Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam veröffentlichte am Sonntag, dem 19. November, im Vorfeld der UN-Weltklimakonferenz COP28 ihren neuen Bericht „Climate Equality: A Planet for the 99%“. Ein Bericht, der einmal mehr zeigt, dass es das verschwenderische Wohlstandsdenken der reichen Staaten im Norden ist, welches das Klima nach wie vor mit enormen Mengen klimaschädlicher Emissionen belastet.
Und auch in Deutschland sind es die Reichen, deren Lebensstil nicht nur das Klima schädigt, sondern auch die Politik manipuliert.
„Durch ihren extremen Konsum befeuern die Reichen und Superreichen die Klimakrise, die mit Hitzewellen, Dürren oder Überschwemmungen die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen bedroht, insbesondere in den einkommensschwachen Ländern des Globalen Südens“, konstatiert Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland.
„Um die Klimakrise zu bewältigen, müssen Regierungen auch die extreme Ungleichheit in der Welt überwinden, denn extremer Reichtum ist eine wesentliche Triebkraft für die Klimakrise.“
Man kann es auch so formulieren: Sie Superreichen geben ihr Geld nicht zur Rettung der Welt aus, sondern investieren vor allem in fossile Anlagen. Und sie nutzen ihre Macht und ihren Einfluss, um ihr Denken auch zur Grundlage der Politik zu machen.
Weshalb auch nicht die Parteien der Armen in den wohlhabenden Ländern regieren, sondern die Parteien der Reichen, die natürlich keinen Grund sehen, die hohen Einkommen stärker zu besteuern, Vermögen überhaupt regulär zu besteuern oder gar Übergewinnabgaben zu verlangen, wie es Oxfam fordert.
Die Politik der Schwarzen Null
Im Gegenteil: Ihre Politik ist die Politik der „Schwarzen Null“ und die Politik der „Steuersenkungen“, die fast immer nur den Gutverdienern und Reichen zugutekommen.
Sinkende Steuer aber heißt: Der Staat hat weniger Geld zum Ausgeben. Und so tauchen – wie aktuell – die immer neuen Forderungen nach Kürzungen im Sozialstaat auf. Primär vertreten durch eine Partei der Reichen – die FDP – die nicht ganz zufällig in Deutschland den Finanzminister stellt. Der lieber eine Haushaltssperre verhängt, als die Reichen im Land mit Steuern zu belästigen.
Weshalb das Motto der FDP auch lautet: „Weniger Staat“. Was eigentlich nur heißt: weniger Geld für den Staat und damit weniger Sozialstaat.
Während auch in Deutschland die Reichen ungehemmt ein mehrfach klimaschädliches Leben führen.
In Zahlen: Das reichste Prozent in Deutschland war 2019 für durchschnittlich 83,3 Tonnen CO₂-Emissionen pro Kopf und Jahr verantwortlich – mehr als fünfzehnmal so viel wie ein Mensch aus der ärmeren Hälfte der Deutschen (5,4 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr) und immer noch siebenmal so viel wie ein Mensch aus der verhältnismäßig begüterten Mittelschicht der mittleren 40 Prozent (11,4 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr).
Die reichsten zehn Prozent der Menschen in Deutschland waren 2019 für 28 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich, das reichste Prozent für acht Prozent.
Über den Zeitraum 1990 bis 2019 sind in Deutschland die Pro-Kopf-Emissionen aller Einkommensgruppen gesunken, allerdings in sehr unterschiedlichem Maße. Während die ärmere Hälfte der Deutschen ihre Emissionen um 37 Prozent und die mittleren 40 Prozent um 36 Prozent reduzieren konnten, schafften die reichsten zehn Prozent nur 24 Prozent Reduktionen und das reichste Prozent lediglich 12 Prozent.
Wenn es also um das Senken der Emissionen geht, dann geht es zuallererst um die Emissionen der Reichen und Gutverdienenden, deren Lebensstil gleichzeitig immer wieder zum Vorbild für die ganze Gesellschaft dient. Teilweise auch noch von der Gesellschaft subventioniert wie beim Flugzeugtreibstoff und dem Dienstwagenprivileg.
