Mit Ausländern hat es ja die AfD in Sachsen. Auch in ihren Stapeln von Landtagsanfragen, in denen sie alle mögliche Zahlen zu Ausländern in Sachsen herausbekommen wollen. Jüngst erst wieder der Landtagsabgeordnete Alexander Wiesner, der lauter Zahlen wissen wollte zum: „Ausländeranteil von Hartz-lV-Empfängern in der Stadt Leipzig im Zeitraum 01.01.2021 bis 30.09.2021“.
Eigentlich alles Zahlen, die öffentlich zugänglich sind. Und entsprechend schickte ihm die Staatsregierung auch nur ein paar Statistiken der Arbeitsagentur. Aber das räumt ja nicht den wieder mal anklingenden Verdacht aus der Welt, Ausländer wären eine Bevölkerungsgruppe, die den ach so fleißig steuerzahlenden Eingeborenen nur auf der Tasche liegt. Oder im Jargon der Rechtsaußenpartei: „in die Sozialsysteme einwandert“.Das ist ja irgendwie der eigentliche Grund, warum so viele Menschen nach Deutschland flüchten. Jedenfalls im simplen Kosmos der AfD.
Aber die Zahlen der Arbeitsagentur Leipzig sprechen eine klare Sprache. Dass Migranten die größeren Schwierigkeiten haben, im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist nicht neu. Oft erlaubt ihr Duldungsstatus gar keine Arbeitsaufnahme. Oft genug werden ihre Ausbildungszeugnisse und Fachabschlüsse nicht anerkannt. Meist müssen sie auch erst einmal Sprachkurse absolvieren.
Aber wie ist das? Wie viele Hartz-IV-Empfänger in Leipzig sind eigentlich Ausländer?
Die Antwort (für den Juni): 30,7 Prozent. Oder in Zahlen: Von den 54.796 Leipziger/-innen, die mit Stand Juni Regelleistungen nach SGB II erhielten, waren 16.802 Ausländer. Was eigentlich logisch ist. Wer noch nicht im jahrelangen Berufsleben in Deutschland tätig war, hat auch noch keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld, landet also ziemlich automatisch erst mal in SGB II.
Von den hier aufgeführten Ausländern kamen übrigens 2.292 aus EU-Staaten und weitere 2.174 aus anderen europäischen Ländern. Wirklich aus dem „Kontext von Fluchtmigration“ kamen 5.199 Personen. Was Wiesner ja besonders wissen wollte. Zu beachten: Das sind nicht alles Erwachsene, sondern eben auch viele Kinder, die dann in den Bedarfsgemeinschaften mitgezählt werden.
Zum Vergleich die Zahl der registrierten Ausländer in Leipzig im Januar 2021: 58.555. Was natürlich heißt: Ausländern fällt es deutlich schwerer, in Leipzig eine Erwerbstätigkeit zu bekommen als Deutschen.
Was auch die Arbeitsmarktstatistik im Oktober wieder sichtbar machte.
Von den 30.209 Arbeitsuchenden, die die Arbeitsagentur Leipzig im Oktober im Rechtskreis SGB II zählte, waren 3.750 Ausländer.
Während die offizielle Arbeitslosenquote in Leipzig bei 6,2 Prozent lag, lag sie bei Ausländern bei 16 Prozent.
Aber auch hier fällt die Quote. Denn natürlich waren viele Ausländer gerade in allerlei Hilfsjobs beschäftigt, die im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahme 2020 als erste gekündigt wurden. Jetzt aber werden sie wieder dringend gebraucht als Fahrer, Logistiker, Hilfskräfte.
Auch im SGB IV fiel seit August die Zahl der arbeitsuchenden Ausländer von 4.303 auf 3.750.
Insgesamt zählte Leipzig im Oktober 4.652 arbeitslose Ausländer. Deren Arbeitslosenquote fiel allein gegenüber dem Vorjahresmonat von 22 auf erwähnte 16 Prozent. Was ja nun einmal bedeutet, dass sich die Chance für Ausländer, an eine Erwerbstätigkeit zu kommen, deutlich erhöht, wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt entspannt und auch an geringer qualifizierten Fachkräften der Bedarf wächst.
Aber das will ja die AfD mit ihren Anfragen in der Regel nicht herauskommen.
Obwohl es natürlich wichtig zu wissen wäre, welche Barrieren Menschen – erst recht jene mit Fluchterfahrung – vorfinden auf dem sächsischen Arbeitsmarkt und was es ihnen schwer macht, eine bezahlte Arbeit zu bekommen.
Die 16 Prozent Arbeitslosigkeit erzählen nun einmal davon, dass es den Ausländern in Leipzig heute so geht wie vielen Leipzigern noch vor 10 Jahren, bevor der Aufschwung in Leipzig wirklich Fuß gefasst hat und die Arbeitslosigkeit in der Gesamtstadt Richtung 6 Prozent sank.
Wenn es keine weiteren wirtschaftlichen Einbrüche gibt, dürfte dieser Prozentsatz noch weiter sinken, auch bei den Ausländern, ohne die die Wirtschaft in Deutschland schon lange nicht mehr funktionieren würde. Wer immer nur mit dem Finger auf die „arbeitslosen Ausländer“ zeigt, will die anderen einfach nicht sehen, die genauso emsig ihrer Arbeit nachgehen wie die hier Geborenen.
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