Es träumen Viele in Deutschland. Von ausgeglichenen Haushalten. Von Schuldenstopp und Schuldenverbot. Selten wurde so gründlich an den Notwendigkeiten vorbeipalavert. Es geht im reichen Deutschland nicht um Schulden oder nicht Schulden. Auch nicht in Sachsen. Es geht um das kluge, nachhaltige Anlegen von Geld. Dass Kommunen wie Leipzig ihre Sanierungsstaus nicht abgebaut bekommen und Substanz verzehren, hat auch mit falscher Knauserpolitik zu tun. In Dresden genauso wie in Berlin.

Am Donnerstag, 27. Juni, nannte Ralf-Michael Göhner, Sachgebietsleiter Entwurfsplanung im Verkehrs- und Tiefbauamt, mal die Zahl dazu. 57 Millionen Euro. Soviel muss das Verkehrs- und Tiefbauamt so ungefähr jedes Jahr abschreiben auf die Straßen, Brücken, Wege der Stadt. Die haben insgesamt immerhin noch einen Wert von 1,185 Milliarden Euro. “So reich bin ich”, durfte sich Edeltraut Höfer, Leiterin des Verkehrs- und Tiefbauamtes, mal ganz kurz freuen. Wohl wissend, das dieser Reichtum verschleißt. Zumindest hat Leipzig seit einem Jahr die Zahlen zu seinem Besitzstand. Die neue doppelte Rechnungsführung machte eine Bestandserfassung nötig. Kommunen werden in Sachsen jetzt wie Unternehmen geführt. Was sie besitzen, hat einen Wert. Und wenn es Infrastrukturen sind, werden sie ganz buchhalterisch abgeschrieben.

Die Summe, die abgeschrieben wird, entspricht im Grunde dem, was jedes Jahr neu investiert werden muss. Dann wird der Bestand erhalten. Für Leipzigs Verkehrsstrukturen: 57 Millionen Euro pro Jahr. Das hat die Stadt seit den Hauruckinvestitionen für die WM 2006 nicht mehr investiert. Und das war auch damals eine Ausnahme. Die Wirklichkeit sieht bescheidener aus. Für 2013 zum Beispiel: 36,43 Millionen Euro gibt das VTA in diesem Jahr aus – 20 Millionen ungefähr sind städtischer Eigenanteil, der Rest Fördermittel. Der Grund ist simpel: bei anderen Sorgenbereichen wie Schulen und Kitas ist der Investitionsstau noch drängender.

Um die 30 bis 40 Millionen schwankten die Investitionen in Straßen und Brücken auch in den Vorjahren. Zu wenig. Leipzigs Straßenreichtum schmilzt. Manchmal sichtbar mit zerfahrenen Fahrbahnen. Manchmal unsichtbar. Dann passiert es auch schon mal, dass Brücken wie die Landsberger Brücke auf Jahre gesperrt werden müssen. Ein Neubau wieder auf Jahre nicht in Sicht.
Und so stellte das “Mittelfristige Investitionsprogramm im Straßen- und Brückenbau”, das Edeltraut Höfer am Donnerstag, 27. Juni, der Presse vorstellte, auch eine Weichenstellung dar. Die Zeit der großen Neubauprojekte ist vorbei. Alle Mittel fließen in den nächsten Jahren in den Bestand – in Bestandserhalt, Reparatur, Bestandsneubau. Einige Projekte sind überfällig. Die To-do-Liste bis 2020 sieht bündelweise solche Bauprojekte vor.

Allein 2013 wurden und werden begonnen: die Lützner Straße zwischen Saarländer und Plautstraße, hier ist – genauso wie in der Wurzner Straße – Baubeginn im August. Die August-Bebel-Straße wird schon fit gemacht – im Dezember muss sie fertig sein, damit im Frühjahr 2014 das Bauprojekt “Karli” beginnen kann. Etwas in Verzug ist die Richard-Wagner-Straße hinter den “Höfen am Brühl”. Sie soll im Oktober fertig sein. Begonnen hat auch die Gestaltung des neuen Platzes am Ausgang der Petersstraße als verkehrsberuhigte Zone und Übergang zur S-Bahn-Station Wilhelm-Leuschner-Platz. Und in der nächsten Woche startet de Neubau der Tauchaer Brücke.

Im Bau sind die Teslabrücke und die Bornaische Brücke. Was Edeltraut Höfer ein wenig beruhigt: Auch wenn die nächsten Jahre mit 30 und 28 Millionen Euro wieder deutlich unterfinanziert erscheinen, ist die städtische Finanzierung von Verkehrsprojekten bis 2016 im Haushalt schon gesichert. Drunter wird’s nicht mehr gehen. Das “Mittelfristige Investitionsprogramm” reicht bis 2020. Jahr für Jahr muss also erneut abgeklopft werden, was geht – und was nicht. Aber hinter den laufenden Baumaßnahmen stehen die nächsten in den Startlöchern.

Der Kreisel in der Karl-Tauchnitz-Straße ist dringend sanierungsfällig. Wenn die Lützner Straße fertig ist, müssen die Antonienbrücken im Verlauf der Antonienstraße mitsamt den Gleisen der Straßenbahn erneuert werden. Und wenn die “Karli” 2015 fertig ist, ist nur die Frage, welches Projekt als erstes angepackt wird – die Komplettsanierung der Arthur-Hoffmann-Straße, die jetzt zwei Jahre als Entlastung der “Karli” dient, oder die Kreuzung Bayrischer Platz. Im Grunde müssten jetzt schon die Planungen für den Neubau der Landsberger Brücke laufen. “Denn da müssen wir uns wegen Sperrzeiten mit der Deutschen Bahn abstimmen, das dauert in der Regel drei Jahre”, sagt Höfer, die in diesem Jahr in den Ruhestand geht.

Dabei würde sie sich freuen, wenn so viel wie möglich angepackt wird. Selbst so ein Mega-Projekt wie die Georg-Schumann-Straße – seit Jahren auf dem Kieker, nie bezahlbar. 2012 aber wurde ein Bürgervorschlag schon mal umgesetzt: die Abmarkierung der Straße, die mittlerweile durch die Max-Liebermann-Straße deutlich entlastet wird. Radfahrstreifen auf beiden Seiten, Parkbuchten aufgemalt. Die Entlastung schon zu funktionieren. “Das soll noch in diesem Jahr evaluiert werden”, sagt Höfer. Dann kann man daran gehen, die Straße in einzelnen Abschnitten anzugehen. Ab 2016 kann dann dieses Straßenprojekt angegangen werden.

Die ganze Liste der drängenden Straßen- und Brückenprojekte, die im “Mittelfristigen Investitionsprogramm” bis 2020 angedacht sind, findet man hier:
http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/49D761CA5E9EC8C5C1257B8A0027B05B/$FILE/V-ds-3095-anlage-2.1.pdf

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