Am 8. Februar verabschiedete der Leipziger Stadtrat den Doppelhaushalt für 2023 und 2024. Jetzt sitzt die Landesdirektion darüber und prüft, ob beide Haushalte so genehmigungsfähig sind. Und deshalb sprach Finanzbürgermeister Torsten Bonew am 8. Februar auch wieder bekannte, mahnende Worte in Richtung der Stadträtinnen und Stadträte, der Haushalt sei nur mit Ausnahmetatbeständen genehmigungsfähig.
Insbesondere die Automobilindustrie wurde in zahlreiche Redebeiträgen bemüht und regelrecht als Steuerzahler gebauchmiezelt, weil sie augenscheinlich einen Löwenanteil zum gestiegenen Gewerbesteueraufkommen 2022 beigetragen habe. Leipzig also irgendwie doch vor dem finanziellen Debakel gerettet hätte. Prüfen kann man das nicht. Vielleicht haben ja die Mitglieder des Finanzausschusses genauere Angaben, die sie aber – Psst, Steuergeheimnis! – nicht verraten dürfen.
Schon 2021 Überschuss statt Minus
Was aber am 8. Februar völlig unter den Tisch fiel, war die Tatsache, dass Leipzig schon das Corona-Jahr 2021 statt mit einem Minus von 60,4 Millionen Euro mit einem Überschuss von 144,7 Millionen Euro abgeschlossen hatte. Was natürlich Stadtrat und Öffentlichkeit erst im Mai 2022 erfuhren. So lange dauert es in der Regel, bis der Finanzbürgermeister wirklich seinen Jahresabschluss für das Vorjahr beisammen hat.
Das Jahr 2021 war – durch die Ängste des Corona-Jahres 2020 befeuert – mit einer sehr verhaltenen Schätzung für die Steuereinnahmen geplant worden. Doch statt 560 Millionen Euro nahm die Leipziger Stadtkasse 747 Millionen Euro ein. Die Wirtschaft lief deutlich besser als geplant, die Arbeitslosigkeit fiel deutlich moderater aus und auch die Einkäufe von Bürgern und Unternehmen übertrafen die Erwartungen.
Doch auch am 8. Februar mahnte Finanzbürgermeister Torsten Bonew und malte ein Bild durchaus gefährdeter Steuereinnahmen in den Raum. Wenn nicht die Autobauer wären …
Bis dahin aber waren nur die Steuereinnahmen für das erste Halbjahr 2022 bekannt – 344 Millionen Euro. Eine Zahl, die noch nicht wirklich verriet, wohin das Steueraufkommen 2022 in Leipzig gehen könnte. Oder ob es gar die noch verbliebenen 67 Millionen Euro auffangen könnte, welche das Finanzdezernat für Herbst 2022 errechnet hatte, nachdem das gesamte Jahr 2022 eigentlich mit einem Minus von 120 Millionen Euro geplant worden war.
So betrachtet war da gar kein Spielraum für irgendwelche Ausgabenwünsche aus der Ratsversammlung, oder?
Steuern zahlen alle
Einige Tage nach der Haushaltssitzung des Stadtrates veröffentlichte die Verwaltung nun die Steuereinnahmen mit Stand 30. September 2022. Und siehe da: Die Leipziger Unternehmen und die Leipziger selbst haben weiter fleißig Steuern gezahlt. Zum Stichtag standen auf einmal 540 Millionen Euro auf der Uhr. Die Steuereinnahmen lagen auch im dritten Quartal 2022 über denen aus dem dritten Quartal 2021. Was mehrere Gründe hat – nicht nur die schönen Steuerüberweisungen der Automobilbauer, die eben nicht – anders als in einigen Reden der Ratsversammlung behauptet – die „grünen Träume“ der Stadtratsmehrheit allein finanzieren.
Denn in den Steuereinnahmen der Stadt stecken sowohl die Gewerbesteuern der hier ansässigen Unternehmen (297 Millionen Euro bis September), als auch die der Stadt zustehenden Anteile an der Einkommensteuer, welche die Erwerbstätigen zahlen (115 Millionen Euro bis September), als auch die Anteile an der Umsatzsteuer (50 Millionen Euro). Dazu noch Hundesteuer, Gewerbesteuerumlage, Vergnügungssteuer und Zweitwohnungssteuer. Und nicht zu vergessen die Grundsteuer, die bis September auch 76 Millionen Euro in die Kassen spülte.
Es zahlen also eine ganze Menge Unternehmen und Einzelpersonen ein in diesen Topf, mit dem die Stadt Leipzig vor allem ihre freiwilligen Aufgaben finanziert.
Aber wie wird die Rechnung am Jahresende aussehen?
Diese Zahl liegt schlicht noch nicht vor.
800 Millionen sind denkbar
Die größten Steuereinnahmen erreichen Leipzigs Finanzkasse in der Regel gerade im letzten Quartal – oder werden nachträglich dort verbucht. 2021 waren das immerhin 269 Millionen Euro.
Wenn das 2022 wieder so kommen sollte, würde Leipzig erneut einen neuen Höchststand bei den Steuereinnahmen verbuchen – nämlich über 800 Millionen Euro.
Vielleicht ist das zu euphorisch gedacht. Aber selbst wenn nur noch 200 Millionen Euro zusammenkommen, dürfte auch das im Herbst noch verbliebene Minus von 55 Millionen Euro ausgeglichen werden können. Was nur folgerichtig wäre, denn sogar der Freistaat Sachsen war ja am 17. Januar regelrecht überrascht, dass man 2022 tatsächlich 2,661 Milliarden Euro mehr eingenommen hatte als erwartet. Dass das auch die Steuereinnahmen der Kommunen betreffen würde, liegt eigentlich auf der Hand.
Die Frage ist dann in Leipzig eher, ob das die Mehrausgaben für die Unterbringung der Ukraine-Flüchtlinge am Ende auch noch kompensieren kann.
Aber überrascht sein dürfte man eher auf der Seite der schwäbischen Hausfrau, die ja auch im Leipziger Stadtrat sitzt, wenn Leipzig auch 2022 mit einem positiven Ergebnis abschließt. Aber diese Abrechnung gibt es dann erst im Mai.
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