Es wurde genug Geschirr zerdeppert, zu viele Leipziger haben in der Diskussion um die künftige Unterbringung von Asylsuchenden in Leipzig gezeigt, dass ihr Horizont hinter Seehausen, Portitz und Wahren endet. Und sie haben nicht einmal während der Vielzahl öffentlicher Diskussionen begriffen, dass sie eigentlich das junge, weltoffene und lebenshungrige Leipzig vor den Kopf stießen. Zeit für eine Kundgebung vorm Neuen Rathaus, findet der Initiativkreis Menschen.Würdig. - Am 18. Juli zur Ratsversammlung findet sie statt.
“Der Initiativkreis Menschen.Würdig. ruft auf zur Kundgebung für ein menschenwürdiges, gleichberechtigtes Leben, Wohnen und Arbeiten für Asylsuchende und Flüchtlinge. Rassismus die rote Karte zeigen! Rassistische Sondergesetzgebung abschaffen!”, hat der Initiativkreis seinen Aufruf übertitelt. Ausrufezeichen machen sich immer gut. Kantige Worte nicht so sehr. Sie übertünchen die schlichte Tatsache, dass Ausgrenzung und Ungleich-Behandlung nicht erst beginnen, wenn Menschen aus anderen Ländern in einer Stadt Asyl suchen.
Aber ihre Ankunft macht natürlich deutlich, wieviele Türen, Köpfe und Herzen in einer Stadt verschlossen sind.
Anlässlich der Stadtratssitzung am Mittwoch, 18. Juli, bei der das Konzept “Wohnen für Berechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Leipzig” zur Entscheidung vorliegt, will der Initiativkreis Menschen.Würdig. ab 15 Uhr vor dem Neuen Rathaus in Leipzig seinen Forderungen nach einer dezentralen Unterbringung und einer umfassenden Gleichstellung von Flüchtlingen und Asylsuchenden Nachdruck verleihen.
“Zudem soll den im Verlauf der letzten Wochen wiederholt von Rassismus und Menschenfeindlichkeit getragenen Argumentationen von Leipziger Bürger_innen etwas entgegengesetzt werden”, erklärt Daniel Riedel, Sprecher der Initiative.
Der Initiativkreis fordert eine grundsätzliche Wende in der Asylpolitik und deren Ausrichtung, die sich an den Grundsätzen von Gleichberechtigung, Teilhabe und Menschenwürde orientieren sollte. Teilweise gilt das in der Leipziger Asyl-Programmatik schon: 60 Prozent der Leipziger Asylbewerber leben tatsächlich in eigenen Wohnungen im ganzen Stadtgebiet.
Das aktuell diskutierte Konzept soll nur den unhaltbaren Zustand der zentralen Unterbringung an der Torgauer Straße beenden und insbesondere für die Übergangszeit, bis Asylsuchende den Schritt hin zu einer eigenen Wohnung schaffen, kleinere Wohneinheiten über die Stadtteile verteilt schaffen. Der Stadtrat hatte 2010 dafür eine Belegungsobergrenze von 50 Personen pro Haus definiert.Innerhalb eines Monats hat der Initiativkreis Menschen.Würdig. nun mehr als 5.000 Unterschriften gesammelt, um seine kritische Solidarität mit dem Konzept auszudrücken. Die Unterzeichner_innen der Petition wollen mit ihrer Unterschrift auch ein klares Zeichen gegen Rassismus und menschenverachtende Einstellungen setzen.
“Die Schließung der Massenunterkunft in der Torgauer Straße und die angestrebte Neuausrichtung der Unterbringung von Asylsuchenden hin zu einer zumindest ansatzweisen Dezentralisierung betrachten wir als richtig”, erklärt Daniel Riedel. Der Initiativkreis Menschen.Würdig. vermisse jedoch eine grundsätzliche Einbeziehung der Asylsuchenden und Flüchtlinge in die Entscheidungen und den nachdrücklichen Willen, Heimunterbringung prinzipiell zu vermeiden. “Heim bleibt Heim und bringt immer eine abwertende Sonderstellung der betroffenen Menschen mit sich. Dies darf nicht in Vergessenheit geraten”, so Riedel weiter.
In diesem Sinne fordert der Initiativkreis die Ratsversammlung auf, dem Vorschlag des Migrantenbeirates zu folgen und die Einbeziehung von Flüchtlingen in die Umsetzung des Konzeptes zu sichern.
Auf der Kundgebung werden Redner und Rednerinnen verschiedener Initiativen und Institutionen Kritik an den pauschalisierenden und oft rassistisch gefärbten Debatten, dem Umgang mit Asylsuchenden in Leipzig generell und an der sächsischen und bundesweiten Asylpolitik zum Ausdruck bringen. Um 16:30 Uhr wird der Initiativkreis in der Wandelhalle des Neuen Rathauses die gesammelten Unterschriften zur Petition Oberbürgermeister Burkhard Jung übergeben.
Die Linkspartei, der Kreisverband der Grünen und die Grüne Jugend haben am Montag, 16. Juli, schon ihre Unterstützung für die Kundgebung erklärt.
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