Stadtrat, ehrenamtlicher Politiker sein, ist manchmal angesichts der Fülle an Vorlagen, Entwürfen und Beschlussformulierungen nicht leicht. Den Überblick für eine Stadtratssitzung bekommt man erst nach dem Studium eines dicken Stapels von Papieren. Bei der Ratssitzung am 18. Juli packte OB Burkhard Jung noch kräftig Eilvorlagen drauf.

Das war dann doch einigen zu viel des Guten. Neben einer seit Montag dieser Woche bekannten Vorlage zur vollständigen Neustrukturierung der stadteigenen Kulturbetriebe in eine gemeinsame Betriebs GmbH, ging es mal eben noch flott um die Kenntnisnahme und Abstimmung zum Rechnungsprüfungbericht 2010. Dabei war schon im Vorfeld der letzten Sitzung vor der politischen Sommerpause mit Asylbeschlussfassungen, der Entscheidung über die Frage der Förderung der freien Szene in Leipzig zwei echte Brocken auf der vollen Tagesordnung zu finden.

Wie fundamental die Entscheidung zum Beispiel für die Vertreter der freien Szene ist, zeigte eine Abordnung mit dem Banner “Die Leipziger haben schon entschieden, bitte 5 Prozent für die freie Kultur”, welche heute Oberbürgermeister Jung eine Liste mit 3.267 Unterschriften von Unterstützern der Forderung übergab.
Und so stellte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erstmal einen Antrag auf Absetzung eines nicht unwesentlichen Tagesordnungspunktes – den zum Rechnungsbericht 2010. Fraktionsvorsitzender Wolfram Leuze dazu: “Es entspricht einem nicht hinnehmbaren Druck auf den Stadtrat bei der Vielzahl an Vorlagen noch dem Rat aufzubürden vieles eilbedürftig zu entscheiden und dazu dem Rechnungsprüfungbericht 2010 abzustimmen.”

Hinzu die Bitte vom Abgeordneten der Linken Jens Herrmann-Kambach an den OB in Zukunft solche Anzahl von eilbedürftigen Vorlagen nicht zuzulassen. “Ich kann meine Verantwortung heute nicht voll umfänglich wahrnehmen. Wir sind ehrenamtliche Stadträte und ich werde heute nicht alle Vorlagen sortieren, weil ich sie schlicht nicht lesen konnte.”

Die Stellungnahme der Stadtverwaltung klingt da kurz und trocken: Der Rechnungsprüfungsbericht 2011 liege schon vor, daher sei es günstig den Bericht 2010 abzustimmen, damit auch der aktuellere Bericht bald in den Stadtrat eingebracht werden kann.

Die Absetzung des neuen Tagesordnungspunktes “Rechenschaftsbericht 2010” wurde dann gegen Stimmen der Grünen bei einigen Enthaltungen abgelehnt. Offenbar wollen andere Stadträte wichtige Fragen scheinbar vor der Sommerpause alle auf einmal hinter sich bringen.

Zur Tagesordnung vom 18. Juli 2012
leipzig.de | Tagesordnung 18.072012 PDF

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