Der Oktober ist vorbei. Die Arbeitsagentur Leipzig hat ihre Klienten gezählt. Wie in den Vorjahren hat man eigentlich mit einer deutlicheren Abnahme der Arbeitslosenzahlen gerechnet. Nun ist es scheinbar nur ein bisschen geworden. „In Leipzig zeigt sich im Oktober erneut eine leichte Herbstbelebung am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote sank von 7,2 Prozent im September auf nun 7,1 Prozent.
Neben dieser Entwicklung ist jedoch im Vorjahresvergleich eine Zunahme der Arbeitslosigkeit über alle Personengruppen hinweg festzustellen“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhardi.
Und gleichzeitig gibt es einen Gegentrend. Denn was aus Sicht aller möglichen Kommentatoren, die die deutsche Wirtschaft in der Stagnation versinken sehen, schon wie der Absturz Deutschlands in die Bedeutungslosigkeit aussieht, hat eher mit falschen Weichenstellungen zu tun.
Tatsächlich fehlen wesentliche Fachkräfte allerorten.
„Auch bei den gemeldeten Arbeitsstellen haben wir in Leipzig erstmalig seit längerer Zeit wieder einen Zuwachs zu verzeichnen. So erhöht sich die Nachfrage nach Arbeits- und Fachkräften im Oktober auf 9.474 vakante Stellen“, sagt Leonhardi.
Falsche Weichenstellungen
Man kann die wirtschaftlichen Probleme eines Landes auch regelrecht herbeiführen, indem man an einer veralteten Bildungspolitik und einer verknöcherten Migrationspolitik festhält. Und natürlich wird es nicht besser, wenn jetzt immer mehr Parteien auf noch mehr Abschottung drängen und gleichzeitig das Bildungssystem so dysfunktional bleibt, wie es derzeit ist.
Die Leipziger Fachkräfteallianz könnte eigentlich ein Lied davon singen.
Aber es ändert sich ja nichts, weil die sächsische Bildungspolitik nach wie vor lieber auf „Elite“ setzt, statt möglichst alle Schüler zum Bildungserfolg zu führen. Und damit ihre Chancen auf gute Berufe zu erhöhen.
Aktuelles Ergebnis: Sachsens Wirtschaft läuft in ein riesiges Loch des fehlenden Nachwuchses hinein.
Das gilt auch für Leipzig, wie Leonhardi feststellt: „Auf dem Ausbildungsmarkt ist die Nachfrage nach Nachwuchskräften im Ausbildungsjahr 2023 mit 3.173 gemeldeten Ausbildungsstellen auf einem Rekordniveau. Aktuell sind davon noch 267 Stellen unbesetzt.
Dem gegenüber stehen 2.377 Jugendliche, von denen 180 derzeit noch ohne Ausbildungsplatz sind.“
Das aktuelle Ausbildungsjahr hat bereits im August angefangen. Da fällt diese eklatante Lücke natürlich auf. Und sie ist auch deutschlandweit zu sehen, wie die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, am Donnerstag, 2. November, feststellte: „Sowohl die gemeldeten Ausbildungsstellen als auch die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber bewegten sich auf Vorjahresniveau. Die Passungsprobleme sind jedoch nicht kleiner geworden, sondern größer.
Es wird zunehmend herausfordernder, Ausbildungssuchende und Betriebe zusammenzubringen. Um hier voranzukommen, braucht es (noch) mehr Kompromissbereitschaft von beiden Seiten.“
Ob Kompromisse da helfen? Das darf bezweifelt werden. Wahrscheinlich würde ein anderes, realitätsnahes Denken über das, was Schule eigentlich leisten kann und sollte, zielführender sein. Aber dann müssten wohl einige Lobbyisten endlich aufhören, von außen auf schulische Inhalte Einfluss zu nehmen. Was im Lobbyland Deutschland wohl eher eine Illusion bleibt.
Die Grafik mit der Entwicklung der letzten Jahre zeigt, wie die Schere immer weiter auseinandergeht: Die Unternehmen melden immer mehr Ausbildungsstellen, weil sie den Nachwuchs brauchen. Dafür schmilzt die Zahl der Bewerber dahin.
Das kann nicht gut gehen.
Die Zahl der Arbeitslosen sank dafür im Oktober um 387 auf 23.822. Darin stecken natürlich auch die Jugendlichen, die (immer noch) ohne Job sind. Deren Zahl wuchs gegenüber dem Vorjahr um 488 auf 2.267, also glattweg um ein Viertel.
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