Wenn es um die Lebensqualität in der Stadt geht, kann man eigentlich nur den Kopf schütteln über die Themen, mit denen einige Parteien nicht nur in den Wahlkämpfen des vergangenen Jahres Stimmung gemacht haben – etwa in der Verkehrspolitik. In der es nun einmal nicht nur um „freie Fahrt für freie Bürger“ geht oder den fiktiven Handwerksmeister, der mit seinem Montagewagen im frühmorgendlichen Berufsverkehr steckt. Es geht auch um Lärm und Luft.
Beziehungsweise: weniger Lärm und saubere Luft. Beides Themen, welche die Stadtpolitik seit Jahren beschäftigen. Und während draußen das große Lamento um die befürchtete Einschränkungen des Kfz-Verkehrs andauert, bekunden die meisten Leipzigerinnen und Leipziger, die an der Bürgerumfrage 2023 teilgenommen haben, dass aus ihrer Sicht viel zu wenig dafür getan wird, Lärm und Luftverschmutzung in der Stadt zu verringern. Beides Themen, die aufs engste mit dem motorisierten Verkehr zusammenhängen.
„Die Mehrheit der Leipzigerinnen und Leipziger meint, es werde nicht genug für den Lärmschutz und die Verbesserung der Luftqualität getan“, kommentiert das die Auswertung der Bürgerumfrage 2023. „Fast zwei Drittel der Befragten meinen jeweils, es werde zu wenig getan. Bezüglich der Luftqualität geben insbesondere Bewohner/-innen der Stadtbezirke Mitte (71 Prozent), Südwest (69 Prozent) und Alt-West (69 Prozent) an, dass zu wenig getan werde. Bewohner/-innen des Stadtbezirks West (Grünau) sind demgegenüber ve gleichsweise selten der Meinung, es werde zu wenig für die Verbesserung der Luftqualität getan (46 Prozent).
Beim Lärmschutz meinen ebenfalls besonders viele Bewohner/-innen des Stadtbezirks Südwest, es werde zu wenig getan (80 Prozent). In Mitte und Alt-West meinen dies 71 Prozent, in Süd 69 Prozent. Im Leipziger Nord-Raum (Stadtbezirk Nord), durch die Nähe zum Flughafen geprägt, meinen noch 67 Prozent, es werde zu wenig für den Lärmschutz getan. Damit entspricht die Bewertung der Bewohner/-innen des Leipziger Nordraums dem städtischen Durchschnitt.“
Das Thema „Sauberkeit der Luft“ taucht auch noch in einem anderen abgefragten Themenkomplex auf – dem zur Zufriedenheit mit den kommunalen Lebensbedingungen. Dort werden auch die Veränderungen in der Zufriedenheit seit 2014 sichtbar.
Und auch wenn die Gesamtzufriedenheit mit der Sauberkeit der Luft 2023 wieder von 44 auf 51 Prozent gestiegen ist, liegen die Zahlen noch deutlich unter den Zufriedenheitswerten von 2014 und 2015 (55 und 56 Prozent). Damals war die Debatte um Luftbelastung und Umweltzone (die einige Fraktionen im Stadtrat wieder abgeschafft haben möchten) noch frisch und die Werte bei Feinstaub und Stickoxid in der Leipziger Luft waren noch deutlich höher.
Die Gunst der Wohnlage
Aber die Umfragewerte hängen nun einmal auch davon ab, wo die Befragten wohnen. Wer eine Wohnung am oder im Grünen hat, hat deutlich weniger Sorgen mit belasteter Luft und Lärm als jemand, der an einer stark befahrenen Hauptstraße wohnen muss, weil er sich anderswo eine Wohnung nicht leisten kann. Der heftig geführte Streit um die Leipziger Verkehrspolitik ist also auch ein Streit zwischen Arm und Reich. Und einer zwischen guter und schlechter Wohnlage.
Wobei die Veränderungen bei der Zufriedenheit an mehreren Punkten zur Lebensqualität in Leipzig sichtbar werden – und damit auch die zunehmend kritische Sicht der befragten Leipziger auf diese Zustände. So hat sich die Einschätzung des Zustands der Gewässer in diesen zehn Jahren deutlich verschlechtert, von 72 auf 57 Prozent.
Was ganz offensichtlich auch mit den dramatisch sichtbar gewordenen Folgen des heftigen Dürresommers 2018 zusammenhängt, die vielen Leipzigern erst vor Augen führte, wie gefährdet das Leipziger Gewässersystem eigentlich ist.
Und leicht verschlechtert haben sich auch die Einschätzungen zu Parks, Grünanlagen und Naherholungsgebieten, auch wenn hier die Zufriedenheitswerte der Leipziger nach wie vor hoch sind: Sie wissen das „grüne“ Angebot zu schätzen, bemerken aber auch die zunehmende Übernutzung dieser gerade in heißen Tagen beliebten Erholungsoasen.
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