Am Montag, 11. Februar, sah es noch geradezu müde aus in den Briefwahlurnen. Deutlich weniger Leipziger hatten schon ihre Stimmen abgegeben als zum 1. Wahlgang. Für einen kurzen Moment sah es so aus, als würde die zweite Runde der OBM-Wahl in völligem Desinteresse versacken. Doch ein wenig war es dann wie 2006. Da kamen die Briefwahlscheine auch fünf Tage vor der Wahl in großen Mengen zurück.

28.458 Wahlbriefe wurden zur OBM-Wahl 2013 ausgestellt, etwas mehr als 2006, was an der deutlich höheren Zahl der Wahlberechtigten liegt. Die wuchs nämlich seit 2006 kräftig an – von 407.503 auf 435.550. Das Wachstum der Stadt macht sich auch bei den Wahlen bemerkbar. Und sicher kann man sein: auch bei den Wahlergebnissen. Die jungen Familien, die vor allem wegen Ausbildung, Studium oder einem neuen Job nach Leipzig kamen, haben ein ganz spezielles Wunschpaket an die Stadt und ihre Infrastrukturen. Und sie äußern es auch seit einigen Jahren deutlich.

Und im Wahlkampf bei einigen Themen auch besonders deutlich. Denn der rasante Zuwachs der Stadt hat einige Probleme, die 2006 erst leise vor sich hin loderten, zu richtigen Brandthemen gemacht, die auch die Politik der nächsten Jahren bestimmen werden. Das bekommt natürlich der Leipziger OBM schneller und direkter zu spüren als die Landesregierung, die selbst bei der anstehenden Landtagswahl 2014 noch versucht, die alten Themen auszusitzen und die Veränderungen, die die starke Metropolisierung in Sachsen mit sich bringt, zu ignorieren.

Leipzig kann diese Themen nicht ignorieren. Und muss – das ist das Grunddilemma – aus mageren Etats die anstehenden Lösungen irgendwie auf die Reihe bringen. Etwa beim Thema Kita-Neubau: Es hat leider nicht funktioniert, die Sache dem “Markt” zu überlassen und darauf zu hoffen, die Freien Träger würden die Sache schon irgendwie deichseln und genügend Kindertagesstätten bauen. Sie sind in großen Teilen in den Mühen der Ebene stecken geblieben.
Stecken geblieben ist auch der Versuch, die absehbaren Probleme beim Schulhausbau mit Privaten zu lösen. Ein Private Public Partnership-Modell für ein ganzes Schulpaket kam nicht auf die Beine, auch im Stadtrat von einigen Fraktionen zu recht gebremst. Denn was man heute spart, kommt als Zukunftskosten auf die Stadt zurück. Keine Frage: Der Arbeit und der Sorgen werden es nicht weniger.

Das wissen auch die Wähler. Und das Wahlergebnis am 17. Februar wird auch ein Bild davon geben, wo sie die drängenden Probleme der Stadt sehen. Auch wenn zeitweilig in den Diskussionen das Stimmungsbild aufkam, die Programme der nun verbliebenen fünf Kandidaten ähnelten sich zu sehr, alle hätten ganz ähnliche Schwerpunkte gesetzt, hat sich dann doch im Einzelnen herausgeschält, dass sie eben doch in wichtigen Punkten und den favorisierten Lösungen – auch bei wichtigen Sekundärthemen – deutlich unterschiedliche Positionen beziehen. Das reicht von der Fluglärmproblematik über den Umgang mit Ordnung, Sicherheit, ÖPNV und Radverkehr bis hin zur Kulturszene, den Kulturbauten und der Beschaffungspolitik.

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Dass die Leser der L-IZ an die Kandidaten so viele Fragen stellten, hat ja seine Gründe: Alles hängt mit allem zusammen. Und den meisten ist durchaus bewusst, dass es nur komplexe Lösungen geben kann – keine Einzellösungen für einzelne Branchen oder Interessengruppen. Das braucht auch eine komplexe und nachhaltige Politik. Heißt aber auch: Wer immer am 17. Februar gewinnt, wird auch die Ergebnisse der Konkurrenz zur Kenntnis nehmen müssen, denn diese Ergebnisse stehen ebenfalls für nicht unberechtigte Erwartungen der Leipziger. Das Wahlbild ist ein Stimmungsbild und eine in Prozente gesetzte Liste der Forderungen – die die Leipziger auch dann haben, wenn sie nicht mit Plakaten vorm Neuen Rathaus stehen.

Und dass sie auch zum 2. Wahlgang gehen wollen – zumindest jene 40 Prozent, die gar nicht einsehen wollen, die Politik immer nur irgendwelchen unsichtbaren Kräften oder “den anderen” zu überlassen, zeigt seit Dienstag der rapide Anstieg der Zahl der wieder eingetrudelten Briefwahlscheine. Waren am Montag, 11. Februar, gerade 3.566 verschlossene Umschläge wieder eingetrudelt, schnellte die Zahl am Dienstag auf 14.928 und am Mittwoch auf 19.479. Die Briefwahlbeteiligung nähert sich also schon deutlich der Beteiligung bei der Briefwahl von 2006. Und sie liegt schon fast auf der Höhe der Briefwahlbeteiligung des 1. Wahlgangs. Da lagen am Ende 21.511 auszählbare Briefwahlzettel in den Urnen.

Weil noch zwei Tage Zeit sind, ist durchaus damit zu rechnen, dass diese Zahl beim zweiten Wahlgang sogar übertroffen wird.

Ob das Auswirkungen auf die gesamte Wahlbeteiligung hat, wird man ja sehen. Wenn das Wetter eine Rolle spielen sollte, dann hier schon mal die Vorausschau des Deutschen Wertterdienstes: Der prognostiziert in den nächsten Tagen ein Ende des Frostes und einen Anstieg der Tagestemperaturen auf 2 Grad plus. Ohne Schnee. Irgendwie war das ja am 27. Januar ganz ähnlich.

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