Die Debatte um die neue Unterbringung von Asylbewerbern, die noch im Frühjahr die Gemüter erhitzte, ist abgeflaut. Heute wird nicht mehr diskutiert über das ob und warum. Es geht um die zusätzlichen Kosten. Rund 500.000 Euro werden es ab 2013 sein, die Asylbewerbern in Leipzig ein menschlicheres Unterkommen gewährleisten. Zwei kleine Posten fallen schon 2012 an.

“Ausführungsbeschluss zur Betreibung und sozialen Betreuung in den Unterkünften für gemeinschaftliches Wohnen von Asylbewerber/-innen und Flüchtlingen” heißt die dazu notwendige Vorlage der Stadtverwaltung.

“Nach der bundesgesetzlichen Regelung des § 53 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) und den hierzu ergangenen landesrechtlichen Vorschriften des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes (SächsFlüAG) ist die Stadt Leipzig verpflichtet, Asylbewerber/-innen aufzunehmen und ausreichende Kapazitäten für ihre Unterbringung vorzuhalten”, begründet die Verwaltung ihre Vorlage. Sie beruht auf dem im Juli 2012 vom Stadtrat beschlossenen Konzept “Wohnen für Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Leipzig”.

Die Betreibung und soziale Betreuung in den vom Stadtrat beschlossenen Objekten wird durch externe Partner realisiert. Die Eigenbewirtschaftung hat die Stadt als weniger wirtschaftlich eingeschätzt.

2012 wird diese Betreuung schon in den Objekten Eythstraße 17 (27.800 Euro) und Riebeckstraße 63 (47.000 Euro) notwendig. Die Gelder dafür müssen außerplanmäßig bereitgestellt werden. Die 2013 notwendigen Mittel für die Betreibung und soziale Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften in Höhe von 526.600 Euro wurden in der Haushaltsplanung 2013 schon berücksichtigt.

2014 müssen dann 902.700 Euro eingeplant werden.
18 Uhr. Die Ratsversammlung bestätigt auch die Verwaltungsvorlage “Hilfen für Asylbewerber aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 zur Höhe der Geldleistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)”. Diese sieht noch in diesem Jahr überplanmäßige Aufwendungen in Höhe von 548.300 Euro vor. Schon im Sommer hatte die Verwaltung angekündigt, dass sie den Gerichtsbeschluss umgehend umsetzen werde. Nur die nötigen Gelder musste der Stadtrat jetzt noch genehmigen.

Danach kommt es erstmals zum Kräftemessen und zur Klärung der Frage: Wie ernst meinen es Verwaltung und Stadtrat eigentlich mit der “autoarmen Innenstadt”? – Die Verwaltung nicht wirklich ernst. Sie hatte einfach die im Januar auf Eis gelegte Vorlage zur Schaffung von VIP-Parkplätzen für das Steigenberger Grandhotel im Salzgässchen wieder aus der Versenkung geholt. Ohne jegliche Änderung. Und beinah geht das Stechen aus wie die eben so forsch vertagte Entscheidung über die Stadtbezirksbeiräte.

Sichtbar wird, dass sich in den letzten Jahren in den Gewichten des Stadtrates etwas verschoben hat. Es gibt keine erwartbaren Mehrheiten mehr. Entscheidungen fallen immer knapper aus. Die “großen Fraktionen” machen die politischen Entscheidungen nicht mehr allein unter sich aus. Immer öfter sind die kleinen Fraktionen oder sogar einzelne Stadträte das Zünglein an der Waage.

Es ist 18:30 Uhr und die Verwaltung bekommt für ihre Vorlage nur 30 Stimmen. Diesmal reicht das nicht, denn 31 Stadträte stimmen dagegen, eine Enthaltung wird gezählt. Ein klares Zeichen: Man kann nicht einfach immer nur stur weitermachen und so tun, als sei der Protest gegen eine Verwaltungsvorlage unbegründet und nur von einer Minderheit getragen. Manche Fraktionen nehmen mittlerweile den Unmut der Leipziger auch in Sachen Investorenfreundlichkeit, wie das so schön heißt, auf, und stimmen gegen die Geschenkepolitik. Auch in diesem Fall hatte der Stadtbezirksbeirat im Vorfeld signalisiert: Das verstößt gegen alle gefassten Beschlüsse zur Innenstadt – so geht das nicht.

Neben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte auch die Fraktion Die Linke die Verwaltungsvorlage “Einziehungsverfahren nach § 8 des Sächsischen Straßengesetzes PKW-Stellplatz Salzgässchen” geschlossen ab. Auch drei SPD-Stadträte stimmten gegen die Vorlage. Auch sie sahen die von der Verwaltung vorgebrachten “überwiegenden Gründe öffentlichen Wohls” nicht.

Nach einer ganzen Reihe von Baubeschlüssen folgt eine Entscheidung, die ein wichtiger Baustein in der Leipziger Energiewende ist: der Bebauungsbeschluss für den “Solarpark-Leipzig Nord”. Das Vorhaben umfasst eine ca. 8,2 ha große Freiflächen-Photovoltaikanlage, an der schon seit Jahren geplant wird. Was noch fehlte, war die Absicherung der Nutzungsart durch die Stadt. Indem der Stadtrat kurz nach 18:30 Uhr dafür stimmte, kann das Projekt – nach der üblichen Bürgerbeteiligung – in Angriff genommen werden.

Kaum eine Viertelstunde später ist ein weiteres “heißes Eisen” dran: Wie geht Leipzig nun mit dem so unbefriedigend verlaufenen Wettbewerb um das Freiheits- und Einheitsdenkmal um?

Zwei Parteien hatten daraus noch im Sommer eine Steilvorlage für ihren Wahlkampf gemacht: Die Linke und die CDU. Die Linke wollte generell einen Bürgerentscheid zum Wettbewerb, die CDU zog nach mit dem Antrag zu einer “Bürgerbefragung im Rahmen der OBM-Wahl 2013”. Sie wollte möglichst alle Leipziger zu den drei am Ende mit Preisen dekorierten Entwürfen befragen lassen. Doch ein kleiner Paukenschlag: Ihr Ergänzungsantrag zur Informationsvorlage der Stadtverwaltung wird von der Fraktion heute zurückgezogen.

Die Informationsvorlage der Verwaltung ist wirklich nur zur Information gedacht. Sie bündelt die Ergebnisse des Wettbewerbs und die Ergebnisse der Bürgerbeteiligungen. Normalerweise ist das Prozedere jetzt so, dass alle drei Wettbewerbssieger ihre Entwürfe noch einmal überarbeiten können mit den Einwändungen aus der Online-Beteiligung und den Ausstellungskommentaren. OBM Burkhard Jung verhandelt mit allen über die Umsetzung der Entwürfe und die Rahmenbedingungen.

Jetzt ist noch offen, was aus dem Linke-Antrag für einen Bürgerentscheid gekoppelt mit der OBM-Wahl am 27. Januar wird. Er wurde erst einmal in die Ausschüsse zurück verwiesen.

Die CDU-Fraktion zieht ihren Ergänzungsantrag zurück. Sie hatte sich zwar vorgestellt, mit der Befragung mehr Akzeptanz bei den Leipzigern für den möglichen Siegerentwurf zu schaffen, doch das Anliegen hatte sich nicht wirklich festgelegt – soll es nun ein echter Bürgerentscheid sein oder eine Einwohnerbefragung?

So geht’s also nicht.

Kommentarlos noch durchgewunken unter anderem der Halbjahresbericht zur Zielerreichung des Jobcenters Leipzig im Jahr 2012. Sind die Stadträte schon müde oder wollen sie wirklich noch das Sandmännchen sehen? 19 Uhr ist die Sitzung zu Ende.

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