Die vom Bundesverfassungsgericht geforderten höheren Leistungen für Asylbewerber werden in Leipzig "ab sofort" angewandt und nach Schaffung der technischen Voraussetzungen gezahlt, sagt Christian Walther, Projektleiter Asyl des Sozialamtes, zu L-IZ. Die Stadt geht von Mehrkosten von 548.000 Euro in 2012 und 1,2 Millionen in 2013 aus.
Herr Walther, das Bundesverfassungsgericht hat am 18. Juli 2012 die Höhe der Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Mit dem Instrument der Übergangsregelung drängt Karlsruhe die Politik zur sofortigen Abhilfe. Inwieweit verbessert sich dadurch die Situation der Asylbewerber in Leipzig?
Auf Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 18. Juli 2012 ist der Gesetzgeber nunmehr verpflichtet, unverzüglich für den Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Da das Gesetzgebungsverfahren ein formelles Prozedere durchlaufen muss, kann eine Neuregelung nicht sofort realisiert werden. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der existenzsichernden Bedeutung der Grundleistungen eine Übergangsregelung getroffen.
Diese Übergangsregelung wirkt nach dem Wortlaut der Entscheidung ab dem 1. Januar 2011. Für Zeiten vor der Entscheidung vom 18. Juli 2012 ist die Übergangsregelung lediglich dann anzuwenden, wenn bezüglich der Entscheidungen zur Leistungsgewährung noch keine Bestandskraft eingetreten ist. Dies trifft auf Widerspruchs- und/oder Klagesachverhalte zu. In der Praxis kann dies nahezu vernachlässigt werden.
Auf Basis des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes kommen damit ab sofort – bis zu einer gesetzlichen Neuregelung – für Asylbewerber nach Paragraf 3 Asylbewerberleistungsgesetz die höheren Sätze zur Anwendung. Die Auszahlung erfolgt, sobald die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen sind, rückwirkend zum 18. Juli 2012.Welche Mehrkosten kommen durch die Übergangsregelung auf die Stadt Leipzig zu?
Mit der Umsetzung der Übergangsregelung rechnet die Stadt Leipzig mit Mehraufwendungen im Jahr 2012 in Höhe von 548.300 Euro, im Jahr 2013 in Höhe von 1.207.600 Euro.
Karlsruhe sagt im Kern, dass es in Deutschland nur ein soziokulturelles Existenzminimum geben kann, und zwar unabhängig vom rechtlichen Status des einzelnen Menschen. Wie soll der Gesetzgeber diesen Auftrag aus Ihrer Sicht umsetzen?
Das Karlsruher Urteil weist in der Tendenz auf eine Anwendung leistungsrechtlicher Vorgaben des SGB XII auch für Asylsuchende hin [Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch regelt das Recht der Sozialhilfe – Anmerkung der Redaktion]. Offensichtlich sieht das Gericht dies als möglichen Lösungsweg an.
Zum soziokulturellen Existenzminimum zählt in Deutschland seit langem das Recht auf eine “angemessene”, aber in jedem Fall eigene Wohnung. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Unterbringung von Asylsuchenden?
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Gemäß den Vorgaben des Freistaates Sachsen bildet die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften den Regelfall. Dennoch ist es Asylsuchenden bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen auch heute schon möglich, eigenen Wohnraum zu beziehen. In Leipzig wird dieses dezentrale Wohnen seit geraumer Zeit befördert, soweit es innerhalb des gesetzlichen Rahmens zulässig ist – über 60 Prozent der nach Leipzig Zugewiesenen leben in eigenen Wohnungen.
Wie wird das neue Konzept “Wohnen für Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Leipzig” nach dem positiven Votum des Stadtrates nun umgesetzt?
Nach dem erfreulich deutlichen Votum des Stadtrates wird nunmehr an der Umsetzung des Konzeptes gearbeitet. Aktuell werden die Ausschreibungen für die Vergabe der Betreibung der künftigen Standorte sowie der einzurichtenden sozialen Betreuung vorbereitet. Parallel wird mit der Erstellung der erforderlichen Sicherheitskonzepte begonnen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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