Seit ein paar Wochen hat sich - nicht ganz unerwartet - die Diskussion um die verfügbaren Kindertagesstätten-Plätze in Leipzig zugespitzt. Das Thema ist schon seit Jahren brisant. Doch erstmals scheinen die Plätze schon ein ganzes Jahr im Vorhinaus ausgebucht zu sein. Sozialbürgermeister Thomas Fabian nennt heute erstmals konkrete Zahlen. Noch zum Auftakt der Ratsversammlung hat der OBM-Kandidat der Grünen von außen her Druck gemacht und eine tatsächliche Bedarfsanalyse für den Ausbau von Krippen- und Kita-Plätzen in Leipzig gefordert.
“Dass die Stadt Leipzig ein massives Problem beim Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter 3 Jahren hat, sollte inzwischen jedem klar sein. Reale Zahlen liegen aber bis heute nicht auf dem Tisch, was eine Planung und den Ausbau erschwert”, erklärte Felix Ekardt, OBM Kandidat der Grünen. “Die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat schon vor geraumer Zeit einen entsprechenden Antrag vorgelegt, die Durchführung einer Bedarfsanalyse nach der Geburt wurde aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Und jetzt steht die Stadt wieder vor dem Problem. Das ist ein Skandal sondergleichen: es fehlt in der Stadtverwaltung an Konzepten, an Motivation Probleme anzugehen und den Tatsachen ins Gesicht zu schauen. Stattdessen wird der qualifizierte und quantitative Ausbau von Betreuungsplätzen seit Jahren verschleppt – bis es nicht mehr geht. Die Stadt verfährt nach dem Vogel Strauss-Prinzip: Kopf in den Sand.”
Seine Forderung: “Die Stadtverwaltung und Entscheidungsträger müssen sich jetzt zusammensetzen und anfangen den Ausbau von Krippenplätzen voranzutreiben, aber auch den drohenden Mangel an Erzieher/innen abzuwenden. Sie stehen in der Verantwortung. Es ist höchste Zeit.”
Das relativierte sich dann zum Auftakt der Ratsversammlung ein wenig. Sozialbürgermeister Thomas Fabian betonte, dass es keine Klagen gegen die Stadt Leipzig auf Bereitstellung eines Kita-Platzes gebe. Freilich ist das Problem nicht aus der Welt zu diskutieren: Auf den Wartelisten stehen derzeit 441 Kinder unter 3 Jahren und 265 Kinder ab 3 Jahren. Und da die Geburtenrate 2012 mindestens genauso hoch ist wie 2011, wird sich diese Zahl im Lauf der nächsten Monate weiter erhöhen.
Nur sollte der Appell zum schleunigsten Ausbau der Kita-Einrichtungen auch an die Landesregierung in Dresden gesendet werden, die Leipzig – wissend um die gestiegenen Geburtenzahlen – bei Fördermitteln zum Ausbau trotzdem knapp hält.
Man vergisst so leicht, wie eng verzahnt Kommunal- und Landespolitik in Sachsen ist und wie viele Entscheidungen tatsächlich auf Abteilungsleiterebene in Dresden gefällt werden. Freilich, seinerzeit 2002/2003 auf oberster Ebene wurde die Entscheidung zur Gründung der Sachsen-Finanzgruppe gefällt. Die dann – man erinnert sich – von den Bürgern bei einem Bürgerentscheid mehrheitlich abgelehnt wurde.
Die sächsische Regierung drückte das Projekt trotzdem durch, denn sie brauchte den Finanzverbund, um mit ihrer Landesbank auf den großen Märkten mitspielen zu können. Sie machte einfach ein neues Gesetz, die Sachsen-Finanzgruppe wurde aus dem Boden gestampft, die Sachsen LB ging auf großen Fischfang und dann wegen falscher Ladung praktisch unter. Die Sachsen zahlen für dieses Abenteuer schlappe 2,75 Milliarden Euro (das Doppelte eines kompletten Leipziger Haushalts). Die Regierung hat sich aus dem Finanzverbund längst verabschiedet. Jetzt blieb es den kommunalen Eigentümern überlassen, herauszufinden, ob der Verbund für sie irgendeinen Sinn macht.
Die Stadt Leipzig und der Landkreis Leipzig als Verbandsmitglieder des Sparkassenzweckverbandes für die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig sowie der Landkreis Nordsachsen wollen nun gemeinsam aus der Sachsen-Finanzgruppe ausscheiden, zu deren Anteilseignern sie bis heute gehören. Der Leipziger Stadtrat hat heute mit großer Mehrheit den Weg für den Austritt frei gemacht.
Für die Sachsen LB werden freilich auch die Leipziger fröhlich weiter zahlen. Abgestottert von den garantierten 2,75 Milliarden sind seit September 429 Millionen.
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