Am Samstag treffen sich rechtslastige Verschwörungstheoretiker in Leipzig, um über den "Nationalsozialistischen Untergrund" zu debattieren. Dazu eingeladen hat der umstrittene Publizist Jürgen Elsässer. Die Veranstaltung soll um 20 Uhr beginnen. Das Ladenschluss-Bündnis ruft zu Protesten auf.
Der Titel der Veranstaltung drückt aus, aus welcher Perspektive Elsässer die beispiellose Mordserie betrachtet: “Operation NSU: Neonazis, V-Männer und Agenten”. Offenbar vertritt der Leipziger die These, die rechtsterroristischen Morde seien eine Inszenierung der Geheimdienste gewesen.
“Das ist eine so dreiste wie durchschaubare Verharmlosung der NSU-Anschläge”, so Stephanie Kesselbauer, Sprecherin des Ladenschluss-Aktionsbündnisses. “Die Mordserie blieb so lange Zeit unaufgeklärt, weil rassistische Motive durch Ermittlungsbehörden systematisch geleugnet worden sind.” Nichts anderes betreibe nun Jürgen Elsässer. “Das ist eine nochmalige Herabwürdigung der Opfer und eine völlig inakzeptable Beleidigung der Hinterbliebenen”, ärgert sich Kesselbauer.
Beweise für seine Thesen hat Elsässer nicht. In der von ihm verantworteten Monatszeitschrift “Compact” werden seit geraumer Zeit Informationen aus Medienberichten so aneinandergereiht, dass sie als Material für eine Verschwörungstheorie taugen – selbst wenn sich Informationen längst als falsch herausgestellt haben. “Es sieht so als, als würde das Thema NSU hier gezielt vermarktet werden”, so Kesselbauer. Elsässers Schriften werden aktuell auch an einem Stand auf der Leipziger Buchmesse beworben.
Die Veranstaltung wird sogar auf der Website der Leipziger NPD beworben. Dies verwundert wenig, vertritt die Neonazi-Partei doch ebenfalls die Auffassung, der NSU sei vom Geheimdienst inszeniert worden, um die selbsternannte “Bewegung” verfolgen zu können.
Vor kurzem war bereits ein verschwörungstheoretischer Artikel Elsässers über den NSU für die kommende Ausgabe der Zeitschrift “Recht & Wahrheit” angekündigt worden. Diese Postille wird von dem nordrhein-westfälischem Neonazi Meinolf Schönborn herausgegeben, gegen den derzeit wegen Bildung einer bewaffneten Gruppe ermittelt wird.
“Das ist kein Zufall, sowohl Elsässer als auch seine Zeitschrift sind offen für die Themen der Rechten”, so Kesselbauer. Im Jahr 2006 hatte sich Elsässer, der zuvor in linken Bewegungen aktiv war, erstmals sichtbar der extremen Rechten zugewandt. Damals gab er einer neofaschistischen Zeitung aus Frankreich ein ausführliches Interview.
Wo der umstrittene Vortrag stattfinden wird, ist derzeit unklar. Das Leipziger Marriott-Hotel zog seine Zusage zurück, nachdem “Ladenschluss” Proteste angekündigt hat. “Die Veranstaltung soll stattfinden”, sagte ein Hotel-Sprecher gegenüber L-IZ.de. “Herr Elsässer möchte in Kürze einen Alternativort bekannt geben.” Mit den Verschwörungstheoretikern scheint das Hotel kein Problem zu haben. Ein für Freitag angekündigter Vortrag der Zeitschrift “Compact” soll wie geplant stattfinden.
Das Ladenschluss-Bündnis im Netz:
http://ladenschluss.blogsport.eu
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