Elektrische oder gasbetriebene Wärmestrahler auf gastronomischen Freisitzen gehören derzeit zum Stadtbild. Im Winter sorgen sie für gefüllte Freisitze und CO2-Produktion unter freiem Himmel. Die Leipziger Ratsversammlung hatte sich heute wohl letztmalig mit einem Verbotsantrag der Linken zu befassen, denn nach ausgiebiger Debatte sollte das Thema zu den Akten oder die Pilze von den städtischen Gehwegen.
Auch die SPD hatte sich nochmals eingehend mit dem Für und Wider befasst und einen Änderungsantrag dabei. Dieser zielte auf eine Selbstverpflichtungserklärung der Gastronomen ab. Vor einem Jahr hatte die Grünen-Stadtratsfraktion noch auf Freiwilligkeit gesetzt und gehofft, dass die Leipziger Gastwirte die umweltschädlichen Geräte ausmustern würden. Das haben sie aber nicht und so waren heute die Grünen auf der Seite der Verbotsbefürworter an der Seite der antragsführenden Linken gelandet.
Die Grünen wollten hingegen das Verbot in ihrem Änderungsantrag auf öffentliche Flächen beschränken: “Dazu ist eine entsprechende Regelung in die Sondernutzungssatzung der Stadt Leipzig aufzunehmen. Regelungsbefugt ist die Stadt auf öffentlichen Flächen, das Instrument dafür ist die Sondernutzungssatzung.” Die Linke übernimmt diesen Antrag, womit die Idee, einen Paragrafen in die Polizeiverordnung einfügen zu lassen, vom Tisch war.
Oberbürgermeister Burkhard Jung wies vor der Diskussion zum Thema darauf hin, dass nach Prüfung der Rechtslage bei positivem Votum ein rechtswidriger Beschluss gefasst würde. Die Verwaltung hatte in ihrem Standpunkt deutlich gemacht, dass sich der Antrag nachteilig für die Stadt auswirken könnte und schlug deshalb die lockerste Lösung vor: “Die Stadt Leipzig wirkt darauf hin, dass auf den Betrieb von gas- und elektrisch betriebenen Wärmestrahlern im Stadtgebiet Leipzig für gewerbliche Zwecke freiwillig verzichtet wird.” Um den Einsatz solcher Geräte zu verringern, wolle sich die Stadt Leipzig und die DEHOGA regelmäßig austauschen. Die entsprechenden statistischen Erhebungen würden dann dem Fachausschuss Umwelt und Ordnung regelmäßig im Herbst eines jeden Jahres zur Kenntnis gegeben.
Sören Pellmann, frisch gebackener neuer Fraktionsvorsitzender von Die Linke, machte als Antragseinreicher den Anfang in einer Debatte, die hitzig werden sollte: “Die Klimaziele unserer Stadt schreiben eine Reduzierung von CO2 vor. Das Verbot der Heizpilze ist zwar nur kleiner Schritt, aber ein Schritt. In anderen Städten ist ein solches Verbot bereits möglich gewesen, z.B. Stuttgart oder Nürnberg”, so Pellmann heute im Ratssaal. Zur Rechtslage verwies Pellmann auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, welches besagt, dass ein Verbot in der Sondernutzungssatzung unter klimarechtlichen Gesichtspunkten möglich sei. Den SPD-Änderungsantrag nannte Pellmann daraufhin “wenig konsequent”.
Die SPD-Fraktion versuchte mit ihrem Änderungsantrag die Wogen zwischen den Beteiligten zu glätten, denn “in der bisherigen Diskussion zu o.g. Antrag zeigte sich ein uneinheitliches Bild zwischen Befürwortern und Gegnern eines Verbotes von Wärmestrahlern für Freisitze. Bevor ein Verbot oder andere Art der Regulierung vollzogen wird, sollte den Gastronomen die Chance gegeben werden, eine Selbstverpflichtung einzugehen.”
“Wir können nicht einschätzen, wie sich ein Verbot von Wärmestrahlern auf die Umsatzsituation der Gastronomen auswirkt und wollen nicht für ein Kneipensterben verantwortlich sein […] Statt auf Konfrontation sollten wie auf Kooperation mit den Leipziger Gastronomen setzen, um gemeinsam eine Lösung zu finden”, so SPD-Stadtrat Christopher Zenker in seiner Rede.
Deshalb schlug die Fraktion vor, bis zum Herbst zusammen mit dem deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und den Leipziger Gastronomen eine Selbstverpflichtungserklärung zu erarbeiten. Die soll dann auch “mindestens die Realisierung von Kompensationsmaßnahmen (z.B. Baumpflanzungen im Rahmen “Eine Baumstarke Stadt) und Regelungen zur Nutzung (z.B. Betrieb nur dann, wenn auch Gäste anwesend sind) für gewerblich betriebene Wärmestrahler enthalten.
Wenn das scheitern sollte, dann könne man über weitere Schritte nachdenken, wie eine entsprechende Ergänzung in der Sondernutzungssatzung. Gegen eine Gebühr könne man dann ja weiter elektrisch oder gasbetriebene Wärmestrahler betreiben. Die Verwaltung solle dann prüfen, “ob die dadurch erzielten Einnahmen zweckgebunden für Projekte des Klima- und Umweltschutzes verwendet werden können”.
Darauf folgte Holger Gasse (CDU), der selbst eine Pizzeria betreibt: “Warum spreche ich eigentlich zu dem Antrag? Ich bin entsetzt, nicht weil ich den Antrag nicht verstehe.” Er verglich den Antrag damit, dass mit einer Schrotkanone auf Spatzen geschossen würde. “Der Kolateral-Schaden hat große Auswirkungen”, so Gasse mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen eines Verbotes.
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Roland Quester, B90/Die Grünen, hatte erwartungsgemäß auch etwas zum Thema beizutragen: “Über die Sondernutzungssatzung können die Genehmigungen erteilt werden. Das ist die rechtliche Seite. Zum Inhaltlichen: Nun soll wieder verboten werden.” Quester zeichnet die Evolution des Menschen nach: “Der Mensch kann nicht anders, als sich um das Feuer zu gruppieren.” Zuerst hat er das draußen gemacht, dann ist er in die Höhle gegangen, hat dort gemerkt, dass Feuer Ruß verursacht und dann – da sind wir schon in der heutigen Zeit – Heizsysteme entwickelt. Der Grünen-Stadtrat appelliert an die Moral: “Es geht nicht um die Größenordnung, wie viel CO2 da verbraucht wird, sondern ums Prinzip.”
Isabell Siebert, FDP, machte es dann kurz und knackig: “Vor einem Jahr haben die Grünen noch gegen das Verbot gestimmt, mehr sag ich dazu nicht.” Im Weiteren ginge es hier um die Lebensqualität für die Gäste und das Verbot von Heizpilzen sei wirtschaftsfeindlich.
Sabine Heymann, CDU, kam vor der Abstimmung hingegen auf einen Punkt zu sprechen, welcher den Wettbewerb der Gastronomen untereinander betrifft: “Wir machen uns einer Wettbewerbsverschiebung, wir machen uns einer Ungleichbehandlung schuldig.” Denn das Verbot sei ja auf städtischen Flächen gefordert. Gastronomen, denen die Freisitzflächen gehören, und auch im privaten Bereich dürfen weiter Heizpilze aufgestellt werden. Sie und ihre Fraktion lehne alle Anträge zu diesem Thema ab, egal ob das allgemeine Verbot oder die Selbstverpflichtungserklärung der SPD.
Weitere Redebeiträge folgten aus allen Fraktionen. Auch der fraktionslose NPD-Stadtrat Klaus Ufer meldete sich zu Wort und empfahl, den Grundantrag zurückziehen: “Kleine Ursachen haben eine große Wirkung”, ein Spruch, der den Grünen-Fraktionsvorsitzenden Wolfram Leuze zu einem Konter in Richtung Ufer einlud: “Ich dachte, der deutsche Mann friert nicht.”
In der Abstimmung wurde der Änderungsantrag der SPD abgelehnt. Gegen den Ursprungsantrag der Linksfraktion stimmten 37 Stadtratsmitglieder und 28, mehrheitlich Grüne und Linke, waren dafür. Nach einer hitzigen Debatte bleibt also alles beim Alten: die Blechsäulen dürfen weiter heiße Luft produzieren. Die Aufsteller von Heizpilzen können nun selbst entscheiden, ob sie einen Beitrag zur Umwelt leisten wollen oder nicht.
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