Es sind die Reichen, die unseren Lebensstil prägen. Davon profitieren sie, denn reich werden sie durch den Konsum der Menge. Und durch eine unerhörte Verschleuderung von fossiler Energie. Was natürlich Folgen hat für ihre Klimabilanz. Denn ihr Lebensstil kennt auch keine Verantwortung für die Erde und für die Zukunft. Das DIW hat diese Klimabilanz jetzt einmal aufgeschlüsselt. Mit erwartbaren Ergebnissen.
Jeder in Deutschland lebende Mensch verursacht mit 6,5 Tonnen im Schnitt jährlich mehr als doppelt so viel Treibhausgasemissionen, wie nach Berechnungen von Klimaexperten mit bis zu drei Tonnen als klimaverträglich eingestuft wird. Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten haben dabei mit mehr als zehn Tonnen durchschnittlich einen doppelt so großen CO₂-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommenshaushalten (5,6 Tonnen pro Kopf).
Der größte Treiber des Unterschieds sind Flugreisen. Das sind die Hauptergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW-Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Kücük haben dafür auf Basis von Vorabdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) aus dem Jahr 2023 nicht nur den CO₂-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, sondern auch die Verteilung der Emissionen nach dem Einkommen der Haushalte betrachtet.
„Ob arm oder reich: Unser CO₂-Fußabdruck ist auf jeden Fall zu groß. Die Höhe des Haushaltseinkommens spielt für die Emissionen im Bereich Ernährung oder Wohnen kaum eine Rolle – beim Mobilitätsverhalten dagegen schon“, fasst Studienautorin Merve Kücük aus der Abteilung Klimapolitik des DIW Berlin die Ergebnisse zusammen.
In der Regel verursachen Menschen mit hohen Haushaltseinkommen beim Wohnen sogar etwas weniger Emissionen als Menschen mit niedrigen Einkommen, weil sie beispielsweise häufiger in energieeffizienteren Gebäuden leben.
Heizen und Mobilität sind die größten CO₂-Treiber
Während das Mobilitätsverhalten mit durchschnittlich zwei Tonnen Kohlendioxid (CO₂) pro Kopf zu Buche schlägt, fallen für das Wohnen, also Strom, Heizen und Warmwasser, rund 2,9 Tonnen CO₂ jährlich an.
Die Anzahl der Personen im Haushalt macht dabei einen großen Unterschied: Während ein Vierpersonenhaushalt pro Kopf nur 1,7 Tonnen CO₂ verursacht, sind es in einem Einpersonenhaushalt mehr als vier Tonnen. Auch die Wohnfläche macht einen Unterschied. Jeder Quadratmeter Wohnfläche, der pro Person mehr zur Verfügung steht, bedeutet 22 Kilogramm mehr Emissionen pro Kopf.
Bei der Ernährung ist vor allem der Fleischkonsum entscheidend. Wer kein Fleisch isst, verursacht in diesem Bereich nur 1,2 Tonnen pro Kopf und Jahr an Treibhausgasemissionen, während es bei mäßigem bis hohem Fleischkonsum zwischen 1,6 und 2,1 Tonnen sind.
Flugreisen verursachen am meisten Emissionen
Weder beim Wohnen noch bei der Ernährung lassen sich Unterschiede bei den durchschnittlichen Emissionen nach dem Einkommen beobachten. Anders sieht es bei der Mobilität aus.
„Insbesondere das Fliegen vergrößert den CO₂-Fußabdruck und ist einer der Hauptgründe, warum Menschen aus Haushalten mit höheren Einkommen einen doppelt so großen Fußabdruck haben wie diejenigen mit niedrigem Einkommen“, fasst SOEP-Studienautorin Sandra Bohmann zusammen. „Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“
Mehr Umverteilung nötig, wenn Wunsch nach nachhaltigem Konsum steigt
Das Bestreben, nachhaltiger zu konsumieren, birgt aber auch Fallstricke, so das Ergebnis der zweiten Studie. Einkommensschwache Haushalte können sich umweltfreundlichen Konsum oft nicht leisten. Das Gefühl von Einkommensungleichheit wird durch das Bedürfnis nach nachhaltigen, aber teureren Produkten verstärkt. Der Staat steht also vor einem Dilemma: Er will einerseits klimagerechtes Verhalten fördern, andererseits damit verbundene größere Unterschiede zwischen armen und reichen Haushalten aber abmildern.
Studienautorin Sonja Dobkowitz kommt anhand von Modellberechnungen zu dem Ergebnis, dass die richtige Balance zwischen Umverteilung – etwa indem die Einkommensteuer erhöht wird – und Umweltsteuern beziehungsweise -abgaben wie einem CO₂-Preis gefunden werden muss, um die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt nicht zu schmälern.
Was die richtige Balance ist, hängt dabei sowohl von der Einkommensungleichheit in einem Land als auch vom Preisunterschied zwischen nachhaltigen und nicht nachhaltigen Produkten ab. „In jedem Fall muss die finanzielle Situation einkommensschwacher Haushalte bedacht werden, wenn der Konsum nachhaltiger Produkte zunehmen soll“, sagt DIW-Ökonomin Dobkowitz.
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Das ist das Dilemma bei der Verursachung von Treibhausgasen – für einen großen Teil der reichen Menschen zählt die Verursachung von Treibhausgasen nicht. Das interessiert sie nicht, denn sie können sich ihre Bequemlichkeiten “einfach” leisten, fliegen wohin sie wollen, große und schwere Autos fahren, entsprechend viel und großen Wohnraum nutzen, natürlich möglichst im Grünen mit viel Flächenverbrauch, usw. Aber auch bei der Mittelschicht gehören einige dieser Lebensstandarts mit Mobilität (fliegen, reisen, Fahrzeuggröße), Wohnraumbedarf, Konsum von Spezialitäten schon länger zur Normalität.
Richtig wird bei der Studie heraus gearbeitet: Die einkommensschwächeren Haushalte können sich umweltfreundlichen Konsum oft nicht leisten. Aber es fehlen oft auch die Einsichten, die fundierten Informationen und die weiterführende Bildung.
Resümee: Die es sich leisten können müssen mehr einbezogen werden für umweltgerechtes Handeln und angemessen beteiligt sein, bei den von ihnen verursachten Treihausgasemissionen. Die “einkommensschwachen und bildungsferneren” Mitmenschen müssten auch in die Lage versetzt werden, umweltfreundlichere Produkte zu kaufen, umweltfreundlichere Mobilität zu genießen, umweltfreundlicher zu wohnen usw. Also müsste jegliche Umweltbelastung und Treibhausgasemission noch mehr und zielgerichtet besteuert werden. Und die Bildung muss auf ein anderes umweltgerechteres Niveau gehoben werden, die Einkommens-, Vermögen- und Schenkungssteuer müsste geändert bzw. wieder eingeführt werden, usw.
Wie also findet man einen Ausgleich zwischen denen die sich diese Großzügigkeiten leisten können und denen die am Existensminimum rangieren und bei allem knapsen müssen?