Am Ende - in der kurzen Phase zwischen Neujahr und dem Wahlvortag 26. Januar - wurde der Wahlkampf zur Leipziger OBM-Wahl 2013 noch einmal aufgeregt. Die Gemüter schäumten hoch. Nicht nur bei jenen Leuten, die glaubten, ihre Haltung mit Wasserbomben auf den CDU-Bewerber Horst Wawrzynski ausdrücken zu müssen. Entsprechend deutlich war auch die Diskussion danach.

So geht es wirklich nicht. Und das ist so für Wahlkämpfe in Leipzig seit 1990 auch nicht typisch gewesen.

Da niemand wirklich untersucht, wie sehr auch mediale Bilder dazu beitragen, wie politische Auseinandersetzungen wahrgenommen werden, ist natürlich auch die Frage berechtigt: Werden auch Wahlkämpfe in Deutschland wieder konfliktreicher? Zeigen sich ungelöste Konflikte im Sozialen künftig auch stärker in der politischen Auseinandersetzung?

Das muss hier offen bleiben. Es ist ein eigenes Untersuchungsgebiet.

Denn zur Wahl sind ja alle Leipziger Wahlberechtigten aufgerufen. Nicht nur die frustrierten. 434.200 Leipziger sind am heutigen 27. Januar wahlberechtigt, vor sieben Jahren waren es nur 406.891 gewesen. Was eigentlich schon das Wichtigste sagt über diese Stadt: Sie ist in diesen sieben Jahren kräftig gewachsen – und zwar stärker, als es alle Prognosen vorhergesagt hatten. Ein Wachstum, das Amtsinhaber Burkard Jung (SPD) auch gern als seinen Verdienst sieht.

Aber in erster Linie geht es auf eine echte Kontinentalverschiebung zurück. In der ganzen Bundesrepublik hat sich die Bevölkerungsbewegung massiv hin zu den Metropolen verschoben. Die EU, die schon in den 1990er Jahren begann, ihre Wirtschaftsförderung stärker auf Metropolregionen zu fokussieren, hat Recht gehabt. Sie war nur – bis heute nicht – konsequent genug. Sie verteilt die Fördergelder immer noch nach NUTS-Regionen. Das ist französisch und heißt “Nomenclature des unités territoriales statistiques”, zu deutsch “Systematik der Gebietseinheiten für die Statistik”. Was natürlich all die in ihren historisch verwalteten Regionen amtierenden Provinzregierungen immer wieder darin bestärkt, es ebenso zu halten und beim alten Gießkannenprinzip zu bleiben.

Statt die Wachstumskerne zu stärken, pumpt man weiterhin das Geld wahllos in die Breite. Was auch den ländlichen Regionen nicht hilft. Denn eines ist klar: Dadurch wird der Abwanderungstrend in die Metropolen nicht gestoppt. Wie denn auch?

Damit ländliche Räume attraktiver werden, brauchen sie völlig neue Netzstrukturen, die sie in die Modernisierungentwicklungen der Metropolen einbinden. Das könnte – wenn es denn so funktioniert – zum Beispiel das neue S-Bahn-Netz Mitteldeutschland werden, ausgedacht aber auch vor über 15 Jahren. Das sind wieder 15 Jahre, in denen versäumt wurde, auch alle anderen Netz-Verbindungen der Metropole mit ihrem Umland zu prüfen und dafür moderne Lösungen zu finden.
Natürlich liegt das als Aufgabe auch auf dem Tisch des neuen (oder alten) Leipziger OBM. Einfach nur immer auf die Notwendigkeit des Frachtflughafens Leipzig/Halle zu verweisen, ist zu wenig. Einiges, was passieren muss, deutet sich ja längst an. Auch die Luftfracht-Logistiker denken endlich wieder in Alternativen, beginnen die Kopplung von Luft- und Schienenfracht neu zu denken.

Ist natürlich die Frage: Wie viel Wirtschaftskompetenz bringen die Kandidatin und ihre fünf männlichen Konkurrenten ums OBM-Amt mit? Brauchen sie überhaupt welche? Macht nicht das Wirtschaftsdezernat diese Arbeit?

Fakt ist: Ohne Wirtschaftskompetenz ist ein Leipziger OBM aufgeschmissen. Wirtschaft ist längst ein Querschnittsthema. Die OBM-Kandidatenrunde auf Einladung der Wirtschaftskammern hat es eindrucksvoll gezeigt.

Trotzdem hielt sich noch bis zur letzten Woche so eine seltsame Stimmung in Leipzig, wurde der Kampf ums OBM-Amt nicht wirklich für spannend gehalten. Das schien kurzzeitig auch die Briefwahlbeteiligung so zu bestätigen. Doch in der letzten Woche ist das Ganze deutlich gekippt. Noch bis zum letzten Sonntag schien die Beteiligung an der Briefwahl eher mau auszufallen, deutlich magerer als 2006. Doch ab Montag gab es in der Statistik einen deutlichen Ruck. Da wurden augenscheinlich viele, die bis dahin noch zögerten, munter, beantragten ihre Briefwahlunterlagen und gaben ihre Wahlbriefe im Lauf der Woche ab.

So dass am Ende 23.775 Leipziger ihre Wahlbriefe beantragt haben – nur noch 406 weniger als 2006. Wieder ausgefüllt eingetrudelt in der Briefwahlstelle sind 21.579 Briefe, das sind 1.032 weniger als 2006. Was dann 5,0 Prozent der Wahlberechtigten sind. 2006 hatten 5,6 Prozent der Wahlberechtigten an der Briefwahl teilgenommen.

Wenn die Entwicklung bei der allgemeinen Wahlbeteiligung ähnlich verläuft, die 2006 im ersten Wahlgang bei 34,9 Prozent lag, ist auch heute mit einer Wahlbeteiligung in dieser Größenordnung zu rechnen. 2006 führte nach diesem ersten Wahlgang Burkhard Jung übrigens mit 41,6 Prozent der Stimmen vor dem CDU-Kandidaten Uwe Albrecht mit 32,7 Prozent. Da keiner der Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen gewann, wurde dann der zweite Wahlgang am 26. Februar 2006 notwendig, bei dem Burkhard Jung dann die meisten Stimmen erhielt. Falls es am heutigen Tag ein ähnliches Ergebnis gibt, wird am 17. Februar ein zweites Mal gewählt.

Für Unentschlossene in letzter Sekunde- Zum OBM-Kandidatenforum auf der L-IZ.de
www.l-iz.de/OBM-Wahl

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