Letztlich hängen wohl diese drei Themengebiete eng zusammen. Ein verschuldete Stadt Leipzig, die immer wieder Probleme hat die Pflichtaufgaben einer Halbmillionen-City zu erfüllen, ein Arbeitsmarkt, welcher in den vergangenen Jahren zunehmend von Billiglöhnen und Leiharbeit geprägt war und die Unzufriedenheit mit dem Status Quo. Fragen zu Arbeitslosenquoten in Leipzig, Polizeieinsätzen in Connewitz und ein Dauerbrenner bei den vierbeinigen Freunden des Menschen.
Wie beurteilen Sie die Entschuldungskonzeption der Stadt Leipzig der letzten Jahre? Werden Sie diese fortführen?
Ich werde zuerst die städtischen Pflichtaufgaben erfüllen. Denn eine Stadt ohne Schulden ist nichts wert, wenn ihr die Einwohner/-innen davonlaufen, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen. Dann zehrt Leipzig seit Jahren an seiner Substanz, der Investitionsstau wird auf viele hundert Millionen Euro geschätzt. Die Milchmädchenrechnung wird also nicht mehr lange aufgehen, dass Geld “gespart” wird, weil dringend nötige Investitionen für den Erhalt der Infrastruktur aufgeschoben werden. Am Ende werden die Straßen, Schienen, Turnhallen etc. eben doch neu gemacht werden müssen und dann erheblich mehr Kosten verursachen, als wären sie vorher vernünftig gewartet worden. Das beste Beispiel dafür sind die vielen verwahrlosten Schulgebäude, die vor zehn Jahren geschlossen und sich selbst überlassen wurden und nun teuer wieder saniert werden müssen.
Eine Einsparungspolitik zu betreiben, ist schließlich etwas anderes, als sparsam zu wirtschaften, das wird mir jede/r Unternehmer/-in bestätigen können. Die Optimierung der Mittelverwendung sollte daher im Vordergrund stehen, dann gibt es auch Aussicht, dass mittelfristig im Haushalt wieder größere Spielräume entstehen.
Wie schätzen Sie Leipzigs wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre in Anbetracht der Halbierung der Arbeitslosenquote ein?
Das stimmt leider nicht ganz, denn diese Statistik ist arg geschönt. Viele Arbeitsuchende werden leider immer noch in unsinnige Qualifizierungsmaßnahmen gezwungen, die niemandem nutzen, abgesehen von den Firmen, die diese Qualifizierungsmaßnahmen anbieten.
Das senkt zwar die Quote, ändert aber faktisch nichts. Auch hat diese Form der Sozialpolitik bundesweit mit dazu beigetragen, dass viele Arbeitsuchende in geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse eingetreten sind, die vorher zumeist tariflich oder zumindest sozialversicherungspflichtig entlohnt wurden. Den Unternehmen wurde es viel zu einfach gemacht, die Löhne zu drücken und damit der breiten Vermögensverteilung entgegen zu wirken. Dem allgemeinen Wohlstandsniveau und der Armutsbekämpfung hat man damit einen Bärendienst erwiesen. Nicht zu Letzt ist dafür auch die SPD verantwortlich zu machen.
Wann können Kinder wieder unbehelligt im Park zusammen spielen und laufen lernen, ohne alle Meter in Haufen zu treten? Was können Sie für die überforderten Hundebesitzer tun, die in jede Ecke oder an jeden Busch ein Kottütchen hängen oder komplett verweigern?
Zum Hundekot: Rücksichtslose Hundebesitzer sind ebenso wie andere rücksichtslose Mitbürger/-innen ein Ärgernis. Ich zähle aber darauf, dass bei den meisten durch freundliche Hinweise viel erreicht werden kann. Das muss gar nicht durch städtische Mitarbeiter erfolgen, auch bürgerschaftliches Engagement ist hier hilfreich.
Die Zivilcourage zu stärken ist deshalb auch ein Anliegen von mir. Außerdem sollten wir prüfen, inwieweit wir noch mehr öffentliche Papierkörbe zur Verfügung stellen können. Eine solche Maßnahme wäre einfach umzusetzen, würde nicht viel kosten und hätte auch sonst positive Nebeneffekte.
Der normalen Bevölkerung ist nicht zu vermitteln, wieso es in der Stadt Leipzig bei “Veranstaltungen”, hier gemeint Randale in Connewitz ständig zu Sachbeschädigungen und Übergriffe auf Polizeibeamte kommt und dass die Politik (auch der jetzige OBM!) nicht entschieden dagegen vorgeht. Man hat als Leipziger Bürger ein absolutes Ohnmachtsgefühl bei diesen ständigen Auswüchsen.
Was wollen Sie gegen die jährlichen und ständigen Randale (31.12., 01.05. und bei jeder sich bietenden Gelegenheit! (siehe Vorwochen)) von Linksextremisten am Connewitzer Kreuz unternehmen?
Was verstehen Sie denn unter “normaler Bevölkerung”? Ich glaube, der überwiegende Teil der Leipziger Bürgerinnen und Bürger ist sehr wohl in der Lage, zwischen einfacher Sachbeschädigung und Veranstaltungen, die vor gewalttätigen Übergriffen geschützt werden müssen, zu unterscheiden. Von “ständiger Randale” habe ich in den letzten Jahren jedenfalls nichts mitbekommen. Wenn Sie die Anwohner/-innen selbst fragen, werden die Ihnen bestätigen, dass der Trend gerade in Connewitz stark rückläufig ist.
Außerdem: Ohnmachtsgefühle entstehen nicht nur durch wiederholte Sachbeschädigungen, sondern sind oft auch der Auslöser für eben diese Sachbeschädigungen. In Connewitz liegt die Zahl da nicht signifikant höher als in den meisten anderen Stadtteilen. Die Ursachen sind also nicht bei einer politischen Szene oder einem Milieu sondern allgemein bei den sozialpolitischen Rahmenbedingungen zu suchen. Den Respekt für das Eigentum anderer erwirbt man am ehesten, wenn man selbst etwas sein Eigen nennt. Ich sehe deshalb in der Armutsbekämpfung einen Schlüsselfaktor, um die Zahl der Sachbeschädigungen im gesamten Stadtgebiet deutlich zu senken.
Da polizeiliche Maßnahmen ansonsten in den Bereich des Sächsischen Innenministeriums fallen, bleibt mir als künftigem OBM nur eine sinnvolle Handlungsoption: Den Dialog befördern und damit deeskalierend wirken. Ich werde mich um ein professionelles Verhältnis zum Leipziger Polizeichef Herrn Merbitz bemühen und vor angekündigten Veranstaltungen ein Konzept mit den Anmelder/-innen vereinbaren, das den unterschiedlichen Interessenlagen gerecht wird. Wenn Demonstrationen angemeldet werden – und das ist nicht nur das Recht sondern auch die Aufgabe einer politisch engagierten Bürgerschaft – dann ist die Versammlungsfreiheit durchzusetzen.
Die Anmelder/-innen einer Demonstration haben das Recht, gehört und gesehen zu werden, so schreibt es die Verfassung vor. Andererseits hat der politisch uninteressierte Teil der Bevölkerung auch das Recht, davon nicht in unzumutbarem Maße beeinträchtigt zu werden. Bei der Abwägung beider Güter sollte die Polizei jedenfalls nicht allein gelassen werden.
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