Die Zurückhaltung der Leipziger Unternehmen bei Neueinstellungen macht sich auch in der Juli-Bilanz der Leipziger Arbeitsagentur bemerkbar. Denn wenn von einem üblichen saisonalen Anstieg der Arbeitslosenzahl im Sommer die Rede ist, geht es zuallererst um junge Berufsanfänger, die ihre Ausbildung beendet haben – nun aber nicht übernommen werden. Sie sind die Hauptleidtragenden einer ausgebremsten Konjunktur, an der auch eine falsche Investitionspolitik des Staates ihren Anteil hat.
Denn so deutlich wie seit Jahren nicht mehr wird jetzt sichtbar, dass die Bundesrepublik und auch die meisten Bundesländer die falschen Wirtschaftszweige mit Milliarden subventionieren, während der längst überfällige technologische Umbau der Wirtschaft mit Fehlsteuerungen ausgebremst wird. So wird aus einem Land, das seine Zukunft gestaltet, ein Land, in dem konservative Politiker das Sparen zum Hauptziel ihrer Politik gemacht haben. Wobei ein Staat ja nicht „spart“, auch wenn es einem die Väter der „Schuldenbremse“ gern so erzählen wollen.
Ein Staat steuert mit Geld. Nur steuert er eben dort nicht, wo er das Mantra vom „Markt, der alles regelt“ vor sich hin betet. Das ist der schnellste Weg zu Fehlentwicklungen und Stillstand.
Neuer Höchststand der Arbeitslosigkeit
Ergebnis nun für den Juli in Sachsen: Die Arbeitslosigkeit ist im Juli um 906 auf 26.460 gestiegen. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1.948 Personen an. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im Juli 7,7 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie sich auf 7,3 Prozent belaufen.
„Im Juli ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, was für diesen Monat nicht ungewöhnlich ist“, meint der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Ricardo Donat. „Allerdings deutet das Ausmaß des Anstiegs darauf hin, dass die derzeitige Lage am Arbeitsmarkt herausfordernd ist und bleibt. Dennoch bleibt die Nachfrage nach Arbeitskräften relativ hoch, wie die Meldung von 1.215 neuen offenen Stellen durch Unternehmen im Juli zeigt.“
Warum es im Sommer immer einen spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit gibt, erläuterte am Mittwoch, dem 31. Juli, Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit (BA): „In den Sommerferien ist die Arbeitslosigkeit in Sachsen gestiegen. Dieser Anstieg ist im Wesentlichen auf saisonale Gründe zurückzuführen. Zum einen meldeten sich viele Azubis nach ihrem Abschluss arbeitslos, weil sie vom Ausbildungsbetrieb nicht übernommen wurden oder weil ihre schulische Ausbildung endete. Zum anderen endeten viele Fördermaßnahmen und Weiterbildungen mit Beginn der Sommerferien.
Das sind für den Sommer übliche Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt. Erfreulich ist, dass in den vergangenen Wochen wieder mehr freie Arbeitsstellen durch die sächsischen Arbeitgeber gemeldet wurden. Damit sind aktuell über 35.000 Jobs zur Besetzung bei den Arbeitsagenturen und den gemeinsamen Jobcentern gemeldet – die meisten Vollzeit und unbefristet. Das belegt, dass die Betriebe trotz der wirtschaftlichen Risiken weiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen wollen – besonders wenn es um Fachkräfte geht.“
Nur trifft das Phänomen des Ausbildungsendes auf einen sowieso schon deutlich erhöhten Stand der Jugendarbeitslosigkeit. Und das in einer Situation, in der den Unternehmen in Sachsen sowieso schon der Nachwuchs auszugehen droht.
Der Nachwuchs geht aus
Derzeit sind im Leipziger Agenturbezirk 2.783 Jugendliche unter 25 Jahren ohne Beschäftigung. Im Vorjahresvergleich liegt die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen um 213 bzw. 8,3 Prozent höher.
Und so gibt es auch im Altersvergleich eine bedenkliche Entwicklung: Nach Personengruppen entwickelte sich die Arbeitslosigkeit recht unterschiedlich, allerdings waren bei allen Anstiege gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen. Es zeigt sich ein deutliches Gefälle hinsichtlich des Alters. Die Spanne der Veränderungen reicht im Juli von +6,9 Prozent bei über 50-Jährigen bis +27,4 Prozent bei 15-20-Jährigen.
„Außerdem sind noch 838 Ausbildungsplätze unbesetzt. Jugendlichen, die eine Ausbildung suchen, empfehle ich, sich an unsere Berufsberatung zu wenden, um die vorhandenen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu nutzen und Unterstützung beim Bewerbungsverfahren zu erhalten“, sagte am Mittwoch Ricardo Donat.
Doch der Blick auf die Zahlen zeigt dann, dass mit 2.171 Bewerbern sowieso schon so wenige Bewerber auf einen Ausbildungsplatz bei der Arbeitsagentur Leipzig registriert sind, wie seit Beginn der Zählung nicht mehr. Die seit 2010 halbierten Schulabgängerzahlen machen sich auf dem Arbeitsmarkt immer stärker bemerkbar. Und Sachsen hat nicht vorgesorgt, ist einfach stur hineinmarschiert in diesen Nachwuchsmangel.
Während die Bewerberzahlen Jahr für Jahr sinken, sinkt mittlerweile auch noch das Angebot an Ausbildungsstellen, von denen immer mehr nicht besetzt werden können. Auch das hat mit der Zurückhaltung der Unternehmen zu tun, die sich damit letztlich ins eigene Fleisch schneiden.
Die gemeldeten Arbeitsstellen
Die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen ist im Bezirk der Agentur für Arbeit Leipzig im Juli geringfügig gestiegen, und zwar um 24 auf 7.941. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 1.456 Stellen weniger (–15 Prozent). Arbeitgeber meldeten im Juli 1.215 neue Arbeitsstellen, das waren 330 oder 21 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Seit Jahresbeginn sind damit 8.898 Stellen eingegangen, das ist eine Abnahme gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 2.034 oder 19 Prozent. Zudem wurden im Juli 1.180 Arbeitsstellen abgemeldet, 296 oder 20 Prozent weniger als im Vorjahr.
Der Großteil der neu gemeldeten Stellenangebote im Juli kam aus den Wirtschaftsabschnitten der Arbeitnehmerüberlassung (354 neue Stellen), Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (199) und aus dem Gesundheits- und Sozialwesen (117).
Besonders viele Stellen sind derzeit in folgenden Wirtschaftsabschnitten zu besetzen: die Arbeitnehmerüberlassung (3.129 Stellen), in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (1.154), das Gesundheitswesen (499) und im verarbeitenden Gewerbe (470).
Viele freie Stellen sind in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht und können mit der kostenfreien Smartphone-App (Jobsuche – die Jobbörse der BA) zu jeder Zeit, an jedem Ort abgerufen werden.
Der Leipziger Arbeitsmarkt in Zahlen
Im Juli meldeten sich 6.860 Personen (neu oder erneut) arbeitslos, das waren 601 mehr als vor einem Jahr. Gleichzeitig beendeten 5.944 Personen ihre Arbeitslosigkeit, 707 mehr als im Juli 2023.
Die Zahl älterer Arbeitsloser hat sich im Vergleich zum Vormonat um 112 Personen erhöht. Im Juli waren in Leipzig 6.914 Frauen und Männer ab 50 Jahren arbeitslos, 444 bzw. 6,9 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen ist im zurückliegenden Monat in Leipzig gestiegen. Im Juli 2024 waren 7.189 Menschen langzeitarbeitslos, 61 mehr als im Juni. Im Vergleich zum Juli 2023 waren 663 Langzeitarbeitslose mehr gemeldet.
Die Arbeitslosigkeit ist im Rechtskreis SGB III von Juni auf Juli um 690 auf 9.266 Personen gestiegen. Das waren 1.051 Arbeitslose mehr als im Vorjahresmonat. Die anteilige SGB III-Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im Juli 2,7 Prozent; vor einem Jahr belief sie sich auf 2,5 Prozent.
Die Arbeitslosigkeit ist im Rechtskreis SGB II von Juni auf Juli um 216 auf 17.194 Personen gestiegen. Das waren 897 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr. Die anteilige SGB II-Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im Juli 5 Prozent; vor einem Jahr belief sie sich auf 4,9 Prozent.
In Leipzig gab es im Juli 31.337 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 434 weniger als im Vormonat und 84 weniger als im Juli des Vorjahres.
Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 39.963 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat entspricht dies einer Verringerung um 385 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr erhöht sich die Zahl um 425 Personen.
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