Im Drogenbeirat der Stadt Leipzig haben künftig alle Mitglieder ein Stimmrecht- wenn sie das wünschen. Das hat die Ratsversammlung am 29. Februar mehrheitlich entschieden - dagegen waren die Linke und die Grünen. Die Initiative ging auf einen CDU-Antrag zurück, der allerdings nur der Polizei eine vollwertige Mitgliedschaft verschaffen sollte. Die Verwaltung räumte in ihrem Standpunkt aber allen im Drogenbeirat Mitwirkenden ein Stimmrecht ein. Vor der Abstimmung debattierten die Fraktionen über Sinn und Unsinn des Antrags.
Konrad Kretschmar sitzt für die CDU-Fraktion im Drogenbeirat: “Die Polizeidirektion arbeitet seit Beginn des Bestehens des Drogenbeirates in diesem mit und sie selbst war und ist an präventiven Maßnahmen ebenso beteiligt wie andere Einrichtungen. Deswegen ist es auch sinnvoll, dass sie über bereits bestehende oder neu zu erarbeitende Angebote mitbestimmen kann. Zudem kommt es mit dem Erhalt eines Stimmrechtes auch zu einer Übernahme von mehr Verantwortung durch die Polizei in diesem Gremium.”
Der Drogenbeirat ist ein interdisziplinäres Gremium, dessen Aufgabenbereiche die Suchtkrankenhilfe, Suchtprävention, Ordnung und Sicherheit beinhaltet. Über die Koordination des Hilfesystems hinaus, erarbeitet und kontrolliert er auch Empfehlungen zu drogenpolitischen Maßnahmen auf kommunaler Ebene. Dazu informiert der Drogenbeirat über aktuelle Entwicklungen der Suchtproblematik.
Er ist eine Schnittstelle zwischen der Kommune, anderen Behörden und Leistungsanbietern. “Deswegen ist es auch sinnvoll, dass die Polizei ein Stimmrecht erhält,” begründet Kretschmar die Notwendigkeit, den Drogenbeirat neu zu ordnen. Im Drogenbeirat sitzen u.a. Ärzte, Vertreter der Stadtratsfraktionen, von Kliniken und freien Trägern wie das Suchtzentrum oder Sozialleistungsträger wie die Deutsche Rentenversicherung. Von behördlicher Seite nehmen neben der Polizei die Landesdirektion, das Ordnungsamt und auch die Staatsanwaltschaft eine Mitgliedschaft wahr.
Dass nun alle Mitglieder ein Stimmrecht bekommen haben, vereinfache die Gremiumsarbeit, so die Verwaltung. Der CDU-Stadtrat hält das “für eine gute und sinnvolle Entscheidung, da sie ebenso am Entwicklungsprozess wie zum Beispiel der Ausarbeitung der Drogenpolitischen Leitlinien für die Stadt beteiligt sind.”
Kritisch zu sehen ist allerdings, dass hier die in Deutschland geltende Gewaltenteilung vermischt werden könnte. Das sieht Kretschmar aber nicht so: “Es ist richtig, dass die Polizei ein Exekutivorgan unseres Landes ist und dass hier im ersten Moment die Vermutung entsteht, es könne zu einer Verletzung der Gewaltenteilung kommen. Dies trifft aber in diesem Fall nicht zu, weil der Drogenbeirat ein ausschließlich beratendes und kein beschließendes Gremium ist.”
Nach Kretschmars Redebeitrag in der Ratsversammlung, trat Pia-Naomi Witte (Die Linke) ans Pult. Sie wies noch einmal auf die Diskussion über die städtische Drogenpolitik vom vergangenen Sommer hin. Und die sei eines nicht gewesen, “nämlich fundiert”. Die Sicherheit der Leipziger erhöhe sich nicht durch Antrag. Bei der Neuordnung des Drogenbeirats 2009 wollten damals “weder Polizei noch Landesdirektion ein Stimmrecht”. Der Drogenbeirat solle nun nach den Vorstellungen des Polizeipräsidenten geordnet werden.
Christopher Zenker von der SPD hat seine Position bereits im Interview mit der L-IZ.de vorab dargstellt. In seiner Rede während der Ratsversammlung, betonte er noch einmal, dass seine Fraktion keine Notwendigkeit für ein Stimmrecht der Polizei sehe. Und fügte an, dass sich aber durch ein Stimmrecht eigentlich nicht viel ändere. Zenker erwarte, dass sich bei diesem wichtigen Thema untereinander die Hand gereicht werde.
Norman Volger von den Grünen trat hingegen ziemlich geladen ans Rednerpult: “Auch wenn es überspritzt klingen mag: was kommt als nächstes, wie weit darf sich die Polizei noch in die Gesetzgebung einmischen?” Es sei eine Kommission eingerichtet worden, um die Koordination zwischen Stadt und Polizei auszuloten. “Ist das auch nichts mehr wert? Die Polizei hat in der Politik nichts zu suchen!” Die Polizei sei ganz klar als ausführende Gewalt tätig, nicht mehr und nicht weniger. Volger hält das Mitentscheidungsrecht in städtischem Gremien als Angriff auf die demokratische Grundordnung. “Der Verwaltungsstandpunkt geht der Debatte um die Debatte aus dem Weg.” Der Grüne-Stadtrat giff den OB an, unterstellte ihm, “keinen Arsch in der Hose” zu haben, um “mal eine klare Ansage zu machen”. “Er duckt sich weg und schickt seinen Dezernenten vor”, so Volger abschließend.
Ansbert Maciejewski (CDU) konnte diese Aussage von Volger nicht stehen lassen und stellte klar: “Die Gemeinderäte sind keine Legislative im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und damit nachgestellt.” Dem pflichtete OB Burkhard Jung bei: “Das ist so!”
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Michael Burgkhardt von der Bürgerfraktion konnte die Aufregung um den Antrag nicht wirklich verstehen. Als langjähriger Suchtarzt und Mitglied des Drogenbeirats sprach er aus seiner Erfahrung: “Ohne Polizei geht gar nichts.” Er habe sich über das Stimmrecht noch gar keine Gedanken gemacht, denn es sei bis jetzt eh nur zu wenigen Abstimmungen gekommen. Er befürchtet: “Das wird ein Palavergremium werden, wenn alle Stimmrecht haben. Ich erkenne überhaupt keine sachliche Debatte.”
Dass die Polizei nicht gerade zufrieden mit der städtischen Drogenpolitik war, hat Landespolizeipräsident Bernd Merbitz und auch sein Leipziger Kollege Horst Wawrzynski immer wieder betont. Mit der vollwertigen Mitgliedschaft können sie ihre Ideen in Sachen Drogenbekämpfung besser durchsetzen als vorher, auch wenn es nur in einem beratenden Gremium ist, so ihre Haltungen. Ob die Polizeivertretung nun die Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen wird, wird sich zeigen. In Zukunft werden also alle Mitglieder des Drogenbeirats ein Stimmrecht haben, da der Stadtrat mehrheitlich ohne Grüne und Linke für den Verwaltungsstandpunkt stimmte.
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Drogenbeirat der Stadt Leipzig
www.leipzig.de/de/buerger/politik/beiraete/drogen
Verwaltungsstandpunkt
notes.leipzig.de | V-a-171-vsp.pdf
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