Die neue Beitragsreihe „Analysen zur Stadtgesellschaft“ des Amtes für Statistik und Wahlen nimmt ab sofort zentrale Entwicklungen in Leipzig sowie deren Hintergründe in den Blick. Die ersten beiden Beiträge dazu sind jetzt über www.leipzig.de/statistik abrufbar. Auftakt der neuen Reihe bilden zwei Analysen zu ganz unterschiedlichen Themen: Im Beitrag „Migrantinnen und Migranten in Leipzig 2022“ wird die Leipziger Bevölkerung mit Migrationshintergrund aus einer demografischen Perspektive betrachtet.
Diese ermöglicht strukturelle Einblicke in aktuelle und vergangene Zuwanderungsbewegungen nach Leipzig.
Migrantinnen und Migranten in Leipzig 2022
So erfährt man im Bericht „Migrantinnen und Migranten in Leipzig 2022“: „Ende 2022 zählte Leipzig 624.689 Einwohnerinnen und Einwohner, von denen 120.203 einen Migrationshintergrund besaßen. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 19,2 %. Die Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund teilte sich auf in 83.567 Ausländerinnen und Ausländer sowie 36.636 Deutsche mit Migrationshintergrund.“
Und: „Während des Jahres 2022 kam es zu einer starken Zunahme der Zahl der Einwohner/- innen mit Migrationshintergrund von 17.532 Personen. Zu einem großen Teil war dies auf den Zuzug zahlreicher schutzsuchender Personen aus der Ukraine zurückzuführen.“
Aber wer die Zahlen genauer betrachtet, sieht auch, dass die Zahl der Deutschen ohne Migrationshintergrund sinkt. Der massive Geburteneinbruch der 1990er Jahre und die niedrige Geburtenrate der Gegenwart zeigen ihre Folgen, wie die Autor/-innen des Berichts feststellen: „Die Zahl der Deutschen ohne Migrationshintergrund dagegen erreichte 2019 ihren Höhepunkt bei 508.747 Personen und ist seitdem rückläufig. Für Zuziehende aus dem Bundesgebiet, die in der Vergangenheit das Wachstum der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund angetrieben haben, ist Leipzig weiterhin attraktiv.
Durch die Corona-Pandemie reduzierte sich der Zuzug jedoch etwas. Weitere Gründe für den Rückgang der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sind in der zunehmenden Suburbanisierung sowie dem die ganze Stadt seit 2017 erfassenden Geburtenrückgang zu sehen.“
Und das heißt: Auch Leipzig funktioniert ohne Zuwanderung nicht mehr. Und die Abschottungspolitik, welche die sächsische Regierung, insbesondere Innenminister Armin Schuster derzeit fahren, sorgt zwar für deutlich wachsenden Zuspruch für die AfD, aber sie torpediert die Zukunft des Freistaats, dem schlichtweg der Nachwuchs für den Arbeitsmarkt ausgeht.
Sachsen braucht Zuwanderung
Neben all ihre Plakate, mit denen Unternehmen in Sachsen Lehrlinge und Fachkräfte suchen, sollten sie vernünftigerweise auch die Forderung hängen: „Wir brauchen Zuwanderung!“ Sonst funktioniert die viel gelobte Wirtschaft im Freistaat bald nicht mehr. Die Vorstellung, Sachsen sei kein Einwanderungsland und man könne einfach die Grenzkontrollen verschärfen, ist ausgerechnet das Gegenteil dessen, was jetzt nötig ist zur Gestaltung eines wettbewerbsfähigen Bundeslandes.
„Der 2022 durchgeführte Mikrozensus ergab für Deutschland einen Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund von 26,6 %. Der Migrantenanteil in Leipzig (19,2 %) lag somit leicht unter dem Bundesdurchschnitt, aber dennoch höher als in den ostdeutschen Bundesländern1 (14,9 %)“, heißt es weiter im Bericht.
Was eben auch bedeutet: Auch die ostdeutschen Bundesländer hören so langsam auf, ahnungslose Gegenden zu sein, wo man ein Leben lang keine Menschen aus anderen Ländern zu Gesicht bekommt. Und das heißt: Alle müssen sich mit der Frage beschäftigen, wie auch nach Sachsen geflüchtete Menschen gut und zukunftsfähig in die Gesellschaft, die Bildung und das Erwerbsleben eingegliedert werden können.
Denn die schlichte Wahrheit, die konservative Geister seit den 1980er Jahren ignorieren, ist nun einmal: Diese Menschen werden zum großen Teil nicht wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren, weil diese durch Krieg, Bürgerkrieg und Klimawandel zerstört sind. Sie werden hier eine Existenz aufbauen wollen. Und sie wollen arbeiten – möglichst in ihrer Qualifikation und einem Job, der zur Ernährung einer Familie ausreicht.
Die meisten Migranten, die in Leipzig ankommen, sind jung, meistens auch männlich, was die Frage des Familiennachzugs nach sich zieht. Und natürlich die Frage, wie sich auch die Sachsen künftig anders definieren, um das Land tatsächlich zu einem modernen, weltoffenen Standort zu machen, der auch auf politischer Ebene nicht immer so tut, als lebten alle noch im keineswegs gemütlichen Jahr 1980.
Analysen zur Stadtgesellschaft
Der zweite Bericht widmet sich „Open Data in Leipzig – Aktuelle Entwicklungen“. Offene Daten (engl. Open Data) spielen eine wichtige Rolle für transparentes Verwaltungshandeln, bürgerliche Beteiligung und Innovation.
Die Veröffentlichungen in „Analysen zur Stadtgesellschaft“ erscheinen künftig in einem regelmäßigen Turnus. Bis Ende des Jahres sind unter anderem Beiträge zum Tourismus in Leipzig, zur Stadtentwicklung im Vergleich sowie zur Erwerbstätigkeit geplant. Die neue Reihe ist Teil des Konzeptes des Amtes für Statistik und Wahlen, fundierte Untersuchungen zu städtischen Daten kontinuierlich, gebündelt und mit aktuellem Bezug zu publizieren.
Anhand nutzerfreundlich aufbereiteter, datenbasierter Analysen sollen Bürgerinnen und Bürger, aber auch Stadtrat und die städtischen Ämter bei ihrer Meinungsbildung und Entscheidungsfindung noch aktueller unterstützt werden.
Die „Analysen zur Stadtgesellschaft“ findet man hier.
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