Ende 2012 war in der Unteren Wandelhalle des Neues Rathauses die Ausstellung "In guter Verfassung" des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) zu sehen - eine bunte, mit modernem Design aufgemotzte Schau, die den Sächsischen Verfassungsschutz als modernen Wahrer und Schützer der Demokratie aufzeigte. Peinlich deshalb vor allem, weil seit dem 4. November 2011 ein Patzer nach dem anderen bekannt wird. Aber wer hat die Schau bestellt, wollte die Linksfraktion wissen.

Das Ordnungsdezernat hat jetzt geantwortet. Und siehe da: “Die Präsentation der Ausstellung wurde im Auftrag des Kriminalpräventiven Rates von der AG Extremismusprävention organisiert”, teilt das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport mit. “Der Auftrag dazu wurde unter anderem im Rahmen eines Zielvereinbarungsverfahrens zwischen AG Extremismusprävention und Lenkungsgremium des Kriminalpräventiven Rates erteilt.”

Im Kriminalpräventiven Rat arbeiten Stadt, Landesdirektion und Polizeidirektion zusammen. Das Lenkungsgremium unter dem Vorsitz des Amtsleiters des Ordnungsamtes und des Leiters der Abteilung Polizeivollzugsdienst der PD Leipzig setzt sich aus den Arbeitsgruppenleitern, dem Pressesprecher der Sächsischen Bildungsagentur, dem Amtsleiter des AfJFB, dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Leipzig, der Seniorenbeauftragten und der Suchtbeauftragten zusammen.

Was ja noch nicht erklärt, warum das Neue Rathaus für einen Marketing-Gag des Verfassungsschutzes herhalten soll. Also fragten die Linken nach den Zielen, die man mit dem Zeigen der Ausstellung verfolgte.

Antwort des Ordnungsdezernats: “Die Ausstellung ‘In guter Verfassung’ sollte als Ausgangspunkt genutzt werden, um die Rolle des Verfassungsschutzes innerhalb politischer Bildung kritisch und kontrovers zu betrachten und zu diskutieren.”

“Grundsätzliches Anliegen der ExpertInnen in der Stadtverwaltung war es, die Ausstellung zu reflektieren. Diese kritische Reflektion wurde auch in der Einladung zur Podiumsdiskussion am 4.12.12 so formuliert.” Bei dieser Diskussion, an der der Sächsische Verfassungsschutzchef teilnahm, kam es dann zu heftigen Tumulten. Für die Linke-Stadträtin Juliane Nagel waren Ausstellung und Podiumsdiskussion nichts als ein Versuch, den Verfassungsschutz mitten in einer kritischen Diskussion reinzuwaschen.Nagel: “Wir brauchen in Leipzig und auch im Stadtrat eine kritische Diskussion über das Wirken des deutschen Geheimdienstes, nicht aber eine Agitationsveranstaltung für diesen. Weite Kreise der Gesellschaft hinterfragen derzeit die Funktion und Arbeitsweise des VS grundsätzlich. Insbesondere nach dem Zutage treten der Verstrickungen und dem Versagen des Verfassungsschutzes in Sachen Nationalsozialistischen Untergrund muss gefragt werden, ob der VS überhaupt seinem eigenen Anspruch des Schutzes der Verfassung nachkommt.”

Auch auf dieser Veranstaltung wurde die Forderung laut, die Ausstellung vorzeitig zu beenden. Aber das hatte man im Rathaus dann behandelt, wie man Dinge gern behandelt. Die Antwort des Ordnungsdezernates auf die Nachfrage der Linken: “Diese Forderungen wurde[n] im Lenkungsgremium des Kriminalpräventiven Rates am 13.12.2012 diskutiert. Die Ausstellung wurde nach Entscheidung des Lenkungsgremiums planmäßig am 19.12.2012 abgebaut. Für einen vorzeitigen Abbau der Ausstellung gab es aus Sicht des Lenkungsgremiums insbesondere nach dem Verlauf der Diskussionsveranstaltung am 4.12.12 keine argumentative Grundlage.”

Und dass in der Ausstellung “Zitate des Nationalsozialisten Joseph Goebbels, der NPD und des Conne Island Newsflyers als ‘extremistisch’ auf eine Stufe gestellt werden”, fand man auch nicht kritisch, distanziert sich aber so lala ein bisschen: “Die Bewertung, dass dies das inhaltliche Anliegen der Ausstellung ist, wird durch die Verwaltung nicht geteilt.”

Kann man natürlich zwischenfragen: Warum bestellt man dann so eine Ausstellung ins Neue Rathaus?

Letzte Frage der Linken: “Wie will die Verwaltung weiter mit den im Zusammenhang mit der Ausstellung Zutage getretenen kontroversen Auffassungen umgehen?”

Antwort der Verwaltung: “Die Verwaltung hält daran fest, auch zukünftig Plattformen anzubieten, in denen ein kritischer und demokratischer Austausch kontroverser Auffassungen möglich ist.”

Mal so formuliert: Da sitzt man die kritische Diskussion um eine nun wirklich schönfärberische Ausstellung einfach aus, tut so, als hätte eine kontroverse Diskussion tatsächlich stattgefunden – und will’s beim nächsten Mal wieder so machen? – Dazu fällt einem dann wirklich nichts mehr ein.

Der Kriminalpräventive Rat: www.leipzig.de/de/buerger/politik/beiraete/sicherheit/Kriminalpraeventiver-Rat-Organisation-Aufgaben-19219.shtml

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