Die FDP-Fraktion freut sich schon auf den 19. Juni. Dann stehen im Leipziger Stadtrat drei Bürgermeisterposten zur Wahl. Und sie kann tun, was sich vielleicht viele Stadträte nicht trauen werden: rein nach Qualifikation entscheiden. Wenn die Reihenfolge so bleibt, wird die Wahlrunde in der Stadtratssitzung auch ein öffentliches Fingerhakeln.

Denn laut Tagesordnung steht zuerst die Wahl des Umwelt- und Ordnungsbürgermeisters auf der Tagesordnung. Den Posten besetzt seit 2006 Heiko Rosenthal. Es war seinerzeit der erste Bürgermeisterposten, den die Linksfraktion für sich reklamieren konnte. Heiko Rosenthal stellt sich auch diesmal der Wahl.

Zum Ausschreibungsende am 20. März lagen insgesamt 19 Bewerbungen für diesen Posten vor. Mit Anschreiben der Verwaltung vom 22. Mai wurde allen Stadträtinnen und Stadträten ab 27. Mai eine Einsichtnahme in alle Bewerbungsunterlagen angeboten, um eine umfassende Information über alle Bewerberinnen und Bewerber zu ermöglichen.

Was noch in der Vorlage steht, ist die Wahlempfehlung des Oberbürgermeisters: “Der Oberbürgermeister empfiehlt, Herrn Heiko Rosenthal zur Wahl vorzuschlagen.”

Vielleicht will er ja seine Mannschaft so zusammenhalten, wie sie ist.

Die Empfehlung ist aber nicht der Wahlvorschlag. Diesmal werden die Städträtinnen und Stadträte alle kompetenten Bewerbungen zur Wahl bekommen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung hat dem Stadtrat am Dienstag, 11. Juni, die Beschlussvorlagen zur Wahl der drei Dezernenten für die Bereiche Umwelt / Ordnung / Sport, Jugend / Soziales / Gesundheit / Schule sowie Wirtschaft / Arbeit in dieser neuen Form vorgelegt. Die Vorlagen enthalten keine konkreten Wahlvorschläge. Stattdessen sind in nichtöffentlicher Anlage alle Bewerberinnen und Bewerber aufgeführt – ergänzt um eine Einteilung in Kategorien von 1 bis 4. Die Kategorie 1 steht dabei für Bewerbungen, die die Anforderungen erfüllen und entsprechende Erfahrungen mitbringen. Bewerbungen in Kategorie 2 erfüllen die Anforderungen, bringen jedoch keine Erfahrungen mit. Dies war jedoch kein zwingendes Kriterium, sondern nur “erwünscht”. Den Kategorien 3 und 4 fehlen die Anforderungen, wobei in Kategorie 3 einschlägige Erfahrungen vorhanden sind.Hierzu erklärt der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Leipziger Stadtrat, Reik Hesselbarth: “Damit ist eine lange und vor allem für die Stadt Leipzig schädliche Diskussion über das Verfahren der Wahl beendet. Es ist ein erster Schritt hin zu einer Entscheidung, die auf fachlichen Überlegungen basiert. Gleichzeitig ist es ein Schritt weg von einer Postenvergabe nach Parteibuch. Dies war dringend nötig und überfällig. Die Bürger haben kein Verständnis für Postengeschacher.”

Hesselbarth betonte auch, dass der Oberbürgermeister damit das “transparenteste Verfahren” gewählt hätte. Dies hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende im Ältestenrat vorgeschlagen. “Nun ist der Stadtrat gefordert, seine Verantwortung für die Stadt wahrzunehmen und die besten Köpfe für die Positionen auszuwählen.”

Das kann spannend werden. Spätestens beim zweiten zu vergebenden Posten. Auch beim Sozialbürgermeister gibt es die Wahlempfehlung des OBM für den Amtsinhaber Thomas Fabian (SPD). Freilich will die CDU hier mit der ehemaligen Stadträtin Peggy Liebscher eine namhafte Gegenkandidatin ins Rennen bringen. Für den Posten des oder der Beigeordneten für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule gab es insgesamt 23 Bewerbungen, die nun auch in der Beschlussvorlage für die Stadträte stehen.

Und die Frage ist dann, wie die mögliche Kampfabstimmung um das Sozialdezernat weiter wirkt auf die dritte Wahl des Abends – die des Bürgermeisters für Wirtschaft und Arbeit. Diesen Posten bekleidet seit 2006 Uwe Albrecht (CDU): Und auch hier gibt es die Empfehlung von OBM Burkhard Jung, Uwe Albrecht zur Wiederwahl vorzuschlagen. Auch für diesen Posten gab es 23 Bewerbungen.

Da die Anhänge nicht öffentlich sind, sind es die Stadträtinnen und Stadträte, die sich jetzt ein Bild machen können, ob qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber darunter sind, für die ein Wahlvorschlag sinnvoll ist. Oder ob man am Ende gar ein neues Bewerbungsverfahren starten muss.

Die Amtszeit der drei Amtsinhaber endet am 18. September. Die neue Amtszeit beginnt dann am 19. September.

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