Eigentlich weiß auch in der Leipziger Arbeitsagentur niemand, wie das Ding funktioniert, das man so leichthin „Arbeitsmarkt“ nennt. Als würden lauter emsige Arbeit-Nehmer immerfort bei Arbeit-Gebern anfragen, ob sie mal gerade wieder billige Arbeit auf Lager haben. Dann nimmt man eben mal wieder einen schönen preiswerten Billigjob. Bis zum nächsten Mal. Worte können so schön trügerisch sein.
Aber tatsächlich sammelt die Arbeitsagentur nur Zahlen zu frei gemeldeten Stellen und zählt die Leute, die bei ihr einen Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt haben. Indirekt registriert man so zwar, ob da draußen neue Stellen geschaffen werden. Aber spätestens wenn es um die sogenannte „Zielerreichung“ im Jobcenter geht, merkt man, dass sich hier eigentlich nur eine Verwaltung selbst beschreibt, die keinen, wirklich keinen Einfluss auf das Entstehen oder Verschwinden von Arbeitsplätzen hat.Was in der jüngsten Vorlage zur „Zielerreichung“ im Jobcenter Leipzig mal wieder sehr deutlich wird, die dem Stadtrat jetzt vorgelegt wurde und in der Ratsversammlung am 21. Juli auf die Tagesordnung kommt:
„Aufgrund der coronabedingten Zunahme der Arbeitslosen und der Kurzarbeitergeldbeziehenden mit ergänzendem Leistungsbezug sowie dem erleichterten Zugang zur Grundsicherung gemäß Sozialschutzpaket kam es zu einer Steigerung der tatsächlichen jährlichen Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Zunahme gegenüber dem mit dem Jobcenter aufgrund der positiven Entwicklung im Jahr 2019 vereinbarten Planwerten in Höhe von 115,3 Mio. EUR betrug + 8,5 Prozent (9,8 Mio. EUR). Insgesamt fielen die Ausgaben für Unterkunft und Heizung in 2020 mit 125.054.000 EUR um rund 4,5 Mio. EUR höher aus als 2019. Die Planwerte im kommunalen Haushalt in Höhe von 134,19 Mio. EUR wurden dabei nicht überschritten.“
Die Lockdowns haben zwar einige Branchen – wie Gastronomie, Hotellerie und Kultur – heftig getroffen. Doch die meisten Unternehmen konnten weiterarbeiten, konnten auch ihre Leute halten und einige haben sogar weiter nach Personal gesucht.
So gesehen hat das Ende des Lockdowns gerade für die Branchen, die auf Publikumsverkehr angewiesen sind, natürlich sofort einen starken positiven Effekt, der im Juni noch stärker sichtbar wurde als im Mai.
„Im Juni ging die Arbeitslosigkeit wiederholt und über das saisonübliche Maß hinaus deutlich zurück. Damit zeigte sich der Leipziger Arbeitsmarkt trotz Pandemieeinfluss weiter im Aufschwung. Der Arbeitskräftebedarf ist erneut angestiegen. Das ist ein starkes Zeichen der weiter anhaltenden positiven Entwicklung“, so die Einschätzung des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig Steffen Leonhardi zur jüngsten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Leipzig.
Insgesamt waren 23.557 (Vormonat 24.719) Männer und Frauen in der Stadt Leipzig als arbeitslos gemeldet. Der Rückgang im Vergleich zum Mai war fast doppelt so groß als der zum April und betrug 1.162 Personen. Im Vergleich zum Juni des Vorjahres war die Zahl der Arbeitslosen sogar um 1.828 oder 7,2 Prozent gesunken.
Denn natürlich hat der Arbeitskräftemangel, unter dem viele Branchen vor Corona litten, nicht einfach ein Ende gefunden. Im Gegenteil: Er wird sich weiter verschärfen. Das spiegelt sich in der Zahl der als unbesetzt gemeldeten Stellen, die selbst mitten im Lockdown nie unter 7.000 sank.
Aktuell geht es bei den Stellenmeldungen steil in die Höhe: Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete die Arbeitsagentur Leipzig im Juni einen Anstieg gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.701 freie Stellen, das waren 108 mehr als im Mai und 437 mehr als im Juni 2020, zur Besetzung gemeldet. Der Bestand an freien Stellen lag im Juni bei 8.485, das waren 240 mehr als im Mai und 719 mehr als vor einem Jahr.
Und besonders großen Bedarf zeigt das produzierende Gewerbe, gleich gefolgt von Transport und Logistik und dahinter schon der ganze Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge („Gesundheit, Soziales, Lehre u. Erziehung“). Wobei der Blick in die Zahlen eben auch zeigt, dass es in Leipzig im vergangenen Jahr doch sehr deutliche Verschiebungen gegeben hat.
So wuchs allein der Bereich Verkehr und Lagerei im Jahr 2020 um 1.668 Stellen. Da darf man durchaus an die massiv wachsenden Logistikunternehmen am Flughafen Leipzig/Halle denken. Auch wenn man sich fragt: Sind das eigentlich zukunftsfähige Arbeitsplätze? Bringt das Leipzig wirtschaftlich auf die Erfolgsspur? Oder die 985 neuen Stellen bei den Immobiliendienstleistungen? Eher trifft das auf die 698 neuen Stellen im Bereich Information und Kommunikation zu und auf die 675 neuen Stellen im Gesundheitswesen.
Während das Verarbeitende Gewerbe in Leipzig im Jahr 2020 sogar 789 Stellen abgebaut hat, im Gastgewerbe gingen sogar 1.164 Stellen verloren. In diesem Fall eine direkte Folge des Corona-Lockdowns.
Zahlen zum Leipziger Arbeitsmarkt im Juni
Zum statistischen Zähltag im Juni betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 7,3 Prozent (Mai 2021: 7,6 Prozent). Im Juni 2020 lag sie noch bei 8,0.
Im Juni waren 7.788 Menschen in der Arbeitsagentur, im Rechtskreis SGB III, arbeitslos gemeldet. Das waren 642 weniger als im Vormonat und 1.978 weniger als im Juni 2020.
Im Jobcenter Leipzig, im Rechtskreis SGB II, waren 15.769 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 520 weniger als im Mai und 150 mehr als vor einem Jahr.
In Leipzig gab es im Juni 33.238 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 205 weniger als im Vormonat und 1.960 weniger als im Juni des Vorjahres.
Das Jobcenter Leipzig betreute 41.610 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat gab es einen Rückgang um 225. Im Vergleich zum Juni des Vorjahres fiel die Zahl um 2.498 Personen.
In den verschiedenen Altersgruppen war die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im letzten Monat ähnlich verlaufen. Bei den jungen Menschen bis 25 Jahren sank die Zahl der Arbeitslosen innerhalb eines Monats um 132 auf 2.136 (Vorjahr: 2.568).
Bei den Lebensälteren in der Altersgruppe ab 50 Jahren ging die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Mai um 260 auf 6.509 Personen an (Vorjahr: 6.640) zurück.
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