Zur Politik gehört auch immer ein bisschen Understatement. Nur in Wahlkampfzeiten wird das oft vergessen. Da wird dann oft drauflosgeschossen, was das Zeug hält. Das führt dann zuweilen noch mitten im Beschuss zu Schaden. Diesmal bei den Leipziger Linken: Ganz offiziell distanzieren sich die beiden Linke-Bürgermeister von einer Verlautbarung des Linke-Stadtverbandes.

Die hatten am 13. September die OB-Kandidatin der Linken, Barbara Höll, der Kreisverbandsvorsitzende Volker Külow und der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann herausgegeben. Eigentlich ging es dabei nur um das Abstimmungsergebnis zum Grünen-Antrag auf die Abwahl von Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller, zu der die Hälfte der Stadträte ihre Unterstützung geben müssen, sonst kommt sie gar nicht erst in Gang. Für die Grünen ist es der zuständige Verwaltungsbürgermeister, der die Konsequenzen für den seit Langem schwelenden Skandal um die so genannten “Herrenlosen Häuser” ziehen muss.

Die Linken haben sich nun nach ihrer Mitteilung in einer gemeinsamen Sitzung am Mittwoch, 12. September, an der auch die beiden Bürgermeister der Linken Heiko Rosenthal und Michael Faber teilnahmen, “über das von den Grünen beantragte Abwahlverfahren gegen Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller beraten. Nach einer sehr sachlich geführten Debatte und sorgfältiger Abwägung aller Gesichtspunkte verständigten sich die Sitzungsteilnehmer und -teilnehmerinnen darauf, das Abwahlverfahren zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu unterstützen.”

Das nennt man denn ein Hintertürchen. Sollte durch die anderen Fraktionen im Stadtrat eine Mehrheit für das Abwahlverfahren zustande kommen, wäre die Linke also keineswegs außen vor, die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für die Abwahl zu unterstützen.

Was aber in der Runde augenscheinlich nicht besprochen und abgestimmt wurde, war wohl die Haltung zur Verantwortung von Oberbürgermeister Burkhard Jung. Gerade dazu aber finden sich in der Pressemitteilung der Linken sehr scharfe Sätze. Und genau das kam dann auch in der Stadtspitze, in der die beiden Bürgermeister Heiko Rosenthal und Michael Faber mit Jung zusammenarbeiten müssen, ganz schlecht an.

Über die Pressestelle des Rathauses distanzieren sich die beiden Linke-Bürgermeister noch am Donnerstagabend von den vom Stadtverband Die Linke auch in ihrem Namen veröffentlichten Anschuldigungen gegen Oberbürgermeister Burkhard Jung im Zusammenhang mit den “herrenlosen Grundstücken”.

Rosenthal und Faber erklärten, die Pressemitteilung des Stadtverbandes Die Linke sei von ihnen nicht mitgezeichnet und der Inhalt in keiner Weise autorisiert worden. Beide Bürgermeister sind Mitglied der Dienstberatung des Oberbürgermeisters, in denen das Thema “herrenlose Grundstücke” in der Vergangenheit mehrfach diskutiert worden ist.

Zur Aufklärung der Fälle hat der Stadtrat im Sommer mit breiter Mehrheit aus allen Fraktionen die Einrichtung einer Projektgruppe beim Oberbürgermeister beschlossen. Diese Gruppe arbeitet seit 1. Juli an der Aufarbeitung der Fälle, ihr werden ab 1. Oktober insgesamt 14 Juristen und Verwaltungsexperten angehören. Die Stadträte werden regelmäßig über den Fortgang der Aufarbeitung informiert, zuletzt im Verwaltungsausschuss in der vergangenen Woche, so die dann doch recht knapp gebundene Mitteilung aus dem Rathaus.

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