Ganz so als müsste das so sein, meldete das Statistische Landesamt am Donnerstag, dem 9. Februar: „Sachsens Einwohnerzahl voraussichtlich spätestens ab 2034 unter 4 Millionen. In Sachsen werden laut der 15. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (15. kBV) des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2070 zwischen 3,1 Millionen und 3,9 Millionen Personen leben.“ 2070? Wer kommt nur auf die Idee, Prognosen für fast ein halbes Jahrhundert abzugeben?

In diesem Fall war es das Statistische Bundesamt. Stimmt. Und das kann nur mit den demografischen Daten von heute rechnen – also den Menschen, wie sie derzeit leben in den deutschen Bundesländern. Und da sieht es tatsächlich nicht gut aus. Auch wenn das Landesamt für Statistik in Sachsen diese Erläuterungen nur skizzenhaft übernommen hat.

Deswegen stehen da lediglich ein paar nackte Zahlen zum möglichen Bevölkerungsrückgang in Sachsen: „Das entspricht einem Bevölkerungsrückgang von 160.000 bis 900.000 Personen bzw. 4 bis 22 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2021. Dieser Bevölkerungsrückgang wird dabei maßgeblich durch das Geburtendefizit bestimmt, da für Sachsen mit Wanderungsgewinnen sowohl mit dem Bundesgebiet als auch mit dem Ausland gerechnet wird. Gleichzeitig schreitet die Alterung der sächsischen Bevölkerung weiter voran, sodass das Durchschnittsalter bis 2070 auf bis zu 50 Jahre steigen wird.“

Das hat das Bundesamt für Statistik im Dezember wesentlich genauer erklärt.

Die jungen Leute fehlen

„Für die Bevölkerungsentwicklung in den ostdeutschen Flächenländern ist charakteristisch, dass sie bereits heute eine starke Alterung aufweisen. Im Jahr 2021 war hier der Altenquotient mit 40 (67-Jährige und Ältere je 100 Menschen von 20 bis 66 Jahren) auf dem Stand, den die westdeutschen Flächenländer voraussichtlich erst Anfang der 2030er-Jahre erreichen werden. Der bevorstehende Bevölkerungsrückgang im Erwerbsalter kann hier offenbar auch durch die starke Nettozuwanderung nicht mehr verhindert werden.

Ein Blick auf den aktuellen Altersaufbau zeigt einen starken Einschnitt zwischen den 1980er- und 1990er-Jahrgängen, wobei die Jahrgänge, die nach 1990 zur Welt kamen, zahlenmäßig aufgrund des starken Geburtenrückgangs nach der deutschen Vereinigung deutlich kleiner sind. Dieser bemerkenswerte Einschnitt wird sich auch langfristig auf die jüngeren und die älteren Altersgruppen auswirken“, kann man da lesen.

Das heißt: Wie ein Bumerang kommt jetzt die massive Abwanderung jüngerer Menschen in den 1990er Jahren und der Einbruch bei den Geburtenzahlen auf den Osten zurück. Nicht nur diese damals jungen Menschen fehlen heute in den fünf östlichen Bundesländern, sondern auch deren Kinder und demnächst auch ihre Enkel.

Was zur Folge hat, dass auch die Erwerbstätigenzahl immer weiter sinken wird. „Die Bevölkerung im Erwerbsalter von 20 bis 66 Jahren wird von 7,4 Millionen im Jahr 2021 überwiegend kontinuierlich schrumpfen. Je nach Variante könnte die Zahl der Menschen im Erwerbsalter bis Ende der 2050er-Jahre voraussichtlich um 14 bis 29 % abnehmen“, schreibt das Bundesamt für Statistik dazu.

Nur mit verstärkter Zuwanderung aus dem Ausland könnte diese Entwicklung gebremst werden.

Ohne Zuwanderung schrumpft auch Deutschland

Und auch wenn es für den Osten besonders heftig aussieht, gilt das eigentlich für die gesamte Bundesrepublik, wie das Landesamt für Statistik zusammenfasst: „Die Berechnungen für Deutschland decken ebenfalls einen breiten Korridor ab. Während niedrige Varianten eine rückläufige Entwicklung der Bevölkerung auf unter 80 Millionen Personen bis 2070 annehmen, kann es je nach Wanderungsannahme auch zu einem Anstieg auf über 90 Millionen kommen.“

Obwohl keine der Varianten ein Bevölkerungswachstum für Sachsen annimmt, verlaufe der Rückgang im Vergleich zu drei der vier übrigen ostdeutschen Flächenländer moderat, so die Landesstatistiker. Nur das Bundesland Brandenburg, das vorrangig von der Anziehungskraft Berlins profitiert, werde entweder keinen Bevölkerungsrückgang oder nur einen jedoch geringeren als Sachsen aufweisen.

Womit eigentlich schon das Problematische an der Vorausberechnung des Bundesamtes für Statistik angetippt ist: Der Blick auf die Bundesländer verstellt den Blick auf die Städte. Denn die ländlichen Regionen überaltern ja auch deshalb, weil die jungen Menschen in die großen Städte abwandern. Dort bilden sich die Wirtschaftsstrukturen der Zukunft heraus. Davon profitieren natürlich auch die Speckgürtel. Und es sind die großen Städte, welche die Hauptlast der Integration zuwandernder Menschen auf sich nehmen.

Was durchaus bedeuten kann, dass Städte wie Leipzig weiter wachsen, während die Bevölkerung im Freistaat Sachsen schrumpft.

„Für die langfristige Entwicklung sind hingegen die allgemeine Altersstruktur und der demografische Wandel von besonderer Relevanz“, betonen die sächsischen Landesstatistiker. Und unterschätzen damit möglicherweise die Zuwanderung, die mit den zunehmenden Krisen im Gefolge des Klimawandels auch nach Sachsen stärker werden wird.

Was eben auch bedeutet, dass Sachsen deutlich bunter wird und dass künftig Großstädte wie Leipzig noch viel stärker die Landespolitik prägen müssen, auch wenn die Landesregierung immer noch alles tut, um die Metropolenpolitik möglichst kleinzuhalten.

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Es gibt 4 Kommentare

Jetzt ist der Jammer groß, in den 90er Jahren waren Kinder ein Armutsrisiko und auch jetzt noch sind Kinder teuer und für viele Menschen “anstrengend” und nervig, machen Arbeit und Verlangen bedingungslose Liebe. Und vielleicht wollen die Kinder auch nicht geboren werden und auch kein Kostenfaktor werden, weil sie sehen wie um einen Kindegartenplatz gekämpft werden muss und welches Bildungssystem auf sie losgelassen wird. Und manche Erwachsene brauchen die Kinder dazu die eigenen unerreichten Ziele durch sie erfüllen zu lassen. Alles in Allem, es ist nicht unbedingt ermunternd dabei sein zu wollen. Und dann sollen Zuwanderer diese Situation entspannen und alles bleibt so wie es ist. Na dann Kinder, auf geht’s.

Schrumpfung der Bevölkerung an sich ist nichts Schlimmes, oder doch? Und das noch mehr in die Großstädte kommen könnten, erscheint als eine trübe Aussicht, besonders, wenn es Leute vom Land sind. Es wäre an der Politik, diese – auch nicht neue Strömung – nicht einfach laufen zu lassen.

….und wenn es soweit ist, wundert sich der Landesfürst. Eine “Wollkommens-Kultur” für Zuwanderer aus dem Ausland , aber auch aus den “alten Bundesländern” wäre mehr als überfällig.

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