Natürlich ist um 18 Uhr noch alles offen. Draußen vorm Neuen Rathaus, wo am Abend des 27. Januar wieder die Wahlergebnisse präsentiert werden, froren sich schon vor Beginn die Aktivisten des Leipziger APRIL-Netzwerkes die Ohren rot. Sie nutzten den Wahltag, um Unterschriften für ein neues Bürgerbegehren für eine Privatisierungsbremse in Leipzig zu sammeln.
Sie wollen, dass der Stadtrat künftig nur noch mit Zweidrittel-Mehrheit über den Verkauf Leipziger Kommunalunternehmen entscheiden kann. Sie hatten schon 2007 den Bürgerentscheid zum Verkaufsstopp der Kommunalunternehmen initiiert, der dann 2008 den Teilverkauf der Leipziger Stadtwerke verhinderte.
Das neue Bürgerbegehren wird also den neuen (oder alten) Amtsinhaber im OB-Zimmer beschäftigen. Wenn die Leipziger wieder so mitmachen wie 2008, erschwert es der Leipziger Stadtspitze künftig, die Etats mit Verkäufen von Kommunalunternehmen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Was immer nur kurzfristige Lösungen sind. Wirkliche Zukunft hat Kommunalpolitik auch in Sachsen nur, wenn die Haushalte nachhaltig ausgeglichen werden. Das zwingt auch zu mehr nachhaltigem Denken in der Stadtpolitik selbst.
18:00 Uhr: Um 18 Uhr schlossen die Wahllokale in Leipzig. Jetzt erst dürfen von den freiwilligen Helfern auch erst die Urnen mit den per Briefwahl abgegebenen Stimmen geöffnet werden. Sie werden wohl die ersten sein, die nach und nach ihre Ergebnisse melden und im Rathaus, wo Wahlleiterin Ruth Schmidt das ganze Prozedere erklärt, für erstes Raunen oder Stirnrunzeln sorgen werden. Ausgezählt werden wieder 70 Briefwahlbezirke und 353 Wahlbezirke. Man darf gespannt sein.
18:21 Uhr: Da sieht man, wie flott die Helfer sind. Die ersten Meldungen trudeln ein, die ersten 10 Wahlbezirke sind ausgezählt. Und Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) liegt mit 1.062 Stimmen erstmal vorn – vor dem von der CDU unterstützten Herausforderer Horst Wawrzynski mit 835 Stimmen. Wird es dieses Duell? – Barbara Höll (Die Linke) hat auch schon 453 Stimmen gesammelt. Und recht beachtlich schlagen sich auch Dirk Feiertag (parteilos) und Felix Ekardt (Grüne) mit 213 und 185 Stzimmen, Aber auch René Hobusch (FDP) hat schon ein paar Stimmen: 50 genau.
18:30 Uhr: So ein Wahlzettel mit nur sechs KandidatInnen ist natürlich schneller ausgewertet als einer mit x Parteien zur Bundestagswahl. Auch die ersten Wahlkreise melden ihre Zählergebnisse durch. Über 40 Ergebnisse liegen schon vor. Der erste Trend verstetigt sich erst einmal. Burkhard Jung hat die ersten 3.500 Stimmen gesammelt, Horst Wawrzynski folgt mit 2.600, dahinter Barbara Höll mit 1.600. Und Felix Ekardt und Dirk Feiertag zeigen mit über 600 Stimmen auch schon, dass das Stimmungsbild der Leipziger durchaus sehr differenziert ist.
18:35 Uhr: Fünf Minuten später wird der Trend immer sichtbarer – Burkhard Jung scheint allen davonzulaufen. Jetzt hat er schon 15.000 Stimmen, gefolgt von Horst Wawrzynski mit 10.000 Und Barbara Höll mit 6.000. Ist nur die Frage: Reicht es für den Spitzzenreiter für die absolute Mehrheit?
18:45 Uhr: Das Bild wird immer klarer. Die großen Auguren haben sich mal wieder als Kaffeesatzleser erwiesen. Nichts ist mit diesem seltsamen Befragungergebnis, das das Institut für Markforschung da vor Weihnachten zusammengefragt hat für die LVZ. Keine 50 Prozent für Burkhard Jung.
Er führt freilich stabil mit 39 Prozent. Horst Wawrzynski klebt freilich auch nicht bei den verkündeten 21 Prozent – sondern käme derzeit auf 27 Prozent. Und dahinter zeigt Barbara Höll, dass 17 Prozent der Leipziger ihr das Amt durchaus zutrauen. Felix Ekardt hat sich bei 9 Prozent eingependelt, Dirk Feiertag käme derzeit auf 6 Prozent, René Hobusch auf 1,7 Prozent.
18:50 Uhr: Wahlleiterin Ruth Schmidt hat noch einmal betont, dass sie auf eine Wahlbeteiligung über 40 Prozent hofft. Was deutlich mehr wäre als 2006 zur letzten Wahl. Aber im Grunde ist die Sache gelaufen. Nach Auszählung von 235 von 352 Wahlbezirken und 48 von 70 Briefwahlbezirken liegt Burkhard Jung mit über 42.000 Stimmen vorn. Was den Prozentwert von etwas über 39 Prozent nicht verändert. Das reicht zu einem Sieg – aber nicht zum endgültigen Entscheid. Dafür braucht es die absolute Mehrheit. Und während Horst Wawrzynski sich bei 27 Prozent etabliert hat, kommt Barbara Höll nun fast auf 18 Prozent. Felix Ekardt bekommt 9 Prozent, Dirk Feiertag etwas über 5.
19:00 Uhr: Es geht in die Zielgerade. 70 Prozent der Wahlbezirke sind ausgezählt. An der Reihenfolge wird sich jetzt nichts mehr ändern. Burkhard Jung ist der Sieger des Abends mit tapfer verteidigten 39,9 Prozent. Beim ersten Wahlgang 2006 kam er freilich auf 41,6 Prozent. Was ist anders diesmal? – Das Bewerberfeld ist bunter und einige Herausforderer haben sich richtig Mühe gegeben. Was auch den Herausforderer für die CDU, Horst Wawrzynski, Stimmen kostet im Vergleich zum Ergebnis von Uwe Albrecht 2006: Der kam damals auf 32,7 Prozent. Horst Wawrzynski steht jetzt bei 26,2 Prozent. Und die Linke-Kandidatin Barbara Höll bietet mit 17 Prozent noch Paroli. Felix Ekardt hat sich jetzt über die 9 Prozent gearbeitet, könnte sogar noch über 10 Prozent kommen. Denn traditionell werden viele innerstädtische Wahlbezirke erst recht spät fertig mit Auszählen. Das kommt in der Regel den Grünen noch im Ergebnis zugute. Dirk Feiertag steht bei 5,5 Prozent, René Hobusch nun abgeschlagen bei 1,5 Prozent.
19:05 Uhr: Die Kandidaten trudeln so langsam im Rathaus ein, wo es nun mehrfach zu diversen Technikausfällen kam. Barbara Höll zum jetzigen Ergebnisstand: “Ich freue mich, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist. Das Ergebnis ist eine klare Ansage der Leipziger, dass sie mit der Politik des OBM nicht zufrieden sind.”
19:10 Uhr: Dirk Feiertag, im Angesicht seiner derzeitigen 7 Prozent Wahlerfolg: “Wir haben nochmals 3 Prozent zugelegt und das trotz des kleinsten Wahlbudgets.” Feiertag ist mit seinem bisherigen Ergebnis sichtlich zufrieden.
19:15 Uhr: Burkhard Jung liegt mit fast 70.000 Stimmen vorn. So viele bekam er 2006 auch im zweiten Wahlgang nicht. Aber die höhere Wahlbeteiligung 2013 bedeutet eben auch, dass er damit das Rennen noch nicht gemacht hat. Horst Wawrzynski nähert sich mit seinen 43.000 Stimmen erst einmal dem Uwe-Albrecht-Ergebnis vom 5. Februar 2006. Was auch bedeutet: Die CDU kam zumindest an diesem Wahltag nicht gegen den Amtsinhaber an. Es wird also wirklich spannend, wer am 17. Februar wieder ins Rennen geht. Denn um einen zweiten Wahlgang kommen die Leipziger auch diesmal nicht herum. 2006 spitzte sich – weil Grüne und Linke nicht wieder antraten – alles auf das Duell Jung vs. Albrecht, SPD vs. CDU zu.
19:25 Uhr: Es ist fast alles ausgezählt. Überraschungen wird es nicht mehr geben. 342 von 353 Wahlbezirken, darunter 64 von 70 Briefwahlbezirken sind im Kasten. Eigentlich der Platz, all den fleißigen Helfern wieder zu danken, die für den reibungslosen Ablauf der Wahl gesorgt haben.
Barbara Höll auf unsere Frage, welche Ziele sie sich gesetzt hatte: “Jede Wahl ist eine andere Situation. Jetzt gegen den Amtsinhaber anzutreten ist natürlich schwerer, als bei einer Neuvergabe des Amtes. Sie sehen mich aber strahlen, wegen des bisherigen Ergebnisses.” Sie hat aktuell 26.000 Stimmen gesammelt, was 15 Prozent ergibt.
Dirk Feiertag möchte weiterhin Burkhard Jung als Oberbürgermeister ablösen. “Die anderen Parteien sollten sich überlegen, ob sie eine faire, transparente Politik wollen. Und damit weniger Show”, sagt er. Offenbar hofft Dirk Feiertag auf die Unterstützung der anderen Kandidaten, sollten sie zum zweiten Wahlgang nicht noch einmal antreten. “Absolut zufrieden bin ich mit den 7 Prozent aus dem Stand. Ich danke den vielen Vereinen und Unterstützern bis hier. Ich werde mich gern mit den anderen Kandidaten zusammensetzen, aber noch warten wir auf das vollständige Endergebnis.” 6,9 Prozent zeigt der Zählerstand aktuell.
Amtsinhaber Burkhard Jung hat zwar die 40 Prozent geschafft – aber 10 Prozent fehlen zum Durchmarsch. Es braucht den zweiten Wahlgang.
19:30 Uhr: René Hobusch zum Wahlergebnis seiner Kandidatur: “Vor drei Wochen waren wir noch bei 3 Prozent. Wir haben einen engagierten Wahlkampf geführt, sind viel auf der Straße gewesen. Es gab Gegenwind von der Bundespartei. Manche Leute werden sich gefragt haben, ob man die FDP überhaupt noch wählen kann.” 3.000 Stimmen hat der OB-Kandidat der FDP gesammelt – derzeit 1,8 Prozent.
Dirk Feiertag, im Angesicht seiner derzeitigen 7 Prozent Wahlerfolg: “Wir haben nochmals 3 Prozent zugelegt und das trotz des kleinsten Wahlbudgets.” Feiertag ist mit seinem bisherigen Ergebnis sichtlich zufrieden. Die 6,9 Prozent bedeuten imerhin 11.800 Leipziger, die Feiertag das Amt des OB zutrauen.
Felix Ekardt: “Wir freuen uns über das mit Abstand beste Wahlergebnis, dass die Grünen in Leipzig je bei einer OBM-Wahl erzielt haben. Wir haben eine glasklare, ehrliche Linie gefahren. Ob wir im zweiten Wahlgang antreten, werden wir in den nächsten Tagen beraten.”
Wo er Recht hat, hat er Recht. Michael Weichert holte 2006 im ersten Wahlgang 6 Prozent für die Grünen. Was damals 8.500 Stimmen bedeutete. Ekardt hat jetzt 16.700 stehen. Die Grünen haben sich in Leipzig zu einer wahrnehmbaren Kraft gemausert.
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