Wenn Sachsen etwas beherrschen, dann ist es der sorgsame Umgang mit Geld. Der sächsische Finanzminister lobt sich für diese Tugend des öfteren, auch wenn er den Haushalt des Freistaats im Grunde auf Kosten der Kommunen saniert. Aber wenn eine durchaus arme Stadt wie Leipzig es schafft, ausgeglichene Haushalte vorzulegen und Schulden abzubauen, dann ist das das Verdienst der Leipziger selbst. Und 2011 hat Leipzig sogar einen kleinen Überschuss erwirtschaftet: 23 Millionen Euro.

Das gab Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) am Dienstag, 11. September, bekannt. Es ist sozusagen der letzte Gruß aus der kameralistischen Haushaltsführung.

Das Jahresergebnis 2011 weist einen Überschuss in Höhe von 22.911.454,26 Millionen Euro aus, welcher vor allem durch ein höheres Steueraufkommen im Verwaltungshaushalt erzielt wurde. Was die knappe Formel dafür ist.

Steuermehreinnahmen gab es knapp 20 Millionen Euro über dem Haushaltsansatz für 2011. An anderer Stelle konnten zusätzliche Spareffekte erzielt werden – 6,6 Millionen Euro zum Beispiel bei den Personalausgaben. Da gingen etwa einige Verwaltungsmitarbeiter lieber in Teilzeit, als die volle Stelle in Anspruch zu nehmen. An anderer Stelle verzögerte sich die Stellenbesetzung. Was natürlich auch ein kleines Alarmzeichen ist: Auch der Leipziger Stadtverwaltung wird es künftig schwerer fallen, die Stellen mit gut ausgebildetem Nachwuchs zu besetzen. Dazu sind die nachrückenden Ausbildungsjahrgänge einfach zu klein. Und die Stadt wird auch zunehmend die Konkurrenz um die besten Köpfe erleben und dabei in direktem Wettbewerb zum Freistaat stehen, der seine Personalpolitik in den letzten zehn Jahren komplett verschlafen hat.Aber nicht nur positive Geldeffekte gab es 2011 im Leipziger Stadthaushalt. Deutlich bemerkbar machte sich die zunehmende Belastung der Stadt mit Sozialkosten. So standen am Jahresende 7,5 Millionen Euro mehr an Sozialausgaben in den Büchern als ursprünglich geplant. 2011 wird wohl in die Leipziger Haushaltsgeschichte als das Jahr eingehen, in dem man an harten Zahlen lernen musste, dass die Billiglohnpolitik, die man mit dem Jobcenter auch noch befeuert, finanziell nicht positiv ausgeht für die Stadt.

Die Kosten tauchen dann eben nicht im Jobcenter auf, sondern, wie Torsten Bonew es so schön formuliert “außerhalb der ALG-II-Problematik”.

Der kleine Überschuss 2011 ist auch deshalb wichtig, weil er noch außerhalb der doppischen Buchführung gemacht wurde – er muss also nicht mit einem wirtschaftlichen Defizit verrechnet werden. Ein solches steht bislang in der Haushaltsrechnung für 2012. “Sie wissen ja, dass wir mit einem Defizit von 60,7 Millionen ins Jahr gestartet sind”, sagt Bonew. Rechnerisch belief sich dieses Defizit zur Jahresmitte noch auf 39,5 Millionen Euro. “Und nach unserer ersten Hochrechnung fürs Jahresende werden wir wohl bei 12 Millionen landen”, sagt Bonew. Und betont: “Das ist der worst case. Mein Bestreben ist es natürlich, zu einem ausgeglichenen Abschluss zu kommen.”

Die 23 Millionen stehen – sofern die Landesdirektion des Jahresabschluss 2011 akzeptiert – trotzdem zur Verfügung. OBM Burkhard Jung will sich beim Einsatz der Mittel an den Beschluss des Stadtrates halten, der solche Gelder zuallererst als Investitionen in Bestandserhalt sehen will. Und zwar vorrangig bei jenen Problemstellen, die die Stadt derzeit besonders belasten: Und so will Jung vorschlagen, 5 Millionen Euro in Bestandserhalt und Erweiterung von Schulbauten zu stecken, 5 Millionen Euro in Bestandserhalt und Erweiterung von Kindertagesstätten, 4 Millionen Euro in die Wirtschaftsförderung und den gezielten Ankauf von Gewerbeflächen, die für Ansiedlungsprojekte gebraucht werden, 4 Millionen Euro in die Straßensanierung. Und 1 Million Euro soll – titularisch – in den Hochwasserschutz fließen. Aber als konkretes Projekt will Jung damit die Öffnung des Elstermühlgrabens zwischen Thomasiusstraße und Friedrich-Ebert-Straße auf den Weg bringen. “Die Planungen noch in diesem Jahr”, sagt er, “die ersten Baumaßnahmen nächstes Jahr.”

Die Öffnung des Elstermühlgrabens auf 400 Meter Länge war ursprünglich im Zeitraum 2010 bis 2012 geplant gewesen. Sie ist nicht nur ein wassertouristisches Projekt, sondern gehört auch zur nach 2002 entwickelten Leipziger Hochwasserschutzkonzeption. Derzeit ist der Graben nicht durchlassfähig, soll aber künftig im Hochwasserfall als innerstädtischer Abfluss funktionieren, der die Wassermassen direkt Richtung Rosental und Neue Luppe abführt.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar