf
Auswertung des Online-Dialogs: www.leipzig.de/imperia/md/content/41_kulturamt/lfed_onlinedialog.pdf
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