Allein in diesen fossilen Subventionen stecken jedes Jahr 65 Milliarden Euro, die zur Fortführung der klimaschädlichen Lebensweise verausgabt werden, locker die Summe, die der Bundesregierung nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf einmal fehlt.
Der Lebensstil der Reichen schädigt die Welt
Für den Bericht „Climate Equality: A Planet for the 99 %“ hat Oxfam gemeinsam mit dem Stockholm Environment Institute die durch Konsum verursachten Treibhausgasemissionen nach Einkommensklassen für das Jahr 2019 und den Zeitraum 1990 bis 2019 analysiert.
Der Bericht setzt an der Erkenntnis an, dass die Konsumemissionen von Menschen mit wachsendem Einkommen steigen, etwa durch häufigere Flugreisen, größere Wohnungen bzw. Häuser und insgesamt höherem Konsum, im Extremfall in Form von Luxusvillen, Megajachten und Privatjets. Dabei treten extreme Unterschiede zwischen den Treibhausgasemissionen der Reichen und Superreichen und dem Rest der Welt zutage.
Weiterhin zeigt der Bericht:
Mit ihren Emissionen im Zeitraum 1990–2019 waren die Reichen und Superreichen für Ernteverluste infolge der Klimakrise verantwortlich, die der Maisernte der EU, der Weizenernte der USA, der Reisernte Bangladeschs und der chinesischen Sojaernte entsprechen – zusammengenommen.
Das Konsumverhalten des reichsten Prozents (77 Millionen Menschen) verursachte 2019 16 Prozent der weltweiten Emissionen, mehr als doppelt so viel wie das Konsumverhalten der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung, und mehr als die Emissionen des gesamten Straßenverkehrs in der Welt.
Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung waren 2019 für rund die Hälfte der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen des reichsten Prozents der Weltbevölkerung werden nach Oxfams Prognosen im Jahr 2030 etwa 22-mal höher sein, als mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens gerade noch vereinbar (unter der Annahme, dass man das 2030 noch mögliche Gesamtniveau gleich auf alle Menschen verteilt).
In Zahlen für Deutschland: Die reichsten zehn Prozent der Menschen in Deutschland waren 2019 für 28 Prozent der deutschen Konsumemissionen (CO₂ gemessen) verantwortlich, das reichste Prozent für acht Prozent.
Das reichste Prozent in Deutschland war 2019 für durchschnittlich 83,3 Tonnen CO₂-Emissionen pro Kopf und Jahr verantwortlich – mehr als fünfzehnmal so viel wie ein Mensch aus der ärmeren Hälfte der Deutschen (5,4 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr) und immer noch siebenmal so viel wie ein Mensch aus der verhältnismäßig begüterten Mittelschicht der mittleren 40 Prozent (11,4 Tonnen CO₂ pro Kopf und Jahr).
Vor dem Hintergrund des Berichts fordert Oxfam, die weltweite Ungleichheit deutlich zu verringern.
Gleichzeitig muss der Ausstieg aus den fossilen Energien beherzt angegangen werden, zuallererst in den reichen Industrieländern, die unverhältnismäßig stark zur Klimakrise beigetragen haben. Neue Steuern auf klimaschädliche Konzerne und die Vermögen und Einkommen der Superreichen würden den finanziellen Spielraum für den Übergang zu den erneuerbaren Energien erheblich vergrößern.
Letztlich aber braucht es auch eine Überwindung des gegenwärtigen Wirtschaftssystems und der Fixierung auf Gewinnstreben, Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und konsumorientierter Lifestyles. Ein erster Schritt dazu wäre, Wachstum nicht mehr als Indikator für Fortschritt zu verwenden.
Zu den Zahlen: Zum reichsten Prozent der Weltbevölkerung gehörten im Jahr 2019 Personen mit einem Jahreseinkommen von über 140.000 US-Dollar, zum reichsten Prozent der deutschen Bevölkerung Personen mit einem Jahreseinkommen von über 280.000 US-Dollar.
Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hatte 2019 ein Jahreseinkommen von bis zu 5.000 US-Dollar, die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung hatte ein Jahreseinkommen von bis zu 34.500 US-Dollar.
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