Deutschland muss derzeit einiges aushalten. Das betrifft nicht nur die Energiepreise und die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Die Situation ähnelt auch der des Jahres 1998, als die wirtschaftliche Stagnation das Ende der Kohl-Regierung mit sich brachte, welche die wirtschaftliche Reform des Landes über Jahre vertrödelt hatte. Auch jetzt sind wieder wirtschaftliche Reformen dran. Denn das alte Exportieren um jeden Preis funktioniert nicht mehr.
Denn dass gerade die exportierende Industrie über deutliche Umsatzeinbrüche klagt, hat nun einmal auch damit zu tun, dass einstige deutsche Export-Produkte wie das Automobil ihre Attraktion verloren haben. Der globale Welthandel erfährt heftige Schlingerbewegungen, weil insbesondere der bisherige Wachstumstreiber China massiv schwächelt. Viele Rohstoffpreise sind in die Höhe geschossen. Und die Auswirkungen bekommen immer mehr Branchen zu spüren, die dementsprechend auch ihre Personaleinstellungen deutlich zurückgefahren haben.
Wo sind die Fachkräfte?
Obwohl der Personalbedarf nach wie vor hoch ist. Auch in einer kriselnden Branche wie der Baubranche. Dazu kommt im August natürlich noch der übliche Sommereffekt, der auf dem Leipziger Arbeitsmarkt zum Ergebnis hat: Die Arbeitslosigkeit ist im August um 652 auf 25.164 gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 2.826 Arbeitslose mehr. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im August 7,5 %; vor einem Jahr hatte sie sich auf 6,8 % belaufen.
„Die Arbeitslosigkeit im August zeigt saisonal bedingt einen Anstieg, allerdings ist das aktuelle Niveau höher als in den Vorjahren. Diese Entwicklung spiegelt einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr wider. Besonders betroffen sind Jugendliche, Ausländer und Frauen“, stellt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, Steffen Leonhardi, zur jüngsten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Leipzig fest.
„Ein signifikanter Teil dieses Anstiegs ist auf die Aufnahme schutzsuchender Ukrainerinnen und Ukrainer zurückzuführen. Zusätzlich führt das Ende von Ausbildungsverhältnissen und die Urlaubszeit dazu, dass sich mehr Menschen arbeitslos melden. Die jungen Menschen befinden sich vor oder nach der Ausbildung oft in einer Übergangsphase zwischen Schule und Beruf, weiterer Ausbildung oder beruflicher Tätigkeit.“
Dabei ist nach wie vor Bewegung auf dem Arbeitsmarkt, wie die Arbeitsagentur Leipzig melden kann: Im August meldeten sich 6.163 Personen (neu oder erneut) arbeitslos, das waren 362 weniger als vor einem Jahr. Gleichzeitig beendeten 5.548 Personen ihre Arbeitslosigkeit, 820 mehr als im August 2022.
Nach Personengruppen entwickelte sich die Arbeitslosigkeit recht unterschiedlich, allerdings waren bei allen Anstiege gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen. Die Spanne der Veränderungen reicht im August von plus 8 % bei deutschen Arbeitslosen bis plus 26 % bei 15- bis unter 25-Jährigen. Auch der Anteil der ausgewählten Personengruppen am Arbeitslosenbestand ist unterschiedlich groß.
Jugendliche finden also aktuell schwerer eine passende Lehrstelle als vor einem Jahr – obwohl die ausbildenden Betriebe händeringend nach Nachwuchs suchen. Derzeit sind im Leipziger Agenturbezirk 2.824 Jugendliche unter 25 Jahren ohne Beschäftigung. Im Vorjahresvergleich liegt die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen um 575 bzw. 25,6 Prozent höher. Was zumindest vermuten lässt, dass die Ausbildungswünsche noch stärker als in den Vorjahren vom tatsächlichen Ausbildungsangebot in der Region abweichen.
Immer noch viele offene Arbeitsstellen
Und dazu kommt, dass viele Unternehmen nach wie vor neue Stellenangebote bei der Arbeitsagentur melden: Im aktuellen Zugang meldeten die Unternehmen dem gemeinsamen Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Leipzig 1.652 neue Arbeitsstellen im Berichtsmonat. Das sind 107 Stellen bzw. 6,9 Prozent mehr als im Vormonat und 213 Stellen bzw. 14,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Der Großteil der neu gemeldeten Stellenangebote im August kam aus den Wirtschaftsabschnitten der Arbeitnehmerüberlassung (309 neue Stellen), Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (381) und aus dem Gesundheits- und Sozialwesen (200).
Im August waren insgesamt 9.385 offene Arbeitsstellen registriert. Dies stellt einen Rückgang von 12 Stellen bzw. 0,1 Prozent im Vergleich zum Juli dar. Im Jahresvergleich zeigt sich eine Reduzierung um 1.069 Stellen, was einem Minus von 10,2 Prozent entspricht.
Aber die Summe trügt. Die Probleme stecken im Detail und eben in Branchen, die ganz besonders unter Fachkräftemangel leiden. Aktuell sind insbesondere in den folgenden Wirtschaftsbereichen zahlreiche Stellen vakant: 3.525 im Segment der Arbeitnehmerüberlassung, 1.627 in der Sparte für freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, 723 im Gesundheitssektor, 513 im Handel sowie 493 im Baugewerbe.
Der Mangel bleibt also weiter bestehen. Und noch fällt es sichtlich schwer, die in Leipzig lebende ukrainischen Mitbürger nach ihren Qualifizierungskursen auch tatsächlich in reguläre Arbeit zu bringen. Im August waren im Jobcenter Leipzig 4.874 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine gemeldet, dies sind 6 Personen weniger als im Vormonat, teilt die Arbeitsagentur mit. Darunter waren 1.930 Personen als arbeitslos registriert. Dies entspricht einem Anstieg von 149 Personen im Vergleich zum Vormonat.
Der Arbeitsmarkt im August in Zahlen
Die Zahl älterer Arbeitsloser hat sich im Vergleich zum Vormonat um 13 Personen erhöht. Im August waren in Leipzig 6.483 Frauen und Männer ab 50 Jahren arbeitslos, 480 bzw. 8,0 Prozent mehr als vor einem Jahr.
Die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen ist im zurückliegenden Monat in Leipzig leicht angestiegen. Im August 2023 waren 6.585 Menschen langzeitarbeitslos, 59 mehr als im Juli. Im Vergleich zum August 2022 sind aktuell 19 Langzeitarbeitslose mehr gemeldet.
Im Rechtskreis SGB III lag die Arbeitslosigkeit bei 8.546, das sind 331 mehr als im Vormonat und 1.359 mehr als im Vorjahr. Die anteilige SGB III-Arbeitslosenquote lag bei 2,6 %.
Im Rechtskreis SGB II gab es 16.618 Arbeitslose, das ist ein Plus von 321 gegenüber Juli; im Vergleich zum August 2022 waren es 1.467 Arbeitslose mehr. Die anteilige SGB II-Arbeitslosenquote betrug 5,0 %.
In Leipzig gab es im August 30.682 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 245 weniger als im Vormonat und 1.070 weniger als im August des Vorjahres.
Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 38.798 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat entspricht dies einer Verringerung um 374 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr verringert sich die Zahl um 1.223 Personen.
Im August waren 2.991 Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur Leipzig gemeldet. Das sind 148 Stellen bzw. 5,2 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Gegenwärtig sind davon noch 721 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Die TOP 3 der noch freien Ausbildungen Anzahl Stellen:
Verkäufer/in 82
Kaufmann/-frau im Einzelhandel 61
Kaufmann/-frau – Büromanagement 39
Dem stehen 2.314 Bewerberinnen und Bewerber auf einen Ausbildungsplatz gegenüber. Dies entspricht einem Rückgang von 220 Ausbildungssuchenden bzw. 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Von den gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern sind derzeit noch 417 unversorgt.
Keine Kommentare bisher