Die Frage nach den personellen Konsequenzen in der Affäre um die Herrenlosen Häuser entzweit Leipzigs Parteien. Die linke OBM-Kandidatin Dr. Barbara Höll fordert eine Beurlaubung von Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller (SPD). Für Leipzigs FDP ist Oberbürgermeister Burkhard Jung der Verantwortliche, Hölls Forderung nur "eine erste wahltaktische Brücke".
Bislang blieben die Forderungen nach personellen Konsequenzen in der Affäre um die so genannten Herrenlosen Häuser eher allgemein. Die für die Fachaufsicht über das Rechtsamt zuständigen Führungskräfte sollten sich selbst befragen oder in die Gemeindeordnung schauen, was in einem solchen Fall zu tun sei. So oder ähnlich präzise blieben die meisten Statements, die aus den Kreisen der Leipziger Lokalpolitik bislang zu hören waren.
Nun spricht Leipzigs linke OBM-Kandidatin Dr. Barbara Höll gegenüber L-IZ Klartext: “Klar ist für mich, dass Bürgermeister Müller bis zur endgültigen Aufklärung dieses einmaligen Immobilienskandals zunächst beurlaubt werden muss.” Als langjähriger Chef der Rechtsabteilung, so Höll weiter, trüge Müller explizit die politische Verantwortung für das rechtswidrige Agieren aus dieser Abteilung heraus.Darüber hinaus steht für die linke Bundestagsabgeordnete “prinzipiell die Frage im Raum, warum niemand in der Verwaltungsspitze der Stadt – auch nicht Herr Jung – auf die wiederholten Berichte des Rechnungsprüfungsamtes angemessen reagiert hat und Nachfragen aus dem Stadtrat zur Seite geschoben wurden”.
Insofern stellt für Höll die Verabschiedung der Vorlage des Rechnungsprüfungsamtes zum weiteren Umgang mit der Affäre durch den Leipziger Stadtrat in der Vorwoche nur einen “ersten wichtigen Schritt” dar. Erst in dem Prozess der weiteren Aufarbeitung könne aus der Sicht von Höll deutlich werden, “inwieweit die Ursachen in Oberflächlichkeit, Schlamperei, bewusster Täuschung und auch krimineller Energie liegen”.FDP-Fraktionsvize Rene Hobusch nennt Hölls Verantwortungszuweisung “eine erste wahltaktische Brücke”. Für den liberalen Stadtrat ist bezeichnend, dass die linke Oberbürgermeisterkandidatin “unterschiedliche Bewertungen der Arbeit des Verwaltungsbürgermeisters und des Oberbürgermeisters vornimmt”.
Für Hobusch hingegen steht fest: “Nach sächsischer Gemeindeordnung ist jedoch der Oberbürgermeister klar als Verantwortlicher benannt.” Nach Hobuschs Ansicht wolle Höll dem Oberbürgermeister “eine letzte Chance einräumen, wenn er Müller zum Rücktritt drängt.”Somit hält Hobusch das linke Rufen nach personellen Konsequenzen für Wahltaktik. Nämlich zum einen mit Blick auf die Oberbürgermeisterwahl am 27. Januar und – in einer möglichen zweiten Runde – am 17. Februar 2013.
Es ist eine der No-Go-Fragen der Leipziger Kommunalpolitik, wie sich die Parteien und ihre Bewerber verhalten werden, wenn am 27. Januar keiner der Bewerber die absolute Mehrheit der Stimmen erhält. Werden dann die aktuellen Bewertungen der Linken und der Grünen über die Arbeit des Amtsinhabers plötzlich Makulatur? Stehen dann diejenigen, die sich bis zum 27. Januar erkennbar gegenseitig nicht schonen werden, zusammen, um den Wahlsieg eines bürgerlichen Bewerbers zu verhindern? Das setzt natürlich voraus, dass es mindestens einen solchen von Format noch geben wird.
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“Offenbar glaubt Höll nicht an den eigenen Erfolg und will bei den im nächsten Jahr ebenfalls anstehenden Fachbürgermeisterwahlen für die SED-Nachfolger das Beste rausschlagen”, blickt Hobusch bereits auf die Zeit nach einer erfolgten Wiederwahl von Oberbürgermeister Burkhard Jung. Denn – zum anderen – sind im Frühsommer des nächsten Jahres gleich vier Beigeordnetenstellen vom Stadtrat zu besetzen. Es geht um die Ressorts für Stadtentwicklung, Soziales, Umwelt und Wirtschaft. Und für die Linke konkret um die Frage, ob Heiko Rosenthal Bürgermeister bleibt.
Doch zurück zum Verwaltungsversagen bei den so genannten Herrenlosen Häusern. Hobusch zieht aus der Verantwortungskette, wie sie sich für ihn darstellt, den folgenden Schluss: “Wenn der Oberbürgermeister den Verwaltungsbürgermeister nicht zum Rücktritt auffordert, zeigt das deutlich, dass Burkhard Jung die Zustände nicht als sonderlich gravierend betrachtet.” Darüber hinaus würde ein solches Verhalten für Hobusch für “ein unerschütterliches Vertrauen zwischen den beiden SPD-Genossen” sprechen – also zwischen Jung und Müller. “Dadurch ist die Causa Herrenlose Grundstücke längst zu einer Causa Jung und einer Causa SPD geworden”, findet FDP-Mann Hobusch.
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