Wenn ein Land wie die Ukraine überfallen wird von einem scheinbar übermächtigen Nachbarn, zeigt sich, ob auch in einem Land wie Deutschland die Solidarität tatsächlich so groß ist, wie man sie in Friedenszeiten kennt. Oder ob schon die ersten Schwierigkeiten die Hilfsbereitschaft dahinschwinden lassen. Am 24. Februar, dem Jahrestag des Ukraine-Krieges, veröffentlichte das DeZIM aktuelle Zahlen für Deutschland.
Wie haben sich die Einstellungen zu Flüchtlingen aus der Ukraine und die Haltung zu Sanktionen gegen Russland im vergangenen Jahr entwickelt? Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) führt dazu regelmäßig repräsentative Umfragen durch. Die Ergebnisse der jüngsten Erhebungen liegen in einem neuen Working Paper vor.
Viele Städte und Kommunen klagen über die hohe Zahl an Flüchtlingen, die sie unterbringen müssen. Acht von zehn von ihnen stammen aus der Ukraine. Doch die Stimmung gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine in der deutschen Bevölkerung bleibt stabil. Sie hat sich seit der letzten Umfrage des DeZIM im vergangenen Sommer nicht verändert. Das geht aus dem neuen DeZIM.insights Working Paper hervor, das Dr. Jörg Dollmann, Dr. Jannes Jacobsen und Prof. Dr. Sabrina J. Mayer verfasst haben.
„Noch immer kann sich mehr als jeder Zweite in Deutschland vorstellen, für Geflüchtete aus der Ukraine Geld zu spenden“, sagt Dr. Jannes Jacobsen, der am DeZIM-Institut das Cluster Daten-Methoden-Monitoring leitet. „Fast jeder Zweite erwägt zudem, sich ehrenamtlich zu engagieren. Und beinahe jeder Fünfte zeigt sich bereit, geflüchtete Menschen aus der Ukraine vorübergehend privat aufzunehmen. Seit Juli 2022 ist die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung in Deutschland nicht zurückgegangen. Nur kurz nach Ausbruch des Krieges war sie etwas höher.“
Die Sanktionen finden nach wie vor breite Unterstützung
Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland unterstützt außerdem schärfere Sanktionen gegen Russland – auch dann, wenn dadurch die eigenen Lebenshaltungskosten steigen. Fast zwei Drittel (62 Prozent) sprechen sich für schärfere wirtschaftliche Sanktionen aus und sind bereit, dafür Mehrkosten in Kauf zu nehmen. Am stärksten ist diese Haltung bei potenziellen Wähler/-innen von Bündnis 90/Die Grünen ausgeprägt (75 Prozent). Am wenigsten halten potenzielle Wähler/-innen der AfD (24 Prozent) von Sanktionen gegen Russland. Eine deutliche Mehrheit von ihnen ist gegen Sanktionen und auch nicht bereit, dafür Mehrkosten zu tragen.
„Die deutsche Politik kann auch ein Jahr nach dem Beginn der russischen Angriffe auf die Ukraine noch immer auf einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung bauen“, sagt Dr. Jörg Dollmann, Leiter des Forschungsdatenzentrums DeZIM.fdz.
Der Direktor des DeZIM-Instituts, Prof. Dr. Frank Kalter, ergänzt: „Trotz Inflation und steigender Energiekosten ist ein befürchteter ‚heißer Herbst‘ ausgeblieben. Unsere Daten deuten auch nicht darauf hin, dass ein baldiges Kippen der Stimmung gegenüber ukrainischen Flüchtenden droht. Die Bereitschaft zu helfen ist weiterhin sehr groß.“
Zu den Ergebnissen des DeZIM sagt Bundesfamilienministerin Lisa Paus: „Die anhaltend hohe Solidarität mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine ist ein ermutigendes Zeichen. Die vielen Gruppen und Initiativen geben unserer Gesellschaft ein menschliches Gesicht. Sie sind auch ein Zeichen dafür, dass Hass und Rücksichtslosigkeit in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Mit vielfältigen Projekten auch im Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ unterstützen wir als Ministerium zahlreiche Initiativen vor Ort, die sich für Vielfalt und einen respektvollen Umgang aller Menschen und gegen Extremismus einsetzen.“
Keine Kommentare bisher