Wenn der Winter sich verabschiedet, schauen sich die Fußgänger die mutigen Knospen in den Vorgärten an und die Autofahrer fluchen über die Schlaglöcher. Beide zu recht. In den Vorgärten blüht es und auf den Straßen kommt zum Vorschein, was im Winter kaputt gegangen ist. Manchmal auch schon im Winter davor oder noch früher. Also gab es in der letzten Woche gleich reihenweise politische Botschaften zu den Winterschäden und ihrer Behebung auf sächsischen Straßen.

Besonders überraschend natürlich wieder die eiligst agierende sächsische Staatsregierung. Am 17. April vermeldete Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) ein “Sofortprogramm Straße”, durch das kreisfreie Städte, Gemeinden und Landkreise zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 60 Millionen Euro zur nachhaltigen Instandsetzung der Straßen erhalten sollen. Die zugewiesenen Mittel, von denen 50 Millionen Euro auf kommunale Straßen sowie 10 Millionen Euro auf Bundes- und Staatsstraßen in sächsischer Verwaltung entfallen, sollen dabei ausschließlich zur Beseitigung der Winterschäden an Straßen verwendet werden.

“Verkehrssicherheit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben Priorität. Wir wollen den kommunalen Straßenbaulastträgern daher schnelle finanzielle Unterstützung geben, um die Straßen wieder in einen ordnungsgemäßen und sicheren Zustand zu versetzen”, so Verkehrsminister Sven Morlok (FDP). “Besonderes Augenmerk richten wir dabei auf nachhaltige Erneuerungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, um die Straßen auch für kommende Winterperioden gut zu rüsten.”

Für die Unterhaltung und Instandsetzung von Staats- und Bundesstraßen in den Landkreisen hatte Verkehrsminister Sven Morlok bereits zu Jahresbeginn rund 34 Millionen Euro freigegeben. Aber als dann der Schnee endlich taute, begannen die Schadensmeldungen aus den Kommunen die eingeplanten Summen der Landesregierung deutlich zu übersteigen. Ein Grund dafür ist nicht nur der besonders lange Winter, sondern auch die Tatsache, dass in den letzten Jahren immer zu wenig Geld für die Straßensanierung ausgegeben wurde. Straßen, die immer nur notwendig oder gar erst “auf den letzten Drücker” geflickt wurden, tauchen regelmäßig auch in den neuen Schadensberichten auf.

Aus eigener Kraft können die Kommunen die Schäden schon längst nicht mehr beseitigen. Doch immer wieder versucht die Sächsische Landesregierung, sie mit Geldern aus dem Finanzausgleichgesetz (FAG) abzuspeisen und dabei so zu tun, als würde sie selbst das Ganze finanzieren. Das Thema nahm am 17. April der Linke-Landtagsabgeordnete Enrico Stange aus dem Landkreis Leipzig einmal so richtig aufs Korn in seiner Landtagsrede zum Thema – in der er sich auch ein bisschen darüber ärgerte, dass der Verkehrsminister den Antrag der Linken zur Erhöhung der Straßensanierungsmittel gleich mal als eigene Idee verkaufte. Mitsamt der vollmundigen Verkündung der Summe von 60 Millionen Euro.

Enrico Stange: “Machen wir also die Probe aufs Exempel: Im Sonderprogramm 2011, das in seinem Umfang von 53 Millionen Euro auch noch auf zwei Jahre angelegt war, mussten die Kommunen 62 Prozent selbst finanzieren – aus ihren Haushalten mit 13 Millionen und aus Bedarfszuweisungen des FAG 33 Millionen Euro. Der Freistaat gab also gerade einmal 10 Millionen Euro pro Jahr dazu. Und nur diese 20 Millionen waren zusätzliche Gelder. Das ist weit entfernt vom fürsorglichen Freistaat. Und mit dem Veröffentlichungsdatum 7. Juli kann von Schnelligkeit auch keine Rede sein.”Und dann fragte er: “Und wie sieht es nun 2013 aus? Gesamtpaket 62,5 Millionen Euro bei einem prognostizierten Schadenumfang von mindestens 90 Millionen Euro. Von den 62,5 Millionen Euro stehen derzeit fest: 5 Millionen Euro aus dem SMWA, 12,5 Millionen Euro als Eigenanteil der Kommunen aus ihren Haushalten. Weitere 5 Millionen sind avisiert und dennoch abhängig von der Maisteuerschätzung. Der größte Brocken von 40 Millionen Euro steht derzeit nur auf dem Papier, denn er soll aus dem Gesamthaushalt und aus Bedarfszuweisungen nach dem FAG, also den Kommunen zustehendem Geld finanziert werden. Und weil der fürsorgliche Freistaat – die LVZ bezeichnete Minister Unland ja auch als Sparfuchs – so wenig wie möglich geben will, soll über das Verhältnis noch mit der kommunalen Ebene verhandelt werden. Wenn es dicke kommt, teilt man sich diese Summe und die Kommunen haben wieder mal weit mehr als die Hälfte des sogenannten zusätzlichen Geldes für die Sonderzuweisungen selbst aufgebracht.”

Dass Leipzig selbst mehr Geld bereitstellen muss, wenn es die versprochenen Mittel des Freistaates abrufen will, das war der SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat denn auch schnell klar. Sie formulierte schon am 10. April den Antrag, die für Straßensanierung vorgesehenen Mittel 2013 um eine weitere Million Euro aufzustocken.

“Durch den lang anhaltenden Winter weisen die Straßen und Wege in der Stadt Leipzig erhebliche Schäden auf. Zwar wurden die Mittel für die Straßenunterhaltung auf Initiative der SPD-Fraktion im diesjährigen Haushalt aufgestockt, aber sie sind bei der enormen Schadenshöhe keinesfalls ausreichend”, erklärt dazu Stadtrat Heiko Oßwald, der die SPD-Fraktion im Finanzausschuss vertritt.

Das Verkehrs- und Tiefbauamt bräuchte für die Unterhaltung der Leipziger Straßen jährlich zwischen 6 und 7 Millionen Euro. Gelder, die in dieser Höhe allerdings aktuell nicht zur Verfügung stehen. “Aus unserer Sicht ist es deshalb dringend erforderlich, noch in diesem Jahr eine Million Euro zusätzlich bereitzustellen, um zumindest die notwendigsten Reparaturen absichern zu können”, so Oßwald weiter.

Der Antrag verweist auch extra auf das von Sven Morlok angekündigte “Sofortprogramm Straße” mit seinen versprochenen 60 Millionen Euro für ganz Sachsen. Der Sächsische Städte- und Gemeindetag freilich schätzt aktuell und noch keineswegs endgültig, dass sich die Schadenssumme sogar auf rund 90 Millionen Euro belaufen wird. Aus diesem Grund wird die Leipziger Stadtverwaltung im selben Antrag ebenfalls dazu aufgefordert, sich beim Freistaat Sachsen für eine Erhöhung der Gelder einzusetzen, die im Sonderprogramm bereitgestellt werden. Denn wenn Sachsens Kommunen es Jahr für Jahr nicht schaffen, ihre Straßen endlich einmal durchweg zu sanieren, erhöht sich der Schadensbetrag nach jedem weiteren Winter. Was natürlich gut ist für die Geländewagen-Bauer. Aber es macht auch allerorten sichtbar, welche Folgen die sächsische Sparfuchserei tatsächlich hat.

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