Im Sachsenmonitor werden seit 2017 vor allem die Befindlichkeiten der Sachsen abgefragt, viele Meinungsfragen zur persönlichen Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger, zu Fragen der Gerechtigkeit, zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit oder zur Einschätzung der Demokratie und zu Verschwörungstheorien.
Aber es wird auch ein Meinungsbild zu Wirtschaftsfragen und zur Bevölkerungsentwicklung erhoben, das sich regional auswerten lässt. Was Andrea Schultz im jüngsten Quartalsbericht für Leipzig auch getan hat.
Immerhin spielen diese Ansichten auch in den Bürgerumfragen der Stadt Leipzig selbst eine Rolle. Mit dem Sachsenmonitor aber lässt sich ein Vergleich innerhalb der sächsischen Regionen herstellen. Und der zeigt eigentlich selbst in der Stimmungslage, wo die Reise hingeht.
„Die Einschätzung, dass der eigene Wohnort auch in Zukunft attraktiv für junge Menschen ist, erreicht in Leipzig einen Spitzenwert. Gut dreiviertel der Leipziger Stadtbevölkerung stimmen voll oder eher zu, dass Leipzig für junge Menschen attraktiv bleibt. Ähnlich hohe Werte werden nur in der Stadt Dresden (75 Prozent Zustimmung) erreicht. In vielen Landkreisen wird die Attraktivität für junge Menschen ungünstiger eingeschätzt“, kann Andrea Schultz feststellen.
Was noch sehr zurückhaltend formuliert ist. Denn während Leipzig und Dresden auf Werte von 75 und 76 Prozent kommen, schätzen im Erzgebirgskreis nur 33 Prozent der Befragten ein, dass der Kreis attraktiv für junge Leute wäre. Der Vogtlandkreis, Zwickau und Görlitz kommen auch nur auf 38 bzw. 36 Prozent. Das heißt: Die dort Lebenden wissen, dass ihre Region ganz schlechte Karten hat für die Zukunft.
Rezepte, die das Leben in diesen Regionen für junge Menschen attraktiver machen könnten, gibt es nicht. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, warum hier die politische Stimmung schon seit längerem gekippt ist, die Bevölkerung überaltert und die Wahlergebnisse für die AfD immer besser werden.
Und die Befragten wissen eigentlich schon, dass sich daran nicht viel ändern wird.
Wachstum in Dresden und Leipzig
Mit Blick auf die zukünftige demografische Entwicklung erwarten die Bürgerinnen und Bürger zwar in der Region Leipzig ein langfristiges Wachstum. So sind 75 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger der Meinung, dass in die Stadt zukünftig mehr Menschen zuziehen als fortziehen, kann Andrea Schultz feststellen.
„Eine positive Wanderungsentwicklung erwarten auch die Dresdnerinnen und Dresdner (71 Prozent). Auch in den Landkreisen der Region Leipzig (Leipzig und Nordsachsen) meint ebenfalls eine Bevölkerungsmehrheit, dass die Region langfristig Bevölkerung gewinnen wird.“
Aber in den Landkreisen im Osten und Süden Sachsens liegt dieser Wert nur bei 25 bis 32 Prozent. Was auch mit der dort vorhandenen Wirtschaft zu tun hat.
„Eine gute wirtschaftliche Entwicklung erwarten vor allem die Befragten im Landkreis Leipzig (73 Prozent), gefolgt von den Städten Leipzig (71 Prozent) und Dresden (71 Prozent). Damit liegt die Stadt Leipzig 14 Prozentpunkte über dem sächsischen Durchschnitt, der Landkreis Leipzig sogar 16 Prozentpunkte“, so Andrea Schultz.
Mit 34 Prozent ist hier der Landkreis Görlitz das Schlusslicht. Aber auch viele andere Landkreise kommen nicht über 40er-Prozente hinaus.
Was Andrea Schultz zu der Einschätzung bringt: „Um strukturschwache Räume, periphere oder benachteiligte Regionen zu beschreiben, wird in der öffentlichen Diskussion mitunter von ‚abgehängten‘ Regionen gesprochen. Die Frage, ob der eigene Wohnort ‚abgehängt‘ sei, wird sachsenweit mehrheitlich negiert (64 Prozent). Die höchste Ablehnung erfährt die Bezeichnung ‚abgehängter Wohnort‘ in Dresden (85 Prozent), gefolgt vom Landkreis Leipzig (76 Prozent) sowie der Stadt Leipzig und in der Sächsischen Schweiz/Osterzgebirge (je 73 Prozent).“
Wie man Regionen abhängt
Die Fragestellung war freilich deutlich verzwickter: „Oft werden Regionen, Gemeinden oder Stadtviertel als abgehängt beschrieben. Würden Sie der Aussage zustimmen, dass Ihr Wohnort nicht abgehängt ist?“
Da können durchaus einige Befragte ihren Ortsteil in Leipzig als „abgehängt“ empfunden haben, die Stadt als Ganzes aber nicht.
Aber der Befragungsteil insgesamt lässt schon ahnen, dass sich auch in der Selbstwahrnehmung der Sachsen die Zukunftsperspektive vor allem auf die beiden Städte Dresden und Leipzig fokussiert. Plus die angrenzenden Landkreise, die an der wirtschaftlichen Kraft dieser Städte partizipieren. Was übrigens auch Gründe hat, die weit über die bloße Wirtschaftskraft hinausgehen, aber die Entscheidungen junger Menschen direkt beeinflussen, wo sie nun ihre Zukunft suchen.
Das beginnt beim besseren Bildungsangebot, geht bei besserer gesundheitlicher Versorgung und besserer Versorgungsstruktur für die Kinderbetreuung weiter. Und das hört bei der möglichst guten Mobilitätsversorgung nicht auf.
An exakt dem Punkt machen sich die vielen „Reformen“ bei den in Sachsen angebotenen Infrastrukturen bemerkbar, egal, ob es die Ausdünnung der Schulversorgung, die Kreisgebietsreform oder die Unterfinanzierung des ÖPNV und des Nahverkehrs betrifft.
Wenn man das Leben von den Bedürfnissen junger Familien her denkt, merkt man erst, wie viele Fehler Sachsens Regierung auf demografischem Gebiet gemacht hat, die so gern von „künftigen Generationen“ redet, wenn sie bei Investitionen in Infrastrukturen spart und die Kommunen finanziell knapp hält.
Keine Kommentare bisher