Am kommenden Mittwoch, 16. Mai, befasst sich der Leipziger Stadtrat mit dem aktuellen Prüfbericht zu den sogenannten Herrenlosen Häusern. Doch wie der MDR jetzt berichtet, lagen der Verwaltungsspitze bereits 1999 Prüfberichte über Mängel vor. Er habe die Brisanz damals unterschätzt, räumt Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller dem Sender gegenüber (SPD) ein.
Exakt ganz brisant: Das Nachrichtenmagazin des Mitteldeutschen Rundfunks berichtete am Mittwoch, 9. Mai, dass der Leipziger Verwaltungsspitze bereits 1999 erste Prüfberichte zu Unregelmäßigkeiten beim verwaltungsinternen Umgang mit den sogenannten Herrenlosen Häusern vorlagen. Von falschen Abrechnungsverfahren, unklaren Finanzbuchungen, der Verletzung interner Verwaltungsrichtlinien, fehlerhaften Buchungen und mangelnder Abstimmung innerhalb der Stadtverwaltung ist den Berichten der Leipziger Rechnungsprüfer die Rede, aus denen die Exakt-Redaktion zitiert.
Leipzigs Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller (SPD) führte bereits damals die Aufsicht über das Rechtsamt. “Ich habe dies in der Prüfung der Jahresrechnung natürlich auch gelesen”, räumt er gegenüber dem Sender die Kenntnis des Berichtes von 1999 ein, “allerdings die Brisanz, die über diese Routineprüfung hinaus jetzt auf den Tisch gekommen ist, nicht erkannt.” Müllers Fazit ist eindeutig: “Hier haben die Stadtverwaltung, respektive die zuständigen Mitarbeiter im Sachbearbeiterbereich, versagt.”
Da sind sie also wieder: die drei Sachbearbeiter des Rechtsamtes, die seit 2011 von ihrem Dienst suspendiert sind und gegen die staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen. Diese Ermittlungen waren im Übrigen nicht Folge von verwaltungsinternen Untersuchungen. Solche hätten auf die Kritik der Rechnungsprüfer, die diese 2001 wiederholten, erfolgen müssen. Das betont jedenfalls der Verwaltungsrechtler Joachim Wieland, Professor an der Deutschen Universität der Verwaltungswissenschaften in Speyer. Die Ermittlungen kamen vor einem knappen Jahr nach Medienberichten in Gang.
Für den Leipziger Stadtrat Rene Hobusch hat spätestens mit dem Bekanntwerden der alten Prüfberichte die Causa “Herrenlose Häuser” die Ebene der drei Sachbearbeiter verlassen. Für den FDP-Mann handelt es sich um “Versagen im Amt”. Aus Sicht von Hobusch übrigens nicht nur bei Bürgermeister Andreas Müller, sondern auch bei Oberbürgermeister Burkhard Jung. “Denn die Prüfberichte gehen an alle Bürgermeister und Burkhard Jung ist seit 1999 Teil der Leipziger Bürgermeisterriege”, argumentiert der Liberale.
Der kritisierte Oberbürgermeister wird dem Leipziger Stadtrat nun am kommenden Mittwoch die Drucksache Nr. V/2098 zur Information vorlegen: den Prüfungsbericht Nr. 11/1/0074 des Rechnungsprüfungsamtes: “Sonderprüfung ‘Grundstücke mit unbekannten Eigentümern bzw. Eigentümern unbekannten Aufenthaltes’ – Bestellung eines gesetzlichen Vertreters gemäß § 11b Vermögensgesetz bzw. gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch” und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Verwaltung – wie es in kompakten Amtsdeutsch heißt.
Dort ist, wie mehrfach berichtet, dargestellt, dass bis Ende 2011 insgesamt 721 Fälle aktenkundig sind, in denen gesetzliche Vertreter bestellt wurden. In nachweisbar 565 Fällen ging dieser Bestellung nicht die gesetzlich geforderte Eigentümerrecherche voraus.
“Herrenlose Grundstücke” in Leipzig: Nur wenige Bürger haben sich bislang gemeldet
Beim Vertrauensmann der Stadt für Fragen rund …
Das lange Interview mit OBM Jung – Teil 3: Schlamperei bei herrenlosen Grundstücken unerklärlich
Im Sommer vergangenen Jahres kam die …
Herrenlose Grundstücke: Fehlverhalten der Verwaltung wird Leipziger Wahlkampfthema
Die “Herrenlosen Häuser” werden Leipziger …
Und vielleicht wollen die Stadträte am Mittwoch dann auch wissen wollen, wie viele dieser Fälle hätten abgewendet werden können, wenn bereits 1999 entschlossen auf die Kritik der städtischen Rechnungsprüfer reagiert worden wäre.
Auch ziehen sich um die Leipziger Entwicklungen weitere parlamentarische Kreise. Denn Klaus Bartl ist bereits in der Spur. Der linke Rechtsexperte im sächsischen Landtag verwies gegenüber dem MDR auf einen Antrag seiner Fraktion zu den sogenannten Herrenlosen Grundstücken.
Dann wäre Bartl wieder in seinem Element. Denn mit der parlamentarischen Aufarbeitung von Grundstückstransaktionen an der Pleiße hat sich der Chemnitzer über die Jahre immer wieder beschäftigt.
Keine Kommentare bisher