Die Entspannung der Corona-Lage macht sich im Mai 2021 auch sofort am Leipziger Arbeitsmarkt bemerkbar. Auch wenn Leipzigs Arbeitsagentur wieder von einem „robusten“ Arbeitsmarkt erzählt. Das Wort stammt aus dem Managerdeutsch, hat aber nichts mit der Arbeitswelt zu tun, in denen Unternehmen qualifiziertes Personal suchen und qualifizierte Fachkräfte ein attraktives Unternehmen zum Anheuern. Mit „robust“ wird das Ganze mal wieder entseelt. Die Täuschung über die Welt der Arbeit mit inbegriffen.

Aber lassen wir den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Leipzig Steffen Leonhardi selbst zu Wort kommen: „Im Mai ging die Arbeitslosigkeit weiter zurück. Damit zeigte sich trotz der fortbestandenen Einschränkungen durch die Pandemie der Leipziger Arbeitsmarkt robust. Der Arbeitskräftebedarf ist weiter angestiegen. Das ist ein deutliches Zeichen der weiter anhaltenden Frühjahrsbelebung.“Aber was meint er damit? Das unsichtbare Wesen eines hinter den Kulissen wirkenden (Arbeits-)Marktes, also quasi seine „unsichtbare Hand“, die irgendwie regelt, ob Menschen in Arbeit kommen oder nicht?

Hier klingt noch immer der Sprachgebrauch des einstigen Bundeswehroffiziers und Managers Frank-Jürgen Weise mit, der von 2004 bis 2017 Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit war und nicht nur die „Hartz IV“-Reform durchmanagte, sondern auch ein Apparat-Denken einführte, in dem die Mitarbeiter/-innen straff wie Bataillone geführt wurden und die Jobcenter-Kommunen sich an Zielerfüllungs-Berichten berauschten, die mit den Schicksalen der arbeitslos Gewordenen nichts mehr zu tun hatten.

Dass das, was da derzeit auf dem Leipziger Arbeitsmarkt passiert, mit dem „robusten Einsatz“ einer Armeeeinheit nichts zu tun hat, machen die Zahlen natürlich nicht sichtbar. Unternehmen melden ihre zu besetzenden Stellen bei der Arbeitsagentur an. Manchmal landen die auch gleich bei den Zeitarbeitsfirmen, die dann versuchen, möglichst viele der Arbeitsuchenden auf diese Jobs zu lenken.

Die Anmeldungen erzählen in gewisser Weise wirklich vom Arbeitsmarkt – nämlich dem aktuellen Bedarf an kurzzeitigen oder langfristigen Arbeitskräften. In der Corona-Zeit gingen diese Anmeldungszahlen zurück, weil ganze Branchen ja monatelang wirklich stillgelegt waren.

Entwicklung der gemeldeten freien Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Entwicklung der gemeldeten freien Stellen in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Aber mit dem Mai sind die Inzidenz-Zahlen der Corona-Erkrankungen wieder so weit gesunken, dass auch Gaststätten und Hotels wieder langsam in Betrieb gehen können. Die Arbeitslosenzahlen sinken also nicht nur, weil mal wieder Frühling ist und die Baustellen wieder alle arbeiten, sondern weil eben auch Branchen wieder in Betrieb gehen, die natürlich für gewöhnlich tausende Arbeitskräfte binden.

Der fehlende Nachwuchs

Und entsprechend stark stiegen nicht erst im Mai die Stellenmeldungen der Unternehmen. Denn natürlich suchen auch diejenigen wieder und weiter, die schon vor Corona immer einen wachsenden Bedarf nach Fachkräften hatten. Denn auch das gehört zum Nicht-Robusten in Sachsen: Zunehmend spürt die Wirtschaft eben, dass die nachwachsenden Ausbildungsjahrgänge den Fachkräftebedarf nicht mehr decken.

Seit 2010 sind sie halbiert und jede Branche kämpft um die jungen Leute, auch wenn im Corona-Jahr die Zahl der Ausbildungsstellen erst einmal in den Keller rauschte. Aber zu den Ausbildungsbetrieben gehörten eben auch all jene, die gar nicht oder nur unter Einschränkungen weiterarbeiten durften.

So gesehen trifft die „Frühjahrsbelebung“ auf den nie wirklich gestillten Arbeitskräftebedarf in Sachsen. Und sie trifft auf eine sehr mürbe Stelle, denn aus dem Hut zaubern wird Sachsen die fehlenden Lehrlinge und Berufsanfänger nicht können. Das Problem ist in der Arbeitsagentur Leipzig durchaus bekannt.

Im Mai waren 2.173 freie Ausbildungsstellen bei der Arbeitsagentur Leipzig gemeldet. Das waren 39 weniger als vor einem Jahr um diese Zeit. Gegenwärtig sind davon noch 1.022 unbesetzt. Dem stehen 2.354, 22 mehr als im Mai 2020, Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz gegenüber, formuliert es die Arbeitsagentur. Von diesen suchen aktuell 1.219 noch nach einer Ausbildungsstelle.

„Der Ausbildungsbeginn 2021 rückt immer näher und jetzt kommt die entscheidende Phase hinsichtlich der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz. Die jungen Leute sollten trotz der Corona-Pandemie nicht mit ihren Bewerbungen zögern“, sagt Leonhardi.

„Viele Unternehmen warten auf den Nachwuchs. Die Herausforderungen wie Fachkräftemangel, demografische Entwicklung und Digitalisierung bleiben bestehen. Wir unterstützen die jungen Menschen bei der Orientierung und Ausbildungsstellenvermittlung und die Unternehmen stärken wir mit dem Bundesprogramm ,Ausbildungsplätze sichern‘ durch unsere Beratung und Förderung.“

Und zur Wahrheit gehört auch, dass in Leipzig sogar im Corona-Jahr 2020 die Zahl der Beschäftigten gewachsen ist. Denn wo einige Branchen ihre Türen schließen mussten, haben andere eifrig ihre Belegschaft weiter ausgebaut – etwa die Logistikbranche im Leipziger Norden.

In Leipzig gab es im September 2020, dem jüngsten statistisch verfügbaren Stand, insgesamt 278.940 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Das waren im Vergleich zum Vorquartal 4.921 oder 1,8 Prozent mehr und im Vergleich zum Vorjahresquartal 1.933 oder 0,7 Prozent mehr.

Die Kurven gehen wieder auseinander: SGB-III-Bezieher kommen schneller in Arbeit als Jobcenter-Klienten. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Die Kurven gehen wieder auseinander: SGB-III-Bezieher kommen schneller in Arbeit als Jobcenter-Klienten. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig

Und in der Frühjahrsstatistik fällt ebenfalls wieder auf, dass der Beschäftigungsaufbau an den Klienten des Jobcenters erst einmal vorbeigeht. Dort steigen die Zahlen der SGB-II-Empfänger sogar, während die Zahl der Arbeitslosen in SGB III deutlich sinkt.

Kurzarbeit geht deutlich zurück

Und jene Unternehmen, die zwar durch Corona eingeschränkt waren, aber trotzdem ihre Leute nicht verlieren wollten, haben auch in Leipzig natürlich auf Kurzarbeit gesetzt. Das betraf immerhin im zweiten Lockdown zeitweise auch wieder über 20.000 Beschäftigte, wie die Arbeitsagentur berichtet.

Im letzten statistisch erfassten Monat April 2021 haben 103 Leipziger Unternehmen Kurzarbeit angezeigt. Diese Anzeigen umfassten 4.214 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Seit August 2020 (45 Unternehmen) stieg die Zahl der Betriebe, die Kurzarbeit anzeigen, an. Seit Februar 2021 sank diese Zahl. Besonders betroffen waren Unternehmen der Bauvorbereitung/Bauinstallation/Ausbau (11), der Herstellung von Kraftwagen und -teilen (11) und des Gesundheitswesens (7).

Nach der bisherigen Abrechnung der Kurzarbeit durch die Betriebe in der Corona-Pandemie haben im Jahr 2020 im März 2.904, im April 4.759, im Mai 4.117, im Juni 3.012, im Juli 2.281, im August 1.970, im September 1.746, im Oktober 1.640, November 2.313, und im Dezember 2.901 Betriebe Kurzarbeit abgerechnet. Im Januar 2021 waren es dann sogar 3.483.

Kurzarbeitergeld wurde durch die Betriebe im Jahr 2020 im März für 30.619, im April für 50.956, im Mai für 42.114, im Juni für 24.132, im Juli für 16.514, im August für 13.081, im September für 11.105, im Oktober für 9.972, im November für 15.083 und im Dezember für 19.077 Beschäftigte bezogen. Im Januar 2021 waren es 23.681 Beschäftigte.

Der Leipziger Arbeitsmarkt im Mai in Zahlen

Insgesamt waren 24.719 (Vormonat 25.353) Männer und Frauen in der Stadt Leipzig arbeitslos. Der Rückgang im Vergleich zum April betrug 634 Personen. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres ist die Zahl der Arbeitslosen um 572 oder 2,3 Prozent gesunken.

Bei den jungen Menschen bis 25 Jahren sank die Zahl der Arbeitslosen innerhalb eines Monats um 13 auf 2.268 (Vorjahr: 2.512).

Bei den Lebensälteren in der Altersgruppe ab 50 Jahren ging die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum April um 215 auf 6.769 Personen (Vorjahr: 6.681) zurück.

Beim Zugang an offenen Arbeitsstellen verzeichnete die Arbeitsagentur Leipzig im Mai einen Anstieg gegenüber dem Vormonat. Die Wirtschaft und die Verwaltung haben in den letzten vier Wochen 1.593 freie Stellen, das waren 235 mehr als im April und 462 mehr als im Mai 2020 zur Besetzung gemeldet. Der Bestand an freien Stellen lag im Mai bei 8.245, das waren 155 mehr als im April.

Zum statistischen Zähltag im Mai betrug die Arbeitslosenquote in der Stadt Leipzig 7,6 Prozent (April: 8,0 Prozent). Im Mai 2020 lag sie noch bei 8,0.

Im Mai waren 8.430 Menschen in der Arbeitsagentur, im Rechtskreis SGB III, arbeitslos gemeldet. Das waren 408 weniger als im Vormonat und 1.249 weniger als im Mai 2020.

Im Jobcenter Leipzig, im Rechtskreis SGB II, waren 16.289 Menschen arbeitslos registriert. Das waren 226 weniger als im April und 677 mehr als vor einem Jahr.

In Leipzig gab es im Mai 33.395 Bedarfsgemeinschaften. Das waren 316 weniger als im Vormonat und 1.613 weniger als im Mai des Vorjahres.

Das Jobcenter Leipzig betreute 41.782 erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Im Vergleich zum Vormonat gab es einen Rückgang um 341. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres fiel die Zahl um 2.076 Personen.

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