Vor Pfingsten gab Oberbürgermeister Burkhard Jung die Vorlage "Zukünftige Struktur der Eigenbetriebe Kultur; Festlegung der Zuschüsse für die Jahre 2013 bis 2015" (DS V/2229) ins Verfahren. Wie angekündigt, wird es 2013 erst einmal eine Erhöhung der Zuschüsse für die Eigenbetriebe Kultur geben. Doch Linke und CDU kritisieren, dass damit die anstehenden Reformen, die sich aus den Ergebnissen des actori-Gutachtens ergeben, wieder nur verschoben sind. Bis 2015.
Dr. Skadi Jennicke, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, erklärt dazu: “Ein Jahr lang haben Kulturakteure, Publikum, Politik und Verwaltung über die Zukunft der Eigenbetriebe debattiert; engagiert, zuweilen verbissen, aber stets bemüht um ein konstruktives Ergebnis. Und nun: Der Oberbürgermeister will jegliche Entscheidung auf den 1. August 2015 verschieben. Man könnte es für einen Schreibfehler halten! Aber Jung meint es ganz ernst: Es soll eine Arbeitsgruppe geben, die unter Anleitung von actori (sicher wieder für viel Geld) einen Vorschlag erarbeiten soll, wie die Verwaltungsstrukturen der vier großen Häuser zusammengeführt werden können. Lediglich die Optimierungspotenziale im Umfang von 1,6 Millionen Euro sollen bereits ab der kommenden Spielzeit umgesetzt werden. Diese sind jedoch schon seit letztem Sommer bekannt, ihre Realisation nahezu selbstverständlich.”
Insgesamt will der Oberbürgermeister den Eigenbetrieben 4,76 Millionen Euro mehr zahlen, zunächst ohne, dass sich etwas strukturell ändert. Schon gar nicht in der Konsequenz, wie es einzelne Vorschläge von Grünen, FDP und Linke vorschlagen.
“Woher das Geld kommen soll, wird in der Vorlage nicht einmal auf dem obligatorischen Deckblatt beschrieben – die Stelle im Formular bleibt einfach leer”, stellt Jennicke fest. “Den politischen Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP streckt Jung – mit Blick auf die Mehrheiten im Stadtrat – die Hand aus. Deren Anträge sollen in die Überlegungen einfließen – völlig nebensächlich, dass sie sich zum Teil gegenseitig ausschließen. Zudem sollen Theater der Jungen Welt und Musikalische Komödie im Sinne eines ‘jungen Musiktheaters’ enger zusammenarbeiten. Dem Grunde nach ist das zu begrüßen, als Beschlussvorschlag schlicht überflüssig und zudem verdächtig nah an dem im Herbst so heiß diskutierten Szenario von actori, das die Zusammenlegung beider Häuser zum Ziel hat.”Für sie ist die Vorlage “ein Armutszeugnis gestaltender Kulturpolitik”. Sie verschärfe die Krise der Kultur, indem sie alle konkreten Entscheidungen vertage.
“Der Oberbürgermeister vermeidet jede Aussage zur Zukunft der Häuser, sondern verstetigt die Unsicherheit. Dem Titel der Vorlage spricht der Inhalt Hohn”, so Jennicke.
Die Linke selbst will mittelfristig die Zusammenführung von Gewandhaus und Oper, einschließlich Muko (Einsparvolumen 1,3 Mio. Euro jährlich), den Ausbau des Rangs im Haus Dreilinden, um Einnahmen zu steigern, eine zweite Spielstätte Schauspiel im Lofft-Saal des Theaters der Jungen Welt, was aus ihrer Sicht Investitionen von 7 Millionen für den Ersatz-Neubau für die Skala erspart.
“Dabei haben wir uns stets gesprächsbereit gezeigt und bleiben das auch weiterhin”, betont die Stadträtin. “Einer moderaten Erhöhung der Zuschüsse werden wir zustimmen, aber nur dann, wenn der Wille zur Veränderung, der gerade bei den Beschäftigten aller Häuser in den letzten Jahren immer vorhanden war und ist, auch beim Oberbürgermeister zu erkennen ist. Warum noch einmal wollten Sie, Herr Jung, die Hochkultur zur Chefsache machen?”
Noch heftiger fällt die Kritik der Leipziger CDU aus.Der Kreisvorsitzende der Leipziger Union, Detlef Schubert: “Burkhard Jung ignoriert die Empfehlungen von actori völlig, wenn er nun seine Pläne für die Leipziger Kultur vorlegt und dabei jegliche Spardiskussion vor der Wahl im Januar vermeiden will.”
Schubert kritisiert auch, dass Burkhard Jung sowohl die Vorschläge aus dem actori-Gutachten, die Vorschläge der Fraktionen und die zahlreichen Meinungen der Bürger in den öffentlichen Foren unbeachtet lässt und einfach vor der Sommerpause eine Vorlage durch den Stadtrat winken lassen will: “So wird Bürgerwille, Transparenz und Mitwirkung in unserer Stadt nur zur Phrase”, meint Detlef Schubert.
Die direkte Empfehlung aus den actori-Gutachten, 5,7 Millionen Euro bis 2015 einzusparen, würde von der Vorlage komplett ignoriert.
“Stattdessen greift der Oberbürgermeister Jung lieber direkt auf das Geld der Leipziger zurück, ohne zu sagen, wo die zusätzlichen knapp 4,8 Millionen Euro herkommen sollen”, so Schubert weiter. “Diese Vorlage ist nichts anderes als Wahlkampfgetöse.”
Dabei scheinen ihm die Ergebnisse der Kommunalen Bürgerumfrage Munition zu liefern. Er liest aus den Ergebnissen der Umfrage heraus, die Mehrheit der Leipziger wolle, dass zukünftig eher bei der Kultur gespart werden solle.
Ein Schnellbericht zur Bürgerumfrage 2011: Sparen, Fürchten, Geldverdienen
Es wird eine opulente Auswertung zur …
Diskussion um Leipzigs Kulturbetriebe: SPD fordert ein Kulturwirtschaftsgutachten
Gerhard Pötzsch sitzt für die SPD-Fraktion …
Diskussion um Leipziger Kultur: Linke Stadträtin sieht Mehrheit für Muko-Erhalt
Wohin tendiert die Debatte um das …
“Die Leipziger wissen genau, dass wir ein Kulturvolumen von 70 Millionen Euro nur dann leisten können, wenn Herr Jung die Ergebnisse des Gutachtens nutzt, sonst sind die Mittel für das Gutachten rausgeschmissenes Geld. Wenn Herr Oberbürgermeister Jung seine Verantwortung nicht wahrnimmt, gefährdet er die Leipziger Kultur. Gespräche, die wir als CDU mit einem Teil der in der Kultur Tätigen führten, zeigen, dass dort sehr lösungsorientierte und verantwortungsbewusste Personen sitzen, welche auf die Vorschläge der Verwaltung warten. Ein ?weiter-so’ schadet der Leipziger Kultur. Das kann und wird die CDU nicht zulassen”, sagt der CDU-Kreisvorsitzende.
Was die L-IZ zu dieser seltsamen Fragestellung in der Bürgerumfrage 2011 hält, darüber wurde am 24. April berichtet. Denn noch mehr Leipziger meinten, man solle noch viel eher bei Bibliotheken und Soziokultur sparen. Was immer das heißen mag. Die Antworten auf die eigenartige Frage deutet eher darauf hin, für welchen Teil städtischer Ausgaben die jeweilige Lobby größer ist, wieviele Leipziger sich direkt betroffen fühlen – weshalb Straßenbau und -sanierung auf Nummer 1 rangiert beim Nicht-Sparen.
Keine Kommentare bisher