Was ist eigentlich "politische Verantwortung"? Eine Wortzusammenstellung, welche manchem zunehmend seltsam vorkommt angesichts eingeleiteter Prozesse durch die Politik und bei Fehlungen und Irrungen der oft genug unbeantwotreten Frage, wo die Verantwortung derer bleibt, die beschlossen, vorangetrieben, initiiert haben? Wie stehen die Leipziger OBM-Kandidaten zu diesen Fragen im kommunalen Zusammenhang?
Stellen Sie sich vor, Sie werden zum/zur nächsten Leipziger Oberbürgermeister/-in gewählt. Was verstehen Sie persönlich unter “politische Verantwortung übernehmen”?
Verantwortung übernehmen, das heißt auch die Interessen von anderen zu vertreten, wenn diese nicht den eigenen entsprechen. Das macht auch den Unterschied zur Solidarität aus, die auf einer gemeinsamen Interessenlage fußt. Beides, verantwortliches und solidarisches Handeln, setzt eine politische Haltung voraus. Auch der private, also der nicht-öffentliche Gebrauch von Verantwortung und Solidarität ist politisch.
Wie wollen Sie persönlich im Amt ihrer “politischen Verantwortung” gerecht werden?
Wenn ich Leipziger OberBÜRGERmeister werden sollte, will ich dafür Sorge tragen, dass bei so vielen Entscheidungen wie möglich der direkte Bürgerwille gefragt ist. Dabei trage ich selbstverständlich die Verantwortung dafür, dass zu drängenden Fragen Entscheidungen getroffen werden und nicht versucht wird, Probleme durch Aussitzen und Weglächeln zu lösen. In der ständigen Rückkoppelung mit der Bürgerschaft sehe ich deshalb die beste Gewähr, meiner Verantwortung gerecht werden zu können.
Wann glauben Sie, werden Oberbürgermeister, Beigeordnete und Stadtrat ihrer “politischen Verantwortung” gerecht?
Wenn sie das Verwaltungshandeln entlang der Leitplanken des Rechts ausrichten, transparent und nachvollziehbar arbeiten und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger auch vertreten. Wenn sie gleichzeitig einen Weg beschreiben und eine Richtung vermitteln, die langfristig tragbar ist. Dabei ist niemand vor dem Scheitern sicher. Eine Entscheidung, die auf der Basis aller vorliegenden Informationen und in Absprache mit allen Betroffenen getroffen wurde, kann sich immer noch nachträglich als falsch erweisen.
Aber es war dann unter den gegebenen Umständen die beste mögliche Entscheidung. Fehler können passieren. Um daraus zu lernen, muss man diese aber aufarbeiten. Niemandem außer der eigenen Eitelkeit ist gedient, wenn eine Aufklärung behindert wird. Meist führt das erst zu dem entsprechenden Vertrauensverlust, den man dann auch ernstnehmen und zurücktreten sollte.
An welchen Kriterien machen Sie fest, dass “politische Verantwortung” nicht übernommen wurde?
Vor allem an der Politikverdrossenheit der Menschen, die zu großen Teilen eine Parteiverdrossenheit ist. Und an den langjährigen Mandatskarrieren, die teilweise in krassem Gegensatz zu den politischen Leistungen stehen.
Können Sie Beispiele in der Leipziger Kommunalpolitik seit 1990 nennen, in denen “politische Verantwortung” nicht übernommen wurde?
In der bestehenden Verwaltung wurde an verschiedenen Stellen wiederholt keine politische Verantwortung übernommen, stattdessen wurden Fehlentscheidungen immer wieder den untergeordneten Stellen zugeschoben. In jüngster Zeit im Zusammenhang mit den herrenlosen Häusern, den Querelen um das Jugendamt oder dem akuten Mangel an Kita-Plätzen beispielsweise. Einige Vertreter halten sich dank Parteibuch schon seit Anfang der 90er Jahre im Rathaus in Amt und Würden, obwohl sie nicht mehr über ausreichend Vertrauen in der Leipziger Bürgerschaft verfügen.
Es fehlt eben an richtungsweisenden Visionen, die die Leipziger/-innen und Leipziger mitnehmen auf einen Weg der gemeinsamen politischen Gestaltung. Das halte ich für das wesentlichste Versäumnis, für das alle im Rathaus gerade stehen müssen.
Welche Konsequenzen würden Sie persönlich ziehen, wenn Sie als Oberbürgermeister/-in ihrer “politischen Verantwortung” nicht gerecht werden würden?
Sollte dieser Fall eintreten, werde ich mein Amt zur Verfügung stellen.
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