Aktuell arbeitet die Stadt Leipzig an einen neuen Gesamtkonzept zur Integration der Migrantinnen und Migranten in Leipzig. Dazu gehört nicht nur ihre Unterbringung. Dazu gehört auch ihre Integration. Oder sollte man doch besser gleichberechtigte Teilhabe sagen? - So sieht es jetzt auch der Migrantenbeirat. Seine Mitglieder finden: Politische Teilhabe muss legitimiert sein.

Deswegen haben sie am 15. November den Antrag gestellt, im derzeit diskutierten Gesamtkonzept das “Handlungsfeld 7 – Politische Teilhabe um eine elfte Maßnahme (11) zu ergänzen. Wortwörtlich:

“(11) ‘Die Stadt Leipzig prüft, ob und wie die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden können, um die 16 Mitglieder des Migrantenbeirates, welche nicht von Fraktionen des Stadtrates entsandt worden sind, von allen Migrant/-innen und Ausländer/-innen, die seit mindestens 6 Monaten ihren Hauptwohnsitz in Leipzig haben, parallel zur Kommunalwahl wählen zu lassen. Für die Durchführung der Wahl und die vorgeschaltete Informationskampagne werden finanzielle Mittel eingestellt.”

Der Migrantenbeirat wurde 2009 ins Leben gerufen. E besteht aus jeweils sechs Abgeordneten aus den Fraktionen des Stadtrates und aus 16 Vertretern unterschiedlicher Nationalitäten in Leipzig. Sie wurden bislang in das Gremium berufen, das in erster Linie beratende und empfehlende Funktion hat. Was einerseits die Fachkompetenz sichert – denn das federführende Referat für Migration und Integration kann sich bei der Berufung von Beiratsmitgliedern auf die eigenen Netzwerke verlassen. Die meisten Beiratsmitglieder sind schon seit Jahren in Leipziger Integrationsprojekten aktiv.

Aber gerade die Diskussion um das neue Unterbringungskonzept für Asylsuchende hat auch gezeigt, dass gerade dann, wenn politische Entscheidungen anstehen, zwar allerlei berufene und unberufene Leute über Asylpolitik und Migration reden – die eigentlichen Akteure aber keine Stimme haben. Auch der Migrantenbeirat wird nicht als politische Stimme wahrgenommen, obwohl er – theoretisch – über 44.000 Leipziger (Einwohner mit Migrationshintergrund) vertritt.

Er könnte durchaus ein stärkeres Gewicht in der Leipziger Politik bekommen, findet der aktuelle Migrantenbeirat. berufen kann er sich auch auf das selbsterklärte Ziel, “gleiche Möglichkeiten der Beteiligung in allen Bereichen der Stadtgesellschaft” zu schaffen. Und gleiche Möglichkeiten heißt ja wohl auch barrierelose politische Teilhabe.
Im Antrag heißt es dazu: “Mit dieser Änderung soll das Ziel verfolgt werden, die Legitimität des Migrantenbeirats durch eine demokratische und direkte Wahl der Vertreter in den Migrantenbeirat durch Einbeziehung der betroffenen Bevölkerungsgruppen zu stärken. Eine Wahl des Migrantenbeirats durch die Migranten selbst würde die Akzeptanz dieses Gremiums erhöhen und damit seinen direkten Bezug zu den Wählern. Die Antragsteller stützen sich dabei auf die Erfahrungen bereits bestehender Ausländerbeiräte in Dresden und anderen sächsischen Städten, die auf dieser Grundlage gebildet wurden.”

Eine Begründung gegen eine Wahl des Migrantenbeirats durch die betroffene Bevölkerungsgruppe lautet immer wieder, die Sächsische Gemeindeordnung sehe eine solche Wahl nicht vor. “Das ist richtig, aber sie schließt eine solche auch nicht aus”, stellen die Antragsteller fest. So gesehen hängt Leipzig sogar hinter der sächsischen Entwicklung hinterher. Die Stadt Dresden hat schon 2003 eine Wahlordnung für die Mitglieder des damaligen Ausländerbeirates erlassen.

Der dazu gehörende Auszug der Wahlordnung der Stadt Dresden (in der Neufassung der Wahlordnung zur Wahl der ausländischen Kandidatinnen / Kandidaten des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt Dresden vom 25. September 2003):

“Auf Grund des § 3 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden für den Ausländerbeirat hat der Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden in seiner Sitzung am 25. September 2003 die Neufassung der Wahlordnung zur Wahl der ausländischen Kandidatinnen/Kandidaten des Ausländerbeirates der Landeshauptstadt Dresden beschlossen.

§1 Wahlgrundsätze

Die ausländischen Kandidatinnen/Kandidaten für den Ausländerbeirat gemäß § 3 Abs. 2 der Satzung der Landeshauptstadt Dresden für den Ausländerbeirat werden von den Wahlberechtigten in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

§2 Aktives Wahlrecht

(1) Wahlberechtigt ist jede Ausländerin/jeder Ausländer, die/der am Tag zur Wahl der ausländischen Kandidatinnen/Kandidaten für den Ausländerbeirat mindestens seit drei Monaten ihren/seinen Hauptwohnsitz in Dresden hat, sich in Deutschland rechtmäßig (auch mit Aufenthaltsgestattung) oder mit Duldung aufhält und das 18. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Nicht wahlberechtigt ist, 1. wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt, 2. für wen zur Besorgung aller ihrer/seiner Angelegenheiten eine/ein Betreuerin/Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis der Betreuerin/des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst.

§3 Passives Wahlrecht

(1) Wählbar ist jede Person, die im Sinne von § 2 wahlberechtigt ist und sich seit mindestens einem Jahr rechtmäßig in Deutschland aufhält.
(2) Weiter ist wählbar, wer eingebürgert ist.
(3) Nicht wählbar ist, wer einer in der Bundesrepublik Deutschland verbotenen Vereinigung angehört oder sie unterstützt.

§4 Wahlorgane

Wahlorgane sind 1. die Wahlleiterin/der Wahlleiter, 2. der Wahlausschuss, 3. die Wahlvorstände.”

Der Migrantenbeirat der Stadt Leipzig:
www.leipzig.de/de/buerger/politik/beiraete/migranten/index.shtml

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