Der eine meldet, sie sind schon drin. Der andere meint, das käme erst. So richtig klar wird das Bild der für den Juni gemeldeten Arbeitslosigkeit und die Übernahme der hierher geflüchteten Ukrainer/-innen in den Arbeitsmarkt in Sachsen und Leipzig nicht. „Die Arbeitslosigkeit hat sich im Juni um 11 auf 19.740 Personen erhöht“, meldet die Arbeitsagentur Leipzig. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es 3.817 Arbeitslose weniger.
Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug im Juni 6,0 Prozent; vor einem Jahr hatte sie sich auf 7,3 Prozent belaufen.
„Die Arbeitsmarktentwicklung im Juni entspricht dem üblichen saisonalen Verlauf. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist anhaltend hoch und die Arbeitslosenquote ist unverändert. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Leipzig ist erfreulicherweise erneut angestiegen“, meint Steffen Leonhardi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig, zur jüngsten Entwicklung auf dem lokalen Arbeitsmarkt.
„Der Wechsel der in Leipzig angekommenen, geflüchteten Menschen aus der Ukraine in die Grundsicherung des Jobcenters Leipzig seit dem 1. Juni bildet sich aktuell noch nicht in den statistischen Arbeitsmarktdaten ab, da im Juni die Sicherung der Leistungen zum Lebensunterhalt für alle auf Grundsicherungsleistungen angewiesene Menschen oberste Priorität hatte. Dies wird erst in den folgenden Berichtszeiträumen zum Arbeitsmarkt sichtbar.“
Doch das Gegenteil ist der Fall, meldet die Arbeitsagentur Sachsen.
Im Juni waren sachsenweit rund 116.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind knapp 6.000 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg auf 5,5 Prozent.
„Seit 1. Juni werden die geflüchteten Menschen aus der Ukraine von den Jobcentern betreut. Viele von ihnen möchten auch arbeiten, haben sich folglich arbeitslos gemeldet. Das schlägt sich nun erwartungsgemäß in der Statistik nieder. Somit verzeichnen wir aktuell keinen üblichen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Zwar sinken die Arbeitslosenzahlen in den Arbeitsagenturen trotz der Verunsicherungen durch Krieg, steigende Energiepreise und unterbrochene Lieferketten, doch sie steigen deutlich in den Jobcentern – und damit klettert die Arbeitslosenquote in Sachsen auf 5,5 Prozent“, erklärt Klaus-Peter Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit.
Und die Zahlen der Arbeitsagentur Sachsen deuten darauf hin, dass gerade deshalb auch die Arbeitslosenzahlen in den Großstädten gestiegen sind – eben nicht „saisonal bedingt“.
In den sächsischen Landkreisen und Kreisfreien Städten zeigt sich aus Sicht der Landesagentur auch kein einheitliches Bild. Während die Arbeitslosenquote in manchen Regionen stabil blieb, stieg sie andernorts um bis zu 0,9 Prozentpunkte im Vergleich zum Vormonat.
Den größten prozentualen Zuwachs an Arbeitslosen meldeten Dresden (plus 0,9 Prozent | Quote: 6,2), der Vogtlandkreis (plus 0,6 Prozent | Quote: 5,0), Chemnitz (plus 0,5 Prozent | Quote: 7,1) und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (plus 0,5 Prozent | Quote: 4,8).
Stabil blieben die Arbeitslosenquoten in Bautzen (5,0), Görlitz (7,2), Meißen (4,9), der Stadt Leipzig (6,0) und im Kreis Leipzig (4,8).
Der wachsende Arbeitskräftebedarf in Leipzig
Das sieht zwar wie eine kaum spürbare Veränderung in Leipzig aus. Man darf aber auch nicht vergessen, dass der Arbeitskräftebedarf in Leipzig seit Jahren immer stärker wächst. Die Zahl der Stellenangebote erreichte im Juni sogar ein neues Rekordhoch.
Der Leipziger Arbeitsmarkt ist also sehr aufnahmefähig und kann auch ukrainische Antragsteller viel schneller integrieren als etwa der im Vogtland oder in der Sächsischen Schweiz.
Hat die Zahl der als „frei“ gemeldeten Stellen zum Jahreswechsel endgültig die 10.000er-Marke überschritten, so strebt die Zahl der gemeldeten Stellen inzwischen auf die 11.000 zu.
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Leipzig waren im Juni 10.710 Arbeitsstellen gemeldet, gegenüber Mai ist das ein Plus von 318 Stellen bzw. 3,1 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es sogar 2.225 Stellen mehr (+26,2 Prozent), meldet die Arbeitsagentur Leipzig.
Arbeitgeber meldeten im Juni 1.741 neue Arbeitsstellen, das waren 40 Stellen bzw. 2,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Seit Jahresbeginn sind damit 10.316 Stellen eingegangen, das ist ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 1.555 oder 17,7 Prozent.
Zudem wurden im Juni 1.409 Arbeitsstellen abgemeldet, 17 Stellen bzw. 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Von Januar bis Juni gab es insgesamt 8.973 Stellenabgänge, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Zuwachs von 659 oder 7,9 Prozent.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte
Und wie stark der Leipziger Arbeitsmarkt wächst, zeigt auch die jüngste Zahl zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten: In Leipzig gab es Ende Dezember 2021 (aktuellster Berichtsstand) einen Anstieg auf 284.897 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das waren im Vergleich zum Vorquartal 1.193 Personen bzw. 0,4 Prozent mehr. Im Vergleich zum Dezember 2020 gab es 5.443 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr, ein Zuwachs um 1,9 Prozent.
Nach Branchen gab es absolut betrachtet die stärkste Zunahme bei Immobilien, freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+1.142 oder +3,8 Prozent). Am ungünstigsten war dagegen die Entwicklung im Handel sowie der Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (–388 oder –1,3 Prozent).
Zahlen zur Leipziger Arbeitslosigkeit
Im Juni meldeten sich 2.008 zuvor erwerbstätige Personen arbeitslos, 177 mehr als vor einem Jahr. Durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit konnten in diesem Monat 1.808 Personen ihre Arbeitslosigkeit beenden, 570 weniger als vor einem Jahr.
Nach Personengruppen entwickelte sich die Arbeitslosigkeit recht unterschiedlich, allerdings waren bei allen Rückgänge gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen. Die Spanne der Veränderungen reicht im Juni von –26 % bei 15- bis unter 25-Jährigen bis –12 % bei 50-Jährigen und Älteren.
Die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen ist im zurückliegenden Monat in Leipzig zurückgegangen. Im Juni 2022 waren 6.686 Menschen langzeitarbeitslos, 145 weniger im Vergleich zu Mai bzw. ein Minus von 2,1 Prozent.
Im Vergleich zum Juni 2021 gab es 1.987 Langzeitarbeitslose weniger, ein Rückgang um 22,4 Prozent.
Im Rechtskreis SGB III lag die Arbeitslosigkeit bei 6.265, das sind 94 Personen weniger als im Vormonat und 1.523 weniger als im Vorjahr. Die anteilige SGB III-Arbeitslosenquote lag bei 1,9 Prozent.
Im Rechtskreis SGB II gab es 13.475 Arbeitslose, das ist ein Plus von 105 Personen gegenüber Mai; im Vergleich zum Juni 2021 waren es 2.294 Arbeitslose weniger. Die anteilige SGB II-Arbeitslosenquote betrug 4,1 Prozent.
In Leipzig gab es im Juni 30.277 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 1.449 bzw. 5,0 Prozent mehr als im Vormonat und 2.225 bzw. 26,2 Prozent weniger als im Juni des Vorjahres.
Das Jobcenter Leipzig betreut aktuell 38.345 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat sind dies 2.115 Personen bzw. 5,8 % mehr. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl um 2.795 Personen bzw. 6,8 %.
Im Juni waren 2.694 freie Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur Leipzig gemeldet. Das sind 330 Stellen mehr (+14,0 Prozent) als vor einem Jahr um diese Zeit. Gegenwärtig sind davon noch 1.408 Ausbildungsstellen unbesetzt. Dies sind 461 unbesetzte Stellen bzw. 48,7 Prozent mehr als im Vorjahr.
Dem stehen derzeit 2.295 Bewerberinnen und Bewerber für einen Ausbildungsplatz gegenüber. Dies entspricht einem Rückgang von 201 Personen bzw. -8,1 Prozent im Vergleich zum Juni 2021. Von dieser Personengruppe suchen aktuell noch 922 eine Ausbildungsstelle. Dies entspricht 197 Personen weniger bzw. -17,6 Prozent im Vergleich zum Juni 2021.
Zur Kurzarbeit in Leipzig
Im Mai 2022, aktuellster statistisch ausweisbarer Monat, haben 32 Leipziger Unternehmen Kurzarbeit angezeigt. Diese Anzeigen umfassten 1.215 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das sind 5 Anzeigen weniger und 52 Personen in Anzeigen weniger im Vergleich zum Vormonat.
Besonders betroffen waren dabei die Unternehmen aus den Wirtschaftszweigen vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe (6 Unternehmen), Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften (4 Unternehmen) und dem Hochbau (3 Unternehmen).
Der Höchststand an abgegebenen Anzeigen seit Februar 2009 war mit 5.412 Anzeigen für 70.427 Beschäftigte im Monat April 2020.
Nach der bisherigen Abrechnung der Kurzarbeit durch die Betriebe in der Corona-Pandemie haben 2022 im Februar 1.407, im Januar 1.594, und im Dezember 1.565 Unternehmen Kurzarbeit abgerechnet (aktuellster statistischer Datenstand).
Kurzarbeitergeld wurde durch die Betriebe im Februar für 13.549, im Januar 14.639 und im Dezember für 10.705 Beschäftigte bezogen.
Der Höchststand an Kurzarbeitern seit Februar 2009 war mit 4.759 Betrieben und 50.956 Personen im April 2020.
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