Am Nikolaustag, dem 6. Dezember, war es dann endlich so weit. Die Auswertung der Bürgerumfrage 2022 wurde veröffentlicht. Eine Auswertung, die unter anderem zeigt, wie heftig auch den Leipzigern die Krisen der letzten Jahre aufs Gemüt schlagen. Oder mit den Worten aus der Verwaltung: „Der Abschlussbericht zur Kommunalen Bürgerumfrage zeigt ein in Zahlen gegossenes Spiegelbild der Stadtgesellschaft in Zeiten von Inflation und multiplen Krisen.“
Was auch mit Geld zu tun hat. Denn 2022 merkten viele Leipzigerinnen und Leipziger erstmals, dass eine von einem Diktator ausgelöste Krise direkte Folgen für viele Kosten des Alltags hat: „Die mittleren persönlichen Nettoeinkommen der Leipzigerinnen und Leipziger sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Die starke Inflation zum Jahreswechsel 2022/2023 schmälert diese Entwicklung jedoch gravierend“, formuliert es die Verwaltung.
„Dies geht aus dem ausführlichen Ergebnisbericht zur Kommunalen Bürgerumfrage hervor, der jetzt vorliegt. Berücksichtigt man die Preissteigerung, so mussten die Leipzigerinnen und Leipziger im Vergleich zum Vorjahr sogenannte reale Einkommensverluste von 5 Prozent in Kauf nehmen. Die relativ guten Einkommenszuwächse in den Krisenjahren der Pandemie schmolzen durch die Inflation zwischen Anfang 2022 und Anfang 2023 wieder auf das reale Einkommensniveau von 2019 zusammen.“
Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn wir leben auch in einem Land, in dem die Parteien der Besserbezahlten immerfort Sorge dafür tragen, dass Sozialausgaben für schlechte Staatsausgaben erklärt werden und bedürftige Menschen als lästige Kostenfaktoren.
Es ist ein Zerrbild der Wirklichkeit, das sie vermitteln. Das nicht einmal mehr etwas mit den realen Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu tun hat. Jahrzehntelang war der Leipziger Arbeitsmarkt ein Niedriglohnmarkt.
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Das änderte sich erst in den letzten Jahren, als deutlich mehr Erwerbstätige auch wirklich gute Löhne bekamen. In der Statistik zeigt sich das so: „Betrachtet man die Einkommen nach Erwerbsstatus, zeigt sich, dass der allgemeine Einkommensanstieg vor allem von einer Steigerung der Erwerbseinkommen getrieben wird. Seit 2012 sind die nominalen Erwerbseinkommen um 45 Prozent gestiegen.
Berücksichtigt man die Leipzig-spezifische Teuerung, verbleibt eine Steigerung von 17 Prozent. Angesichts der etwas abgebremsten nominalen Einkommenssteuerungen der Erwerbstätigen in 2022 rutschen sie nach Berücksichtigung der Teuerung auf das reale Einkommensniveau von 2018.“
Aber das sind eben nur die Erwerbstätigen.
Erwerbslose besonders betroffen
An anderer Stelle wirkt sich die unsoziale Politik mehrerer Bundesregierungen inzwischen deutlich aus: „Problematisch stellt sich die Situation für arbeitslose Leipzigerinnen und Leipziger dar. Seit 2012 sind die Nettoeinkommen der von Arbeitslosigkeit betroffenen Befragten nominal nur um 18 Prozent gestiegen. Bei Berücksichtigung der Leipzig-spezifischen Teuerung haben Arbeitslose im Jahr 2022 ein um 5 Prozent geringeres Einkommen als noch 2012.
Über diesen langen Bezugszeitraum hat sich das Realeinkommen von Arbeitslosen somit verringert. Allein im Jahr 2022 reduzierte sich das reale Einkommen der Leistungsbezieher/-innen inflationsbedingt um 52 Euro. Die Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze um 53 Euro auf 502 Euro dürfte folglich den realen Einkommensverlust der Leistungsbezieher/- innen im aktuellen Jahr ausgleichen.
Angesichts ihrer unterdurchschnittlichen langfristigen Einkommensentwicklung lässt sich jedoch festhalten, dass die Leistungsbezieher/- innen nicht am allgemein guten Leipziger Wachstumstrend teilhaben.“
Und das sind nur die nominalen Entwicklungen. Die Inflation von 2022 hat praktisch die Kaufkraft aller Leipziger Haushalte deutlich verringert.
„Betrachtet man die Entwicklung der mittleren Haushaltseinkommen in einer Zusammenschau mit den Preissteigerungen, zeigt sich insbesondere für das Jahr 2022 mit hoher Teuerungsrate eine Belastungssituation für Leipziger Haushalte. Während die nominalen Haushaltseinkommen im Vergleich zum Vorjahr um circa 45 Euro gestiegen sind, ergibt sich nach Berücksichtigung des Leipzig-spezifischen Verbraucherpreisindexes ein realer Einkommensrückgang um circa 90 Euro.
Real betrachtet wirft die Inflation die Leipziger Haushalte auf das Einkommensniveau von 2018 zurück. Das heißt, die relativ guten nominalen Einkommenszuwächse in den Krisenjahren der Pandemie schmolzen inflationsbereinigt zusammen“, so die Autoren des Beitrags.
Und dazu kommt eine Entwicklung, die die Gesellschaft immer mehr auseinander driften lässt. Denn wenn die obersten Einkommensgruppen auch die höchsten Einkommenszuwächse verbuchen, klafft die Lücke zu den ärmeren Einkommensschichten immer stärker auseinander.
Das stellen auch die Autor/-innen des Beitrags fest: „Bei Betrachtung der einkommensstärksten 20 Prozent aller Leipzigerinnen und Leipziger fällt die dynamische Einkommensentwicklung ab 2016 ins Auge. Demgegenüber konnten die einkommensschwächsten 20 Prozent zwar auch Einkommenszuwächse verbuchen, die monetäre Differenz zwischen beiden Gruppen wird in absoluten Beträgen jedoch immer größer.
Betrug die Einkommensdifferenz zwischen dem oberen und unteren Quintil 2012 noch circa 960 Euro, waren es 2022 bereits rund 1.470 Euro. Die relative Einkommensdifferenz blieb dagegen mit 55 vs. 57 Prozent nahezu unverändert. Auch die Einführung des Mindestlohns 2014 mit regelmäßigen Anpassungen auf aktuell 12,00 Euro/Stunde (Oktober 2022, Erhebungsphase) konnte die Entwicklung der absoluten Einkommensdifferenz zwischen den reichsten und ärmsten 20 Prozent nicht stoppen.“
Die Einkommensungleichheit in Leipzig wird also immer größer. Auch und gerade weil die Gruppe der Gutverdienenden gewachsen ist, wie man der Auswertung der Bürgerumfrage 2022 entnehmen kann.
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Von welchem “Diktator” ist denn da die Rede der für die dt. Politik verantwortlich sein soll? Etwa der “Diktator” dt. Regierung, EZB oder gleich Olaf Schubert? Sind wir mal wieder besonders regierungsfreundlich (moderne Aufgabe des Preßwesens?), faktenfrei und verschwörungstheoretisch (gar propagandistisch) unterwegs? Und erst “diese Zeiten von Inflation” , warum gab es die früher nicht? Grüße an die PR Abteilung. Bitte weiter Narrative pflegen und nicht passende Fakten / Zusammenhänge besser gleich weglassen – wie gehabt. Zum Glück wird Vermögen / Eigentum an Produktionsmitteln nicht statistisch erfasst, puh. So jetzt noch eine Runde Humpelpumpel zum Mittag